Wärmedämmverbundsysteme – Probleme und Lösungen
Wärmedämmverbundsysteme werden oft für die Bekleidung von Bestandsfassaden verwendet, da sie direkt verputzt sind. Zudem kommen meist Systeme mit biozider Ausrüstung zum Einsatz. Umweltbewusste Bauherren sollten daher Alternativen wählen.
In diesem Artikel:
- Wärmedämmverbundsysteme als Lösung?
- Probleme bei der Dämmung
- WDVS als Sanierungsfall
- Gibt es denn Alternativen?
- Bauen als kultureller Beitrag
- Ökologische WDVS-Dämmstoffe
Ein Beitrag unserer Redaktion.
Nach der Energiekrise 1973 verschärfte die Politik Schritt für Schritt die gesetzlichen Anforderungen an die Gebäudedämmung. Inzwischen muss bei einem Neubau die Energieeinsparverordnung (EnEV) 2016 beachtet werden. Diese besagt, dass Gebäudehüllen sehr gut gedämmt sein müssen – die Werte müssen ungefähr einem Achtel des Energieverbrauchs eines ungedämmten Altbaus entsprechen. Außerdem müssen die Gebäude weitgehend luftdicht errichtet werden.
Wärmedämmverbundsysteme als Lösung?
Es liegt auf der Hand, dass auch die gestiegenen Dämmvorschriften das Bauen immer teurer machen. Normalerweise sind Bauherren daher bemüht, die Kosten eines Hausbaus oder einer Sanierung zu optimieren. Da kommen einfache Fassadendämmungen, die direkt verputzt werden können, gerade recht.
Für sogenannten Wärmedämmverbundsysteme werden dicke Dämmplatten direkt auf die Fassade geklebt oder gedübelt und anschließend mit einer mehrlagigen, relativ dünnen Kunstharzspachtelung verputzt. Am häufigsten werden hierfür Polystyrol- oder Mineralwollplatten verwendet, da diese zum günstigen Materialpreis erhältlich sind. Die Spachtelung ist meist 3-6 mm dünn und zur Rissvermeidung außerdem mit Kunststoffen vergütet
Probleme bei der Dämmung
Der konstruktive Aufbau der Wärmedämmverbundsysteme birgt allerdings verschiedene Tücken. Durch Niederschlag und Betauung bleibt Feuchtigkeit beispielsweise lange auf der synthetischen, dünnen und harten Fassadenschale liegen. Dadurch kommt es häufig zu einer starken Algenbildung, was von Bauherren als deutlicher optischer Mangel gerügt wird.
Inzwischen schreiben Systemhersteller den Zusatz von Bioziden in Fassadenanstrichen vor. Daraufhin schlägt jedoch die Wasserwirtschaft Alarm, da sich die giftigen Zusätze aus den Anstrichen herauslösen und so in den Gewässerkreislauf gelangen. Folglich gelangen die Gifte auch in das Grundwasser, das häufig als Trinkwasser genutzt wird.
Gleichzeitig muss festgestellt werden, dass Polystyrol-Dämmschichten bei Brandfällen nicht nur die Luft mit hochgiftigen Dioxinen und Furanen verschmutzen, sondern auch Gebäudenutzer wie Rettungskräfte gefährden.
Auch im täglichen Gebrauch mehren sich negative Erfahrungen mit den Dämmsystemen, da die dünne Deckschicht sehr leicht beschädigt werden kann. Beispielsweise stanzen achtlos abgestellte Fahrradlenker schnell Löcher in die Dämmungen oder ein Hagelschlag führt zu Putzabplatzungen. Es stellt sich daher die Frage, wie nachhaltig ein direkt verputztes WDVS tatsächlich ist.
Wärmedämmverbundsysteme als Sanierungsfall
Wer sich auf die Suche nach belastbaren Angaben zur Lebenserwartung der Wärmedämmverbundsysteme macht, wird wegen der oben genannten Gründe sehr unterschiedliche Auskünfte bekommen. Tatsache ist jedoch, dass zahlreiche Hausbesitzer bereits nach wenigen Jahren schon wieder Gerüste wegen kleineren Schäden aufstellen müssen. Die Dämmfassade muss dann entweder ausgebessert oder sogar komplett neu gestrichen werden.
Darüber hinaus klingt auch der Lebenszyklus von Polystyrol-Dämmungen in der Theorie besser als in der Praxis. Viele Hersteller geben beispielsweise an, dass Polystyrol-Dämmungen weitgehend recycelbar seien. Praktisch macht sich allerdings keiner die Mühe, die Kleber und Putze bei einer Entsorgung zu entfernen. Die meisten Dämmplatten landen daher fast vollständig in der Müllverbrennung. Doch auch dort sorgen diese dann für giftige Verbrennungsrückstände.
Könnte es somit sein, dass die WDVS, die heute noch als weit verbreiteter „Stand der Technik“ gelten, bereits in naher Zukunft zum massenhaften Sanierungsfall werden? Denn bereits heute müssen andere Schadstoffe der Vergangenheit wie Asbest- und Holzschutzmittelprodukte mühselig saniert werden.
Gibt es Alternativen?
Dem umweltbewussten Bauherrn stellt sich daher immer öfter die Frage, ob es auch umweltverträglichere Dämmungen für seinen Neu- oder Altbau gibt. Eine Alternative sollte schließlich nicht nur zum Zeitpunkt des Kaufes ‘billig’, sondern auch langfristig unterhaltsarm und nachhaltig sind. Wer sich tatsächlich eine verputzte Fassade wünscht, sollte deswegen darauf achten, dass er ein verputztes Dämmsystem wählt, welches ohne synthetische Zuschläge auskommt.
Hierfür braucht man zunächst eine deutlich festere und stabilere Dämmplatte, zum Beispiel aus Holzfasern, Kork oder Mineralschaum. Auf dieser kann man 10-15 mm dick mit rein mineralischem Fassadenputz verputzen und anschließend mit einer mineralischen Farbe ohne biozide Zusätze streichen.
Bauen als kultureller Beitrag
Verputzte Dämmsysteme bieten in der Regel kaum gestalterische Möglichkeiten, sodass gerade bei Bestandsgebäuden die Fassade nach einer Dämmmaßnahme ihren ursprünglichen Charme verliert. Darunter könnten beispielsweise Fenstereinfassungen, Klappläden, die Schattenwirkung der Fenstereinschnitte und weitere Aspekte leiden.
Man sollte auch bedenken, dass nicht nur denkmalgeschützte Gebäude erhaltenswert sind. Schließlich sind auch weniger auffällige oder besondere Häuser sind Teil unseres kulturellen Umfeldes. Kultur findet schließlich nicht nur im Theater statt! Es wäre ein besonderes Armutszeugnis, wenn als bauliches Erbe unserer Zeit ausschließlich gesichtslose Dämmfassaden zurückblieben.
Insofern empfiehlt es sich, über gestalterisch und konstruktiv hochwertige Fassadenausbildungen nachzudenken. Das kann beispielsweise mit Klinker oder hinterlüfteten Holzschalungen umgesetzt werden. Des Weiteren bieten diese Fassaden bei deutlich besserer Widerstandsfähigkeit gegen Wind und Wetter auch gleichwertige Dämmwerte. Zudem könnten sie dann ‘in Würde altern’.
Eine Innendämmung könnte ebenfalls eine passende Alternative sein. Sonst werden wir nicht mehr lange warten müssen, bis der nächste „Schock“ die Politik erschüttert: Nämlich dann, wenn die Entsorgungsprobleme der vorhandenen WDVS überhand nehmen und wir erkennen müssen, dass es kaum noch sehenswerte Altstädte gibt. Und das nur, weil wir im allgemeinen Dämmwahn unsere Altbauten unkenntlich gemacht haben.
Ökologische WDVS-Dämmstoffe
Dämmstoff | Vorteile | Sonstige Anwendung |
Holzfaser |
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Kork |
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Mineralschaumplatten |
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Dämmstoffe | Vorteile | Anwendung |
Zellulose |
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Flachs und Hanf |
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Stroh |
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Text: Christian Kaiser
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