Recyclinghaus – ein preisgekröntes Wohnprojekt

Nachhaltiges Forschungsprojekt
Foto: FVHF/Olaf Mahlstedt

In Hannover zeigt ein Recyclinghaus, wie innovatives Bauen mit wiederverwerteten Materialien möglich ist. Das experimentelle Wohnhaus wurde dafür beim Deutschen Fassadenpreis 2020 für VHF mit einem Sonderpreis ausgezeichnet.

  1. Recyclinghaus als Forschungsprojekt
  2. Materialien für das Recyclinghaus
  3. Zweites Leben für die Fassade
  4. Wettbewerb und Planung
  5. Projektdaten

Ein Gastbeitrag von EQUITONE Germany und FVHF.

Recyclinghaus als Forschungsprojekt

Auf dem ehemaligen Expo 2000 Areal im Stadtteil Kronsberg in Hannover bot ein nicht bebautes Grundstück Raum für ein innovatives Pilot- und Forschungsprojekt zum Thema nachhaltiges Bauen. Die experimentierfreudige Gundlach GmbH & Co. KG, ein Bauunternehmen mit hohem Innovationsanspruch, wünschte als Bauherrin ein „100-prozentiges Recyclinghaus“. Mit ihrem innovativen Entwurf für ein experimentelles Wohnhaus gewannen Cityförster Architekten, eine Partnerschaft junger Architekten, Ingenieure und Stadtplaner aus Hannover, 2015 einen eingeladenen Wettbewerb.

Nach der gründlichen Definition der anzuwendenden Recyclingstrategien, planten sie dieses als recyclingfähiges, vollständig dekomponierbares Wohnhaus, das zu großen Teilen aus gebrauchten Bauteilen und recycelten Baustoffen besteht. So wurden die Fassaden zu 90 Prozent mit wiederverwendeten Fassaden- und Bauelementen bekleidet, wobei die Architekten vier verschiedene Bekleidungswerkstoffe wählten, die lokal aus Abbruch- und Umbauvorhaben der Bauherrin gewonnen werden konnten.

Nachhaltiges Forschungsprojekt
Dem Wunsch der Bauherrin nach einem „100-prozentigen Recyclinghaus“ mit hohem Innovationsanspruch kommt der Entwurf von Cityförster Architekten sehr nah. 2019 konnte das recyclingfähige, vollständig dekomponierbare Wohnhaus von den Mietern bezogen werden. Die Fassade bekleiden u. a. EQUITONE Fassadentafeln, die nicht brennbar sind und eine Lebensdauer von über 50 Jahren besitzen.

Materialien für das Recyclinghaus

Die noch völlig intakten EQUITONE Faserzementtafeln, Wellblechplatten und Fensterelemente stammen aus dem Jahr 2007 und wurden einem Sanierungsvorhaben der Bauherrin entnommen. Umformatiert und tiefschwarz beschichtet geben die Fassadentafeln zusammen mit den Elementen aus Profilbauglas ein charakteristisches Bild. Die Industrie-Gussglasscheiben stammen vom Abbruch eines alten Produktionsgebäudes, die Hölzer an der Fassade hatten ein Vorleben als Saunabänke eines bekannten Hannoveraner Fitnessclubs.

Für den Rohbau wählte Cityförster eine einstoffliche, leimfreie Massivholz-Konstruktion. Die Außenwände wurden in Vollholzgefachen mit einem Klemmflilz aus recycelten Kakaobohnensäcken gedämmt und mit einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade (VHF) bekleidet. Die VHF ist aufgrund ihrer einfachen Dekomponierbarkeit in ihre einzelnen Bestandteile recyclinggerecht im Sinne des kreislaufgerechten Bauens. Bei diesem Wohnhaus handelt es sich um ein angewandtes Forschungsprojekt, dessen Strategien zur Energie- und Ressourceneinsparung eine wirtschaftliche Relevanz erlangen werden, sobald CO2-Emissionen und Ressourcenverbrauch auch in der Gebäudeherstellung einen Preis bekommen.

Zweites Leben für die Fassade

Dem Wert „grauer Energie“ und der Ressourcenschonung unserer Umwelt verpflichtet, erhalten recycelte Saunabänke, alte Industrie-Gussglasscheiben und EQUITONE Faserzementtafeln – früher als Eternit Tafeln bekannt – ein zweites Leben als Fassade eines innovativen Pilot- und Forschungsprojektes auf dem ehemaligen Expo Areal in Hannover/Kronsberg. Für die Gundlach Bau und Immobilien GmbH entwarfen Cityförster Architekten ein „Recyclinghaus“, das als Prototyp die Möglichkeiten und Potenziale verschiedenster Arten von Recycling testet und jüngst mit einem Sonderpreis für Nachhaltigkeit beim Deutschen Fassadenpreis 2020 für vorgehängte hinterlüftete Fassaden ausgezeichnet wurde.

Die Jury zeigte sich beeindruckt von dem vorbildlichen Konzept, wonach die Fassade zu 90 Prozent mit wiederverwendeten Bauelementen bekleidet wurde, die lokal aus Abbruch- und Umbauvorhaben der Bauherrin gewonnen wurden. Anders als Verbundfassaden kann die VHF ihre Vorteile als dekomponierbares und wiederverwendbares System hier voll ausspielen.

Die noch völlig intakten, ursprünglich grünen Faserzementtafeln stammen aus dem Jahr 2007. Sie prägen, nun tiefschwarz beschichtet, zusammen mit den Elementen aus Profilbauglas das charakteristische Bild der neuen Fassade. Die großformatigen Fassadentafeln sind sichtbar auf einer Holz-Unterkonstruktion befestigt. Nicht brennbar und mit einer Lebensdauer von über 50 Jahren, konnten die Tafeln bedenkenlos wiederverwendet werden.

Der kompakte dreigeschossige Baukörper mit Dachterrasse bietet auf 145 Quadratmeter viel Platz zum Wohnen. Auch im Innenausbau stammt mehr als die Hälfte der verwendeten Baumaterialien aus recycelten Beständen. Gedämmt wurde die Massivholz-Konstruktion zum Beispiel mit recycelten Kakaobohnensäcken.

Wettbewerb und Planung

Wettbewerbsentwurf und Konzept entsprachen bereits weitgehend dem realisierten Projekt. Allerdings zog sich die Planungsphase über zweieinhalb Jahre hin, da die Materialsuche, Eignungsprüfung und Einplanung der gebrauchten Bauteile zeitaufwändig waren. Als günstig hat sich erwiesen, dass der gleiche Fassadenbauer für den Abbau und Aufbau gewonnen werden konnte, der bereits 2007 die VHF am anderen Standort realisiert hatte. So waren Bauteilinformationen und Werkpläne des Altbaus noch vorhanden und konnten in die neue Planung einfließen.

Aufgrund der Planung mit gebrauchten Fenstern verlief diese anders als üblich. Die fixen Fenstermaße mussten frühzeitig als Grundlage für die Rohbauplanung dienen. Die Bekleidung der VHF aus EQUITONE Faserzementtafeln konnte gemäß der neuen Fassadengestaltung zugeschnitten werden. Die schwarzen Tafeln wurden auf einer Unterkonstruktion aus Holz sichtbar befestigt. Für die Bekleidung mit Profilgläsern entwickelten die Architekten eigens eine tragende Unterkonstruktion aus Holz und feuerverzinktem Stahl.

Sonderpreis der Jury

„Das Experimentalhaus von Cityförster in Hannover ist eine kleine Revolution: Der Prototyp beweist, wie sich mit leicht verfügbaren Recyclingmaterialien vorbildlich ressourcenschonend bauen lässt. Beachtliche 90 Prozent der Fassaden bestehen hierbei aus gebrauchten Bauteilen, die noch dazu ausschließlich lokal bei Abbrüchen und Umbauten gewonnen wurden. Der Denkanstoß aus Hannover befeuert die Diskussion über graue Energie und Ressourcenverbrauch und zeigt ganz nebenbei, wie Auswege aus einem aktuell umweltschädlichen Bauen gestalterisch höchst anspruchsvoll gelingen können.“

Dies nahm die Jury zum Anlass, das Projekt beim Deutschen Fassadenpreis 2020 für VHF mit einem Sonderpreis zu honorieren.

Projektdaten

Projekt
Recyclinghaus Hannover

Architekten
CITYFÖRSTER Partnerschaft mbB Architekten, Ingenieure + Stadtplaner, Hannover

Bauherr
Gundlach GmbH & Co. KG Bauunternehmen, Hannover

Fertigstellung 2019

Ausführung
Adolf Schwonberg GmbH & Co.KG, Hannover

Produkt
Fassadentafel EQUITONE [natura]

Fotos
Olaf Mahlstedt, Hannover