Nachhaltig bauen

Wir zeigen, wie nachhaltiges Bauen in der Praxis funktioniert und geben hilfreiche Ratschläge und Tipps. Wichtige Themenschwerpunkte sind nachhaltige Baustoffe und erneuerbare Energien.

Green Solution House 2.0: Dänemarks Bauwerk des Jahres 2022

Green Solution House Aufmacher
Foto: 3XN/GXN/Adam Mørk

Strenge Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele, verbunden mit einem hohen Anspruch an Komfort und Ästhetik – das war die Aufgabe der Planer dieses Hotels auf der Insel Bornholm. Das ist ihnen mehr als gelungen: Das vollständig aus Holz gebaute, klimapositive und nachhaltige Hotel vereint wichtige Elemente der Cradle-to-Cradle-Architektur. Besonders eindrucksvoll: die serielle Fertigung mit minimalem Materialverlust, wie die Beispiele in dieser Reportage zeigen werden.

„Design-centered sustainability“ (auf Deutsch: designzentrierte Nachhaltigkeit) – so bezeichnen die Architekten ihren Ansatz. Soll heißen: Der Zweck der Nachhaltigkeit heiligt nicht alle Mittel. Design und Ästhetik geben hier ebenfalls den Ton an. Vorbildlich.

Das Green Solution House 2.0 wurde mit dem renommierten dänischen Architekturpreis „Årets Byggeri“ ausgezeichnet.

  1. Erfolg in Serie: von Grund auf ökologisch
  2. Holz: Warm, ästhetisch und nachhaltig
  3. Vorfertigung und Modulbauweise für sparsamen Umgang mit Ressourcen
  4. In Kreisläufen denken und planen
  5. Attraktiv durch grüne Lösungen

Christian Mascheck
Fachautor CRADLE

Erfolg in Serie: von Grund auf ökologisch

Manchmal ist das Sequel eben doch besser als das Original. Das Hotel Green Solution House gibt es gleich zweimal – und beide Entwürfe sind mustergültige Entwürfe der Nachhaltigkeit. Mit gutem Grund: Ökologische Ausrichtung und Nachhaltigkeit werden auch in der Hotelbranche immer stärkere Wettbewerbsvorteile.

Selten wurden diese Prinzipien so konsequent umgesetzt wie beim (ersten) Green Solution House in der Stadt Rønne auf der dänischen Insel Bornholm. Als Leiterin Trine Richter in den 2010er-Jahren einen bestehenden Hotelbau übernahm und zum Konferenzzentrum erweiterte, setzte sie bei Renovierung und Neubau von Anfang an auf eine nachhaltige Bauweise mit Materialien aus der Region, begrünten Dachflächen und eigener Stromproduktion. Sie war sozusagen Trendsetter und Gamechanger zugleich.

Den Entwurf lieferte das Kopenhagener Architekturbüro 3XN und sein Partnerunternehmen GXN. 2015 gewann dieses erste Green Solution House den renommierten dänischen Architekturwettbewerb „Årets Byggeri“ (dänisch für: „Gebäude des Jahres“) in der Kategorie Gewerbebau.

Green Solution House 1 und 2
Doppelt preisgekrönt: Rechts das erste Green Solution House, links der Neubau.
Foto: 3XN/GXN/Adam Mørk

Was gut war, kann noch besser werden. Den Erfolg wiederholte das Architektenteam 2022 mit dem Green Solution House 2.0 – und wurde erneut Gewinner des begehrten Architekturpreises.

Für den dreigeschossigen Neubau mit 23 Zimmern und vier Konferenzräumen waren die Ziele noch höhergesteckt: Das Hotel ist klimapositiv, hochgradig vorgefertigt, nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft gebaut und über gesamte Lebensdauer nachhaltig.

Holz: Warm, ästhetisch und nachhaltig

Holzmodule
Ökologischer Neubau: Das Gebäude ist aus kastenförmigen massiven Holzmodulen zusammengesetzt.
Foto: 3XN/GXN/Adam Mørk

Wer hier ankommt, will nicht wieder wegfahren. Warm und natürlich ­– das ist der erste Eindruck vom Green Solution House 2.0 bei der Anreise. Schon die Fassade bringt die hohe Wertschätzung des Architektenteams für den Baustoff Holz zum Ausdruck. Doch hier geht es nicht allein um Optik: Das Haus besteht durch und durch aus Holz, von der Konstruktion über die Dämmung bis zur Außenverkleidung.

Baustoff Holz im GSH
Die warme, natürliche Ausstrahlung des Baustoffs Holz prägt die Fassade.
Foto: 3XN/GXN/Adam Mørk

Alle wichtigen Elemente wie Wände oder Konstruktionsplatten sind aus kreuzverleimten Massivholzschichten, sogenanntem Brettsperrholz (CLT), gefertigt. Das gesamte Gebäude ist aus kastenförmigen Holzmodulen zusammengesetzt, die leicht versetzt angeordnet sind, wodurch die auffällige „gezackte“ Form der Fassade entsteht.

Mit der Wahl von massivem Holz als primärem Baustoff war die Basis für ein klimapositives Gebäude geschaffen: Während ihrer Lebensphase haben die verwendeten Bäume CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen. Im Bauholz bliebt das Kohlendioxid gebunden und wird nicht, wie bei der Verbrennung, wieder freigesetzt.

Vorfertigung und Modulbauweise für sparsamen Umgang mit Ressourcen

Holz ist einer der ältesten Baustoffe der Welt, eignet sich zugleich hervorragend für modernste Verarbeitungstechniken. Sämtliche Module für das Green Solution House 2.0 wurden industriell vorgefertigt und vor Ort zusammengebaut. Computergestützte Herstellungsverfahren liefern ein hohes Maß an Genauigkeit. Ein großer Vorteil: Maßgeschneiderte Lösungen lassen sich wesentlich kostengünstiger umsetzen als mit herkömmlichen Bauweisen.

Baukastenprinzip im GSH
Baukastenprinzip: die Modulbauweise im Modell.
Foto: 3XN/GXN
Terrasse GSH
Fertig aus der Fabrik: Die serielle Produktion ermöglicht hohe Präzision und effiziente Materialausnutzung.
Foto: 3XN/GXN/Adam Mørk

Ein Beispiel: Gitter für eine natürliche Belüftung wurden direkt in die CLT-Platten geschnitten. Der Clou: Die anfallenden Mengen und Größen der Materialreste wurden schon im Voraus genau ermittelt, sodass daraus im Anschluss Möbelstücke nach Maß für die Hotelreinrichtung angefertigt werden, anstatt als als Müll zu enden.

Derartige Synergieeffekte ermöglichen einen besonders effizienten Umgang mit Ressourcen, was nicht nur ein weiteres Plus für die Klima- und Nachhaltigkeitsbilanz von Green Solution 2.0 ist, sondern auch Kosten spart.

Serielles Sanieren mit vorgefertigten Modulen: Das Beispiel "Energiesprong"

Mit digitaler Planung und vorgefertigten Bauelementen sind in kürzester Zeit und bei moderaten Kosten tatsächlich wahre „Energiesprünge“ machbar. Die Niederlande macht's vor: Mit dieser Methode lässt sich bei Altbausanierungen viel Geld und Zeit sparen. In diesem Artikel erklären wir, wie das Konzept des "Energiesprong" funktioniert.

In Kreisläufen denken und planen

Fliesen aus Altglas
Foto: 3XN/GXN/Adam Mørk

Auch im Innenbereich des Hotels dominiert die natürliche Ästhetik des Holzes. Die offenen Oberflächen der CLT-Platten wirken für sich, ohne dass die Wände weiter verkleidet oder gestaltet werden müssten.

Die Fliesen in den Badezimmern sind Upcycling-Produkte aus Glasabfällen lokaler Herkunft. Mehrfachnutzen und Recycling minimieren so Materialaufwand und Abfallaufkommen.

Spa-Fliese aus lokalem Altglas
So schön kann Upcycling sein: Spa-Fliese aus lokalem Altglas.
Foto: 3XN/GXN/Adam Mørk

In der Planung des Gebäudes wurde immer die Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes mitgedacht. So sorgen zum Beispiel die nach der Sonne ausgerichteten Fensterflächen und großzügige Oberlichter für viel Tageslicht in den Innenräumen, was den Bedarf an künstlicher Beleuchtung und damit den Energieverbrauch reduziert.

Zusätzlich machen Solarmodule auf dem Dach und ein eigenes Abwasserrecycling das Hotel unabhängiger von externen Versorgern.

Die innovative Materialnutzung, Upcycling und Wiederverwertung machen das Green Solution House 2.0 auch zu einem Vorbild für zirkuläres Bauen im Sinne der Kreislaufwirtschaft.

 

offenen Holzoberflächen
Einfach ökologisch: Die offenen Holzoberflächen schaffen ein harmonisches Ambiente.
Foto: 3XN/GXN/Adam Mørk

Attraktiv durch grüne Lösungen

Bei allem Fokus auf CO2-Reduktion und Ökologie hatten die Planer von 3XN/GXN immer auch das Wohlbefinden von Gästen und Personal des Hotels im Blick. So sollten die Materialien nicht nur nachhaltig sein, sondern auch gut aussehen und sich gut anfühlen. In der Konstruktion wurden Funktionalität und Nutzen stets mitgedacht.

Raffiniert: Durch die leicht versetzte Anordnung der Module hat jedes Zimmer einen abgeschirmten, vom Nachbarn nicht einsehbaren Balkon mit Blick auf die umgebende Waldlandschaft. Den schönen Ausblick kann man auch gemeinsam mit anderen Gästen von der Dachterrasse aus genießen, wo sich auch ein Wellnessbereich befindet. So sorgen ökologische Materialien, gute Belichtung und natürliche Belüftung auch für ein gesundes und behagliches Raumklima.

versetze Architektur im GSH
Die versetzte Anordnung der Module lockert die Fassade auf und schafft private Räume.
Foto: 3XN/GXN/Adam Mørk

Somit ist das Green Solution House 2.0 auch ein Modell dafür, wie sich strenge Klima- und Nachhaltigkeitsziele mit attraktiver Architektur, ästhetisch anspruchsvoller Ausstattung und gehobenem Komfort vereinbaren lassen.

Möbel im GSH
Räume zum Wohlfühlen: Tisch und Bank links im Bild wurden aus Holzresten aus der Modulkonstruktion gefertigt.
Foto: 3XN/GXN/Adam Mørk
Balkone im GSH
Für sich und nahe der Natur sein: Jedes Zimmer hat einen abgeschirmten Balkon als privaten Außenbereich.
Foto: 3XN/GXN/Adam Mørk

3XN/GXN – Pioniere des nachhaltigen Bauens

Das 1986 gegründete Büro 3XN mit Hauptsitz in Kopenhagen gehört zu den renommiertesten Architekturbüros weltweit. Es hat mittlerweile etwa 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, neben der dänischen Hauptstadt auch in Sidney, New York, London und Stockholm. 2007 wurde die Forschungs- und Entwicklungsabteilung GXN gegründet, die am Einsatz innovativer und ökologischer Materialien und Technologien in den Projekten arbeitet. Schwerpunkte sind zirkuläre Nachhaltigkeit, Verhaltensforschung und digitales Design.