Holz statt Gas: Ist das wirklich nachhaltig?
Steigende Energiepreise, Klimakrise, drohende Versorgungsengpässe: Gründe für die Abkehr vom Heizen mit fossilen Brennstoffen gibt es schon länger. Ob Industrie oder private Haushalte, alle wollen so schnell wie möglich weg vom Gas und hin zu erneuerbaren Energien. Aber was soll die bisherigen Energieträger ersetzen?
Holzöfen und -heizungen sind derzeit extrem stark gefragt. Doch wie nachhaltig ist das Heizen mit Holz tatsächlich? Wissenschaftler und Umweltschützer kratzen am guten Ruf des ältesten Brennstoffs der Welt.
Die Bedeutung von Holz als Energieträger
Etwa die Hälfte der gesamten Holznutzung in Deutschland wird für energetische Zwecke genutzt − zum Heizen, aber auch zur Stromerzeugung. Im Jahr 2020 waren es 60 Millionen Kubikmeter.
- Gut ein Viertel (27 Prozent) davon ist Derbholz (mit einem Durchmesser von mehr als 7 Zentimetern) aus dem jährlichen Holzeinschlag.
- Kleinere Anteile bilden Restholz und Rinde aus dem Wald (rund 15 Prozent) und Holz aus Landschaftspflegemaßnahmen (knapp 9 Prozent).
- Die andere Hälfte des Energieholzes stammt aus der sogenannten Kaskadennutzung, das heißt, der Verwendung von Rest- und Nebenprodukten aus der Sägeindustrie sowie von Altholz.
- Restholz aus Sägewerken wird zum großen Teil zu Holzpellets verarbeitet.
Etwas mehr als die Hälfte des Energieholzes wird in Biomasseanlagen (Groß- und Kleinfeuerungsanlagen) verbrannt. Mit den restlichen rund 46 Prozent befeuern private Haushalte Einzelöfen oder Holzzentralheizungen für ihre Wärmeversorgung. Mehr als 20 Millionen Tonnen Scheitholz werden in rund elf Millionen Kaminen und Holzöfen verbrannt, 900 000 Heizungen werden mit rund 3 Millionen Tonnen Holzpellets befeuert.
Gebäudeenergiegesetz fördert nachhaltige Energiequellen wie Holz
Wie schon beschrieben, steigt in der Energiekrise die Nachfrage nach Holzheizgeräten rasant. Dazu kommt, dass nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) ab 2024 alle neu eingebauten Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Das dürfte den Trend zur Holzverfeuerung weiter kräftig anheizen. Auch bei größeren Feuerungsanlagen, die ihren Holzverbrauch seit Anfang der 1990er-Jahre bereits vervierfacht haben, ist ein Anstieg der Holznutzung zu erwarten.
Ob diese Entwicklung gut oder schlecht ist, wird von Wissenschaftlern und Interessengruppen teilweise heftig diskutiert. Befürworter sehen das Heizen mit Holz als einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel. Kritiker halten die Holzfeuerung für umweltschädlich, einige stellen auch die Klimaneutralität von Holz als Energieträger infrage.
Holzöfen sind Luftverschmutzer
Setzt man „umweltfreundlich“ mit „sauber“ gleich, dann steht Holz als Brennstoff in der Tat schlecht da. „Nichts verbrennt dreckiger und klimaschädlicher als Holz“ sagt der Aerosolforscher Achim Dittler, Professor am Karlsruher Institut für Technologie. Dass bei der Verbrennung von Holz mehr Schadstoffe entstehen als bei Gasverbrennung ist unter Experten unbestritten:
- Anders als Öl oder Gas verbrennt Holz unvollständig, wodurch Rußpartikel entweichen.
- An deren Oberfläche können sich toxische, zum Teil krebserregende Substanzen wie polyzyklische Kohlenwasserstoffe (PAK) befinden.
- Auch Metalle und toxische Gase wie Benzol oder Formaldehyd können freigesetzt werden.
- Verbrennt man lackierte Althölzer oder Spanplatten, können auch Dioxine oder Blausäure dabei sein.
Das größte Problem der Holzverbrennung jedoch ist der Feinstaub, bestehend aus ganz kleinen Rußpartikeln mit weniger als 2,5 Mikrometer Durchmesser. Sie dringen bis tief in die Lunge ein, richten dort und im gesamten Herz-Kreislauf-System großen Schaden an.
Von einem „lautlosen Killer“ spricht der Chemiker Thomas Berkemeier vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz. Er schätzt, dass etwa 124 000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr auf das Konto von Luftverschmutzung durch Feinstaub gehen.
Laut Umweltbundesamt stoßen Holzöfen und -heizungen mehr Feinstaub aus als die rund 60 Millionen Pkws und Lastwagen in Deutschland zusammengenommen. Kritiker und Befürworter der Holzheizungen sind sich einig, dass alte Öfen, falsche Bedienung und ungeeignetes Brennmaterial dabei den größten Schaden anrichten. Das Problem könnte sich im Winter verschärfen, wenn Hausbesitzer beispielsweise ihre Kamine oder Öfen mit veralteter Technik wieder in Betrieb nehmen oder Abfälle verbrennen, um Heizkosten zu sparen.
Verbände von Holzwirtschaft, Ofenherstellern oder auch die dem Bundeslandwirtschaftsministerium unterstehende Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) weisen aber auf Fortschritte in der Ofentechnik wie Feinstaubfilter und die elektronische Abbrandsteuerung hin, die die Holzverfeuerung inzwischen wesentlich sauberer machen. Aber auch hier gibt es Kritik daran, dass etwa Kaminöfen nur auf Prüfständen auf die Einhaltung von Grenzwerten geprüft werden, und nicht, wie Heizungen, unter realen Bedingungen vom Schornsteinfeger.
Holz statt Gas = klimaneutral?
Holz statt Gas soll nicht nur gegen eine drohende Gasmangellage helfen, sondern auch eine Option für ein klimaneutrales Heizsystem darstellen. Als nachwachsender Rohstoff zählt Holz zu den erneuerbaren Energieträgern.
Wie bei fossilen Brennstoffen, wird allerdings auch bei der Verbrennung von Holz Kohlendioxid freigesetzt, und zwar nicht wenig. Wolfgang Lucht, Wissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung schätzt, dass pro gewonnene Energieeinheit die Holzverbrennung sogar etwa dreimal so viel CO2 produziert wie die Gasverbrennung. Dass die Holzheizung dennoch als klimaneutral bezeichnet werden kann, liegt daran, dass der Baum, von dem das Holz stammt, zuvor während seiner Lebenszeit CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen hat – rechnerisch genau so viel wie es bei der Verbrennung entsteht.
Für viele Wissenschaftler, Umweltverbände und auch das Umweltbundesamt (UBA) stimmt diese positive Klimabilanz allerdings nur in der Theorie, nicht aber in der Praxis. So weist das UBA daraufhin, dass die Holzfeuerung neben CO2 noch weitere klimaschädliche Gase produziert wie Methan oder Lachgas. Auch müssten die CO2-Emissionen berücksichtigt werden, die bei Holzernte, Transport und Bearbeitung entstehen.
Entscheidender noch ist in den Augen der Kritiker aber der Zeitfaktor: Verbrennt man einen Baum, dann wird die entsprechende CO2-Menge auf einen Schlag ausgestoßen. Bis ein neuer Baum zu entsprechender Größe nachgewachsen ist, dauert es viele Jahre. Klimaforscher Lucht drückt es so aus: „Es dauert Jahrzehnte, bis dieses System wirklich ins CO2-Plus kommt. Bis dahin haben wir mehr CO2 in der Atmosphäre, als wenn wir das Holz nicht verbrannt hätten. Und dieses Mehr an CO2 bewirkt den Klimawandel mit all seinen Folgen.“
Umweltbundesamt ist gegen Holz als Wärmequelle
Laut Umweltbundesamt werden in deutschen Wäldern 1,26 Milliarden Tonnen CO2 in ober- oder unterirdischer Biomasse gespeichert, die zuvor der Atmosphäre durch Fotosynthese entzogen worden sind. Verringert sich der Wald- oder Baumbestand, nimmt auch die Speicherkapazität ab. Soll der Wald als Kohlenstoffreservoir erhalten bleiben, muss weniger CO2 entnommen werden, als gebunden wird. Deshalb lautet die Schlussfolgerung des UBA: „Von der energetischen Holznutzung ist aus Klimaschutzgründen abzuraten.“
Einspruch von der Holzwirtschaft
Hier kommt Einspruch von der Forst- und Holzwirtschaft, die auf das in Deutschland geltende Nachhaltigkeitsprinzip verweisen. Es besagt, dass nie mehr Holz aus dem Wald entnommen werden darf, als nachwächst. Hierbei komme es nicht auf den Einzelbaum an, der in der Tat Jahrzehnte braucht, um nachzuwachsen, sondern auf den gesamten Bestand.
„Ich habe keine Angst um den Wald“, sagt Martin Bentele, Diplom-Forstwirt und Geschäftsführer des Deutschen Energieholz- und Pellet-Verbands DEPV, „die Bundeswaldinventur meldet jedes Jahr ein Zuwachsplus von mehr als 117 Millionen Kubikmetern. Deutschland hat EU-weit mit Abstand die größten Holzvorräte.“
So funktioniert eine Kreislaufwirtschaft mit Holz
Bei der Kaskadenstrategie wird der Rohstoff Holz erstaunlich effizient verwertet. In der Forstwirtschaft ist sie bereits Standard. Die Strategie hat nicht nur viele ökonomische Vorteile, sondern kommt auch unserem Wald zugute. Wir zeigen, wie die Strategie der Kaskadennutzung von Holz funktioniert »
Allerdings zeigen Satellitendaten des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) vom Februar 2022, dass die Baumverluste in Deutschland, bedingt durch Trockenheit, Gewitterstürme und Schädlinge, erheblich größer sein könnten, als bisher angenommen. Ein weiterhin ungebremster Trend zum Holzfeuer könnte so tatsächlich die Bestände in Bedrängnis bringen.
So wird Heizen mit Holz nachhaltiger
Nicht alle Kritiker gehen allerdings so weit, ein komplettes Aus der Holzfeuerung zu fordern. Zumal die Alternativen zu fossilen Brennstoffen und die Wege aus der Abhängigkeit vom Gas nicht unendlich sind. Es dürfte vielmehr drauf ankommen, die Alternative Holz statt Gas möglichst effizient und nachhaltig umzusetzen.
Für Dr. Werner Neumann, Sprecher des Arbeitskreises Energie beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) zählt vor allem die Energieeffizienz von Gebäuden. „Holz soll als Dämm- oder Baustoff verwendet werden“, so Neumann, „und nur in energiesparenden Häusern zum Heizen.“
Ist diese Grundvoraussetzung geschaffen, so gibt es noch Maßnahmen, um möglichst nachhaltig mit Holz statt Gas zu heizen:
1. Moderne Technik: Emissionen lassen sich bei der Holzverbrennung nicht vermeiden, aber wesentlich reduzieren. Moderne Kaminöfen haben elektronische Steuerungssysteme und Filter für den Feinstaub. Alte Öfen und offene Kamine sollten kalt bleiben.
2. Effizientes Heizsystem: Pellethackschnitzel- oder Scheitholzheizungen versorgen das ganze Haus mit Wärme und werden automatisch beschickt, sodass Bedienfehler nahezu ausgeschlossen werden. Besonders effizient sind Geräte mit der von Gasheizungen bekannten Brennwerttechnik, die auch die Abwärme der Verbrennung nutzen. Eine weitere Option für private Nutzer sind kleine, mit Pellets betriebene Blockheizkraftwerke, die Strom und Wärme zugleich liefern.
3. Das richtige Brennmaterial: Am besten fällt die Klimabilanz von Brennholz aus, wenn es direkt aus der Region stammt. Dann ist der Transportaufwand gering und innerhalb Deutschlands kann man von nachhaltiger Waldbewirtschaftung ausgehen. Stückholz darf nicht frisch verbrannt werden, sondern soll an einem gut belüfteten, trocknen Ort gestapelt ein bis zwei Jahre lang trocknen, bis der Wasseranteil auf 15 bis 20 Prozent gesunken ist. Pellets haben einen höheren Heizwert als Stückholz. Verwendet werden sollten nur Produkte, die ENplus-zertifiziert sind. Sie müssen bestimmten Qualitätsanforderungen entsprechen, zudem lässt sich ihre Herkunft und Bereitstellungskette nachverfolgen.
4. Kombi-Heizung: Warum nur auf eine Energiequelle setzen? Holzheizung oder -ofen lassen sich auch mit anderen erneuerbaren Energien wie Umwelt- oder Solarwärme kombinieren. So kann etwa der Heizkessel bis in den Herbst hinein pausieren, wenn die Sonne noch ausreicht, um über eine Solarthermieanlage Warmwasser bereitzustellen und die Räume zu erwärmen.
Fazit: Holz statt Gas ist nicht uneingeschränkt nachhaltig
- Holz statt Gas ist nur unter bestimmten Voraussetzungen eine wirklich nachhaltige Heizungsalternative: Denn die Holzverbrennung verursacht einen erheblichen Schadstoffausstoß. Und Klimaneutral ist Energieholz nur, wenn es aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt.
- Mit effizienten Heizsystemen, moderner Ofentechnik sowie richtiger Wahl und Behandlung des Brennmaterials lässt sich die Nachhaltigkeit der Holzheizung verbessern.
Wie gefällt Ihnen dieser Beitrag?
Jetzt unseren Newsletter abonnieren – und eine Gratisausgabe des CRADLE-Magazins erhalten!
Newsletter abonnieren