Raumakustik verbessern − mit nachhaltigen Absorbern

Moosleuchten
Foto: Sattler-Re
Nicht nur eine Wohltat für das Auge: Diese Moosleuchten sorgen für eine Schallreduktion im Raum.

Gute Akustik in unseren Räumen, vom Büro bis zum privaten Wohnzimmer, ist weit mehr als nur Sprachverständlichkeit. Erst mit passenden Akustikabsorbern verbessert sich die Raumakustik nachhaltig − und sorgt zugleich dafür, dass wir uns in einem Raum wohler fühlen. Absorber sind Materialien, Produkte oder Systeme, die Schallenergie absorbieren und so die Nachhallzeit in einem Raum reduzieren.

Wir stellen fünf neue nachhaltige Materialien vor, die die Raumakustik auf natürliche Weise verbessern.

  1. Was sind die Gründe für schlechte Raumakustik?
  2. 5 Beispiele für nachhaltige Schallabsorber

Hannes Bäuerle
Ein Gastbeitrag der Materialdatenbank raumprobe.

Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe No. 4 von CRADLE.

Neben dem Beitrag zur Raumakustik finden Sie in unserer Print-Ausgabe über 100 Seiten zu innovativen Vorreiterprojekten zukunftsfähiger Architektur.

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Was sind die Gründe für schlechte Raumakustik?

Ursache schlechter Raumakustik sind oftmals die glatten Oberflächen der eingesetzten Materialien wie Glas, harter Bodenbelag und glatte Decken sowie Wandflächen. Diese schallharten Oberflächen reflektieren den Schall ungehindert und sorgen für unangenehme akustische Effekte: Es beginnt zu hallen.

Hoher Raum mit großen Fenstern, darin sitzen zwei Frauen, die sich unterhalten
Schallharte Oberflächen, wie Wände oder Fenster, reflektieren den Schall und sorgen für unangenehmen Hall. Mit Akustikabsorbern kann man die Sprachverständlichkeit verbessern - und fühlt sich wohler im Raum.
Foto: Christina@wocintechchat.com/Unsplash

Zudem spielt bei der Schallausbreitung auch der Grundriss eine Rolle. Vor allem in großen und rechteckigen Räumen ohne Trennwände können sich Schallwellen ausbreiten und von schallharten Oberflächen ungehindert zurückgeworfen werden: Sie wandern anschließend zwischen den gegenüberstehenden Flächen teils mehrfach hin und her. Diese Schallreflexion ist unangenehm und unerwünscht, da sie die Sprachverständlichkeit verschlechtert.

Schallschutz am besten schon während der Bauphase mit einplanen

Häufig stellen die Bewohner erst nach dem Bezug eines Gebäudes fest, dass sie aufgrund schlechter Akustik gestresster sind und schneller ermüden. Gewünscht werden dann akustisch wirksame Materialien, aber "ohne Löcher“. Es soll möglichst „unsichtbar“ nachgerüstet werden.

Nachträglich Schallschutz nachzurüsten ist jedoch meist aufwendiger als eine Umsetzung akustischer Maßnahmen im Bauverlauf. Um dies verständlich zu machen, ist eine frühzeitige „Hörprobe“ hilfreich. So kann man in der Materialausstellung von raumprobe verschiedene Möglichkeiten austesten: von Rasterdecken über modern gelochte Decken, fugenlose Absorber mit nahezu unsichtbarer Mikroperforierung bis hin zu flexiblen Akustikvorhängen.

5 Beispiele für nachhaltige Schallabsorber

Die ideale Akustiklösung schützt nicht nur gegen Schall und sieht gut aus, sondern ist auch möglichst natürlich, nachwachsend, kreislauffähig und einfach zu installieren. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe passender Produkte. Namhafte Branchengrößen entwickeln ihre akustischen Systeme weiter, junge Unternehmen bereichern den Markt mit innovativen, teils erstaunlich pragmatischen Ansätzen.

Die Bandbreite reicht von natürlichen Holzwerkstoffen über nachwachsende Textilien oder Pilzmyzelien bis hin zu recycelten Kunststoffen, die in Akustikabsorbern eine neue Funktion erhalten. Mit dem vermeintlichen Mehraufwand auf der Materialseite gehen weitere Vorteile für die „gesunden“ Akustiklösungen einher: Sie sind langlebig, einfach zu installieren und tragen häufig aktiv zu einem besseren Raumklima bei. Hört sich doch gut an!

Beispiel 1: Hanffasern verbessern die Akustik nachhaltig

Ein Vorreiter bei fugenlosen Akustikmodulen ist das Schweizer Unternehmen Baswa. Ihre Akustiklösungen bestehen zu 94 Prozent aus recyceltem und natürlichem Material. Ihr Ziel ist, in Zukunft noch mehr pflanzliche und nachwachsende Rohstoffe für die Akustiklösungen einzusetzen.

Akustikplatte aus Hanf und Marmorsand
Akustikplatten aus Hanf und Marmorsand: Durch das Upcycling entstehen elegante mikroporöse Akustikoberflächen.
Foto: raumprobe

Hanf, ein Multitalent unter den nachhaltigen Baustoffen, spielt quantitativ die Hauptrolle bei der Akustikplatte von Baswa Natural. Zur Herstellung mikroporöser Oberflächen wird zudem Marmorsand verwendet – ein Abfallprodukt in der Marmorproduktion. Die natürliche Ressourcennutzung verleiht den Produkten eine einzigartige Ästhetik.

Beispiel 2: Schall und Giftstoffe mit Wolle absorbieren

Das österreichische Unternehmen Whisperwool (Tante Lotte Design) hat eine innovative und nachhaltige Akustiklösung aus vorwiegend regionaler Tiroler Schafwolle entwickelt.

Akustikplatten aus Schafwolle
Whisperwool: Die Schafwolle wird mit einer patentierten Technologie zu steifen, aber formbaren Akustikplatten verarbeitet.
Foto: raumprobe

Wie kann Wolle laute Räume beruhigen?

Durch die feinen Härchen der Schafwolle! Sie werden durch Schall in Bewegung versetzt, und durch die Umwandlung von Bewegungsenergie in Wärmeenergie wird der Schall absorbiert und damit die Raumakustik verbessert.

Weiterer Vorteil: Schafwolle als Absorber reinigt sich selbst und die Umgebung gleich mit. Es filtert Schadstoffe aus der Luft, nimmt Luftfeuchtigkeit auf und verbessert die Raumakustik.

Da dem Unternehmen zukunftsfähige Rohstoffe mit positiver Umweltauswirkung wichtig sind, wird Schafwolle als ein nachwachsendes Abfallprodukt der Landwirtschaft mit hoher Lebensdauer und guter Wiederverwertbarkeit für Whisperwool genutzt. Die Vorteile gehen auf die Akustikplatten und -paneele über, weshalb ihrer Wiederverwendung nichts im Wege steht. Sollte trotzdem Abfall entstehen, nimmt die Firma sie zurück und verarbeitet sie erneut.

Mit den natürlichen Akustiklösungen zieht ein kleines Ökosystem in die Innenräume ein. Ziel der Forschung von Whisperwool ist eine Akustikplatte, die als Dünger in den Boden eingegraben werden kann.

Beispiel 3: Schallabsorber aus PET-Flaschen

Beim Schweizer Unternehmen Echojazz wird Nachhaltigkeit mit gutem, schlichtem Design vereint. Der langlebige Hightechfilz wird zu 100 Prozent aus PET gefertigt und ist in bis zu 21 Farben verfügbar. Laut eigener Aussage sieht Echojazz „den vollen Kreislauf als einzige Möglichkeit, um unsere Umwelt zu retten“. Recyceltes PET als Rohmaterial, wiederverwertbare Produkte, Zero Waste und zertifizierte Nachhaltigkeit sind die Unternehmensleitlinien für einen geschlossenen Materialkreislauf.

Verschiedene Farben des Schallabsorbers
Das Echoboard: Schallabsorber aus 74 PET-Flaschen/m²
Foto: raumprobe

Das Ausgangsmaterial für optimale Raumakustik ist bei ECHOJAZZ das EchoBoard. Daraus werden Akustikdecken, -leuchten, -wände und -raumtrenner produziert. Die Platten, 24 oder 12 Millimeter dick, sind vielseitig bearbeitbar, um individuelle Kundenwünsche zu erfüllen. Die offene und komprimierte Filzstruktur ist 40 Prozent dünner als vergleichbare Hochleistungsabsorber. Weil die Faser kein Wasser aufsaugt, trocknet das EchoBoard sehr gut. Es ist somit schimmelfrei und emittiert keine gefährlichen Fasern oder Farbpartikel.

Beispiel 4: Nachhaltiges Raumklima mit Holz und Zement

Akustikplatten Futurecem
Bereits 2021 hat Troldtekt Akustikplatten auf Basis des neuen Zementtyps FUTURECEM entwickelt. Die Platten haben einen deutlich reduzierten CO2-Fußabdruck, was auf den von Aalborg Portland entwickelten Zement zurückzuführen ist.
Foto: raumprobe

Die Akustikplatten von Troldtekts aus dem Naturmaterial Holz sowie aus Zement aus dänischen Rohstoffquellen haben eine charakteristische Anmutung und verfügen über gute schallabsorbierende Eigenschaften. Die Cradle-to-Cradle-Zertifizierung, die Verwendung von zertifiziertem Holz und die Auswahl von Produkten mit reduzierter CO2-Bilanz machen sie zu einer naheliegenden Wahl beim nachhaltigen Bauen.

Futurecem, ein neuer Zementtyp, ermöglicht die CO2-Reduktion, wobei die Vorteile von Zement bei 30 Prozent besserer Klimabilanz erhalten bleiben. „Wir von Aalborg Portland sind überzeugt, dass dieser Zementtyp die Zukunft darstellt, und danach haben wir ihn benannt“, erläutert Vorstand Michael Lundgaard Thomsen.

Durch die Kombination von Kalkfüllstoff und gebranntem Ton als Ersatz für 35 Prozent des Zementklinkers ergab sich ein Synergieeffekt: „Dadurch können wir hohe Festigkeiten erreichen“, erklärt Thomsen. „Die weltweiten Vorkommen von Kalkstein und Ton sind riesig, sodass wir mit Futurecem eine Technologie gleicher Stärke haben, für die Grundstoffe auf viele Jahre verfügbar sein werden.“

Beispiel 5: Kreisrunde Erleuchtung mit Kreislaufstrategie

Moosleuchten
Nicht nur eine Wohltat für das Auge: Diese Moosleuchten sorgen für eine Schallreduktion im Raum.
Foto: Sattler-Re

Licht und Schallabsorptionstechnologie werden bei Sattler-Re auf elegante Weise verbunden, wodurch neuartige Lösungen im Innenausbau möglich sind. Neben innovativen Beleuchtungslösungen hat das schwäbische Unternehmen auch die Circular Economy im Blick.

„Wir wollen ein Downcycling unserer Leuchten vermeiden – im Idealfall ausschließen. Deshalb setzen wir bereits heute alles daran, unsere Produkte so
herzustellen, dass Reuse, Refurbish oder Remanufacture ‚normal‘ werden. Aus diesem Grund haben wir die Untermarke Sattler-Re ins Leben gerufen. Mit ihr schließen wir den Kreislauf, in dem wir zurückgenommene Produkte wieder aufbereiten und wieder in den Verkehr bringen“, lautet die klare Botschaft. Eine Rücknahmegarantie für die verkauften Leuchten ist die Basis für diesen Prozess.

Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe No. 4 von CRADLE.

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Top Themen dieser Ausgabe

  • Innovative Kreislaufwirtschaft
  • Lehm, Baustoff der Zukunft
  • Urbaner Holzhybridbau
  • Biologisch abbaubare Architektur

 

  • Modernes Recycling
  • Bauen mit Mondholz
  • Stadtbegrünung
  • Schwammstadt

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Über raumprobe | materialbank

raumprobe | materialbank ist seit 2005 führende Online-Materialdatenbank. In der Materialausstellung in Stuttgart lassen sich ausgesuchte Materialien auch fühlen und begutachten. So bildet sie die Schnittstelle zwischen Herstellern und Planern. Seit 2013 lobt raumprobe jährlich den Materialpreis aus. 2023 fusionierte die Materialgalerie mit der amerikanischen Material Bank und kann somit Interessierten zahllose Materialproben sehr kurzfristig zur Verfügung stellen.

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