5 Gründe für Holzhybridbau − und 2 dagegen

Sportkomplex Bredius in Muiden
Foto: BASEphotography
Der Zirküläre Sportkomplex Bredius in Muiden von Lichtstad Architekten ist ein Hybrid aus Holz und Stahl mit vielen recycelten Elementen.

Holzhybridbau gilt als der pragmatische Ansatz für zukunftsfähige und nachhaltige Architektur schlechthin. Vereinfacht ausgedrückt, werden hierbei Holzelemente mit anderen Materialien, meist Beton oder Stahl, verbunden. Daraus resultieren Vorteile. Aber auch neue Probleme. Was kann der Holzhybridbau aktuell also wirklich?

In diesem Beitrag:

  1. Pro: Holzhybridbau als CO₂-Senke
  2. Contra: Materialmix mit klimaschädlichem Stahl und Beton
  3. Pro: Mehr Leistungsfähigkeit durch Materialmix
  4. Pro: Effiziente Vorfertigung
  5. Contra: Aufwändige Vorplanung
  6. Pro: Das Argument Baubiologie
  7. Pro: Mehr Wohlbefinden dank dem Baustoff Holz

Chris van Uffelen
Leitung Print-Redaktion CRADLE

Dies ist ein (gekürzter) Beitrag aus der aktuellen Print-Ausgabe No. 7 von CRADLE.

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Pro: Holzhybridbau als CO₂-Senke

Der bedeutendste Vorteil einer Holzhybridbauweise liegt in der Nachhaltigkeit. In einer Zeit, in der die Folgen des menschengemachten Klimawandels deutlich spürbar sind, wird es auch in der Architektur immer wichtiger, nachhaltige Ansätze zu verfolgen. Da Holz mithilfe der Photosynthese in der Lage ist, CO₂ zu binden, kann es den CO₂-Gehalt in der Atmosphäre verringern. Ein Kubikmeter Holz bindet rund eine Tonne CO₂ – jedoch nur, solange das Holz intakt, es als Baum gesund oder als Holz eingelagert ist, es also weder im Wald verrottet noch zum Heizen verbrannt wird.

Aufgrunddessen hat das Verbauen von Holz einen elementaren Vorteil: Verbautes Holz kann im Idealfall für einige Jahrhunderte CO₂ einlagern, und das auch in großen Mengen. Ein durchschnittliches finnisches Einfamilienhaus aus Holz etwa kann bis zu 30 Tonnen an CO₂ binden.

EDGE Suedkreuz in Berlin
EDGE Suedkreuz in Berlin (D): Die beiden siebenstöckigen Bürobauten von Tchoban Voss Achitekten sind das größte freistehende Holzhybridprojekt Deutschlands. 2022 fertiggestellt, gilt es als nachhaltigstes Gebäude des Landes. Die Reduzierung des CO₂-Fußabdrucks und die Verwendung nachhaltiger, nach dem Prinzip Cradle-to-Cradle recyclefähiger Materialen standen bei der Konstruktion der Gebäude im Vordergrund.
Foto: HG Esch

Contra: Materialmix mit klimaschädlichem Stahl und Beton

Holzhybridbau vermindert die Anwendung von Stahl und Beton. Diese beiden Baustoffe machen den Holzbau üblicherweise erst zum Hybriden, aber sie sind es auch, die bei der Herstellung in ihrer herkömmlichen Form viel CO₂ freisetzen, verstärken also den Klimawandel.

Herkömmlicher Beton, als Kunststein von Menschenhand hergestellt, setzt pro Tonne rund 900 Kilogramm CO₂ frei. Der klimabedenkliche Bestandteil ist hier vor allem der Zement. An der CO₂-Bilanz von Beton wird geforscht, und einzelne Entwicklung erscheinen hoffnungsvoll – CO₂-einbindender Beton, Hempcrete oder auch Green Concrete –, aber nachwachsend wird Beton, so wenig wie Stahl, wohl nie werden.

Auch bei Stahl gibt es Licht am Ende des CO₂-Tunnels – grüner Stahl dank Wasserstoff und die nahezu endlose Rezyklierbarkeit –, aber auch da stehen wir noch am Anfang.

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Pro: Mehr Leistungsfähigkeit durch Materialmix

Auch jenseits des Vorteils einer CO₂-Senke bietet die Verbindung von leichtem Holz mit der hohen Druckfestigkeit von Beton und der Zugfestigkeit von Stahl Vorteile. Denn in der Kombination entstehen leistungsfähige hybride Bauteile und Baukörper, die höchste statische Anforderungen erfüllen. Beton und Stahl können gezielt dort eingesetzt werden, wo ihre Stärken gefordert sind. Auch wenn inzwischen reine Holzkonstruktionen enorme Höhen erreichen, wird der Holzhybrid bei Wolkenkratzern immer im Vorteil sein.

Hauptgrund für die Verwendung der Holzhybridbauweise sind jedoch heute die bestehenden Regularien, insbesondere die Brandschutzanforderungen. Dabei hält mancher Holzbalken – aufgrund der Verkohlung – noch, wo Stahl längst schmilzt. Sogar Aufzüge können heute aus Holz bestehen, zumal diese ja im Brandfall ohnehin nicht benutzt werden sollten.

Atrium im Gymnasium Frankfurt Nord
Gymnasium Frankfurt Nord: ARGE raumwerk und Spreen Architekten konzipierten drei versetzte Schulhäuser in modularer Holz-Beton-Hybridbauweise. Die Holzhybridmodule wurden zu 70 Prozent vorgefertigt. Das geringe Gewicht und die hohe Zugfestigkeit von Holz verbinden sich mit der Druckfestigkeit und der Masse von Beton zu einem optimierten Tragelement. Geschaffen wurden helle, freundliche Räume mit hoher Luftqualität.
Foto: Brigida González

Pro: Effiziente Vorfertigung

Dass Holz sich dank seines geringen Gewichts und der guten Transportierbarkeit für Vorfertigung und serielles Bauen eignet, bringt einige elementare Vorteile mit sich. Die industrielle Vorfertigung stellt eine gleichbleibend hohe Qualität der Bauelemente und -teile sicher. Die termingenaue und einbaufertige Anlieferung führt zu einer signifikanten Beschleunigung des Bauprozesses. Mögliche Kostenschwankungen der Holzpreise können durch den beschleunigten Bauprozess sowie geringere Geräte-, Baustellen- und Personalkosten kompensiert werden.

Contra: Aufwändige Vorplanung

Die Vorfertigung führt zugleich zu einem Nachteil des Holzhybridbaus. Holzbau benötigt eine deutlich stärkere Detailtiefe in frühen Planungsstadien, um die Vorfertigung und Materialbeschaffung aufzugleisen. Betonguss und das Versetzen von Backsteinen können im Direktvergleich schon fast „spontan“ geschehen. Dies erfordert dann ebenso eine strikte Abstimmung der Gewerke untereinander, sodass nicht 50 vorgefertigte Holzwände im Weg stehen, während der Betonbau noch nicht fertig ist.

Aber nicht nur die Gewerke auf der Baustelle, schon die Fachplaner müssen sich in Kombination der Hauptmaterialien früh in enger Zusammenarbeit abstimmen, um die Vor- und Nachteile der Materialien gegeneinander abzuwägen und gewinnbringend auszuspielen. Dabei kann bislang nur wenig mit den üblichen Normen, Faustregeln oder auch Leistungsphasen gearbeitet werden. Die notwendige akribische Vorplanung erschwert nachträgliche Änderungen.

Pro: Das Argument Baubiologie

Holz kann auf natürliche Weise maßgeblich zu Energieeffizienz von Bauten und zu gesundem Raumklima beitragen. Holz garantiert eine gute Wärmedämmung, da es Wärme nicht gut leitet. Offenporig fungiert es als natürliche Klimaanlage, es kann Feuchtigkeit aufnehmen und auch wieder abgeben. Bei abgelagertem und trocken verbautem Holz entfällt die Neubaufeuchtigkeit und damit (bis auf Weiteres) das Schimmelpilzrisiko.

Pro: Mehr Wohlbefinden dank dem Baustoff Holz

Holz wirkt mit seiner natürlichen Oberfläche, der Wärme des Materials und seinen optischen Qualitäten wie Maserung, Alterung und Farbigkeit positiv auf den Gemütszustand. Mehrere Studien legen zusätzlich dar, dass Holz auch zur Senkung von Stress beitragen kann. In Räumen mit hölzerner Einrichtung haben Versuchspersonen eine geringe elektronische Hautleitfähigkeit, deren Höhe in der Psychologie als reliabler Indikator für Stress gilt. Bei Schülern wird beim Betreten eines aus Holz gefertigten Klassenraumes eine geringere Herzfrequenz gemessen; Freundlichkeit und Kompetenz werden im hölzernen Interieur tatsächlich weit höher eingeschätzt.

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