Aerogel: Superdämmstoff aus biologischem Material
Um die Energieeffizienz von Gebäuden zu steigern, werden immer leistungsfähigere Dämmstoffe entwickelt. Besonders Aerogel ist ein sogenannter "Super-Dämmstoff", der auf kleinem Volumen eine extrem hohe Wärmedämmung erreicht.
Ein Startup aus Osnabrück entwickelte mit Förderung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) jetzt einen biobasierten Aerogel-Hochleistungsdämmstoff. Der Clou: Dieser besteht aus dem Pflanzenrohstoff Lignin, das unter anderem bei der Herstellung von Papier als Nebenprodukt anfällt.
In diesem Artikel:
- Was sind Aerogele?
- Biobasierter Aerogel-Dämmstoff aus Nebenprodukt der Papierherstellung
- Anwendungsbereiche des neuen Dämmstoffs
- Klimaziele erreichen: Warum gute Dämmung so wichtig ist
Ein Gastbeitrag der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).
Was sind Aerogele?
Aerogele sind sogenannte Super-Dämmstoffe, die „extrem leicht sind und fast vollständig aus mikroskopisch kleinen Poren bestehen“, sagt Dr. Michael Schwake, DBU-Experte für Umwelttechnik. Dadurch würden sie Wärme nur sehr schlecht transportieren. Die Folge: „Eine Aerogel-Dämmung verhindert viel stärker als herkömmliches Material einen Wärmeverlust – Energieverbrauch und Kosten sinken erheblich“, sagt Schwake. Aerogele können aus verschiedenen Stoffen hergestellt werden.
Das Problem: „Bisher basieren sie fast ausschließlich auf fossilen oder energieintensiv gewonnenen Rohstoffen, zum Beispiel silikatischen Mineralen“, erklärt Schwake. Zudem waren Aerogele aufgrund der aufwendigen Herstellung stets teuer.
Biobasierter Aerogel-Dämmstoff aus Nebenprodukt der Papierherstellung
Die Gründer des Osnabrücker Startups aerogel-it haben eine ursprünglich vom Chemiekonzern BASF entwickelte Technologie weitergeführt. Das Innovative dabei: „Uns ist es erstmalig gelungen, einen Hochleistungsdämmstoff herzustellen, der vollständig biologischen Ursprungs ist“, sagt Dr. Marc Fricke, Geschäftsführer und Mitgründer von aerogel-it.
Als Basis dient Lignin, „ein Pflanzenrohstoff und neben Zellulose der wichtigste Bestandteil von Holz, der unter anderem für die Stabilität von Bäumen sorgt“, so Fricke. Lignin fällt zum Beispiel als Nebenprodukt bei der Papierherstellung an und wird laut Fricke bislang kaum sinnvoll verwertet. Mit dem Lignin-Dämmstoff will das junge Unternehmen also nicht nur Energieverbrauch und CO2-Emissionen reduzieren, sondern gleichzeitig (fossile) Ressourcen einsparen.
Darüber hinaus könne der biobasierte Dämmstoff nach der Nutzung wiederverwertet oder gar wiederverwendet werden. Die Kosten und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Materials hat das Team Fricke zufolge dabei stets im Blick – zusammen mit der Kooperationspartnerin Prof. Dr. Irina Smirnova von der Technischen Universität Hamburg-Harburg sowie weiteren Partnern entwickelt das junge Unternehmen eine neue Generation kosteneffizienter und intelligenter Aerogel-Produktionstechnologie.
Anwendungsbereiche des neuen Dämmstoffs
Laut Herrn Dr. Fricke, Geschäftsführer bei aerogel-it, laufen aktuell Anwendungstests des neuen Dämmstoffs bei Partnerfirmen. Nicht nur in Gebäuden, sondern auch in Kühlgeräten und Funktionskleidung kann der Bio-Superdämmstoff aus Osnabrück nach Frickes Worten künftig eingesetzt werden. Je nach Anwendung könne das Startup dafür Pulver, Granulat oder Platten herstellen.
Großer Vorteil der Aerogel-Dämmung ist im Gegensatz zur herkömmlichen Isolierung, dass sie dünner und leichter ist. „Das schafft neben der Energieeinsparung zugleich mehr Platz in Gebäuden, die auf dem Immobilienmarkt somit zusätzlich an Attraktivität gewinnen“, sagt Fricke.
Biologisch dämmen: zum Beispiel mit Seegras
Seegras ist ein wichtiger Bestandteil des maritimen Ökosystems. Doch es kann noch mehr: Abgestorbenes Seegras formt sich durch die Wellen zu Bällen und wird an die Strände gespült. Diese Bälle eignen sich hervorragend für die ökologische Wärmedämmung und können vielseitig verwendet werden.
In unserem Artikel erfahren Sie mehr über Dämmen mit Seegras »
Klimaziele erreichen: Warum gute Dämmung so wichtig ist
Die von der Bundesregierung festgelegten Klimaziele für den Gebäudesektor hat Deutschland im vergangenen Jahr laut aktueller Analyse der Denkfabrik „Agora Energiewende“ verfehlt: Trotz Einsparungen aufgrund des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands wurde demnach zu viel klimaschädliches Kohlenstoffdioxid (CO2) ausgestoßen. Ein entscheidender Grund: Viele Innenräume in Deutschland werden nach wie vor mit fossilen Brennstoffen wie Öl oder Gas geheizt.
„Um Energieverbrauch und Emissionen dauerhaft zu senken und gleichzeitig die Abhängigkeit von Gasimporten zu reduzieren, brauchen wir dringend energieeffizientere Gebäude“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde.
In unsanierten Häusern gehen nämlich nach Erkenntnissen der DBU-Initiative „Zukunft Zuhause – Nachhaltig sanieren“ bis zu 20 Prozent der erzeugten Wärme über das Dach verloren. Über ungedämmte Außenwände sind es sogar bis zu 25 Prozent. Mit einem biobasierten und hocheffizienten Aerogel-Dämmstoff will ein Startup aus Osnabrück zur Dekarbonisierung und Energieeffizienz unter anderem im Gebäudebereich beitragen.
Über das Green Startup Förderprogramm
Im Green Startup Programm der DBU werden Unternehmensgründungen gefördert, die auf innovative und wirtschaftlich tragfähige Weise Lösungen für Umwelt, Ökologie und Nachhaltigkeit entwickeln. Mehr Informationen finden Sie unter https://www.dbu.de/startup.
Die DBU unterstützt das Vorhaben fachlich sowie finanziell mit 125.000 Euro. Mit der DBU-Förderung möchte das fünfköpfige Team die Forschung voranbringen und Prototypen testen. „Wir wollen uns als weltweit erstes Bio-Aerogel-Unternehmen am Markt etablieren und so schnell wie möglich unsere Kundinnen und Kunden bedienen“, sagt Fricke. Im nächsten Jahr soll zudem eine eigene Produktionsanlage in Wallenhorst im Landkreis Osnabrück in Betrieb gehen.
Bilder: aerogel-it
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