Was ist der Unterschied zwischen ökologischen und nachhaltigen Bauen?
Ökologisches und nachhaltiges Bauen sind wichtige Konzepte, um die Umweltbelastung zu verringern und die Klimaziele zu erreichen. Doch worin besteht der Unterschied zwischen ökologischem und nachhaltigem Bauen? Und wie kann es die Lebensqualität der Bewohner verbessern?
In diesem Artikel:
Ist nachhaltig gleich ökologisch? Eine Definition
Nachhaltiges und ökologisches Bauen werden als Begriffe oft synonym verwendet, bezeichnen aber nicht dasselbe. Beide Ansätze zielen auf Umweltschutz, Klimaneutralität, den schonenden Umgang mit Ressourcen, Energieeffizienz und die Verbesserung der Wohngesundheit ab.
Ökologisches Bauen kann als ein Teilaspekt des nachhaltigen Bauens betrachtet werden. Hier liegt der Fokus deutlich stärker auf der Verwendung umweltfreundlicher Materialien, der Reduktion des Energieverbrauchs und von Schadstoffen.
Nachhaltiges Bauen geht einen Schritt weiter. Es betrachtet das Gebäude im gesamten Lebenszkylus und integriert zusätzlich ökonomische und soziokulturelle Aspekte. Neben ökologischen Aspekten gehört dazu beispielsweise auch, den Flächenverbrauch beim Bauen zu reduzieren, die Gesundheit und Lebensqualität der Bewohner zu verbessern sowie die Wirtschaftlichkeit der Immobilie.
Grüne Gebäude für Mensch und Umwelt
Der Bausektor ist einer der größten Umweltsünder und für 40 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes sowie für 60 Prozent des globalen Müllaufkommens verantwortlich. Dem aktuellen Emissionsbericht des Umweltbundesamtes (UBA) zufolge lag der CO2-Ausstoß von Gebäuden in Deutschland 2023 bei rund 102 Millionen Tonnen – und damit um etwa 1,2 Millionen Tonnen über dem Zielwert, der im Klimaschutzgesetz verankert ist. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen von Gebäuden hierzulande auf rund 66 Millionen Tonnen reduziert werden. Bis 2045 soll der Gebäudebestand schließlich klimaneutral sein.
Die Grundprinzipien des nachhaltigen Bauens
Wie bereits gesagt, werden beim nachhaltigen Bauen mehrere Dimensionen gleichberechtigt berücksichtigt:
- die ökologische Dimension
- die ökonomische Dimension
- die soziokulturelle Dimension
Jede dieser Dimensionen spielt eine wesentliche Rolle, ein Gleichgewicht zwischen Umweltfreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit und dem Wohlbefinden der Menschen zu schaffen.
1. Ökologische Dimension
Gemeint ist die Minimierung der negativen Auswirkungen auf das Ökosystem während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. Der Lebenszyklus umfasst in der Regel fünf Phasen:
- Planung
- Bau und Inbetriebnahme
- Nutzung
- Sanierung
- Rückbau
Das heißt, in jeder Lebensphase ist es das Ziel, Nachhaltigkeit zu gewährleisten – von der Rohstoffgewinnung über die Herstellung bis hin zum Transport. Ein Beispiel dafür ist Verwendung von nachhaltigem Bauholz. Hier erklären wir, wie Sie nachhaltiges Holz erkennen »
Dazu zählt etwa der Einsatz nachhaltiger und erneuerbarer Materialien, der schonende Energie- und Wasserverbrauch, die Nutzung energieeffizienter Systeme und erneuerbarer Energien und die Reduzierung bzw. das Recycling von Bau- und Abbruchabfällen.
2. Ökonomische Dimension
Ziel ist es, die finanziellen Aspekte des Bauens und Betreibens von Gebäuden zu optimieren, um langfristige wirtschaftliche Vorteile zu gewinnen. Dazu gehört die Reduzierung sämtlicher Lebenszykluskosten, einschließlich Bau-, Betriebs-, Instandhaltungs- und Entsorgungskosten.
Die Kostenoptimierung gelingt unter anderem durch die Investition in langlebige und qualitativ hochwertige Materialien und Systeme, die die Betriebskosten senken. Auch die Nutzung von staatlichen Förderprogrammen und Anreizen für nachhaltige Bauweisen und Energieeffizienzmaßnahmen finden Berücksichtigung. Entscheidend ist insbesondere die Wertstabilität: Nachhaltige Gebäude haben oft einen höheren Marktwert und können langfristig höhere Mieteinnahmen und Verkaufspreise erzielen.
3. Soziokulturelle Dimension
Sie soll sicherstellen, dass Bauprojekte die Lebensqualität der Bewohner verbessern und soziale Gerechtigkeit fördern.
Für die Wohngesundheit ist die Verwendung schadstofffreier Materialien entscheidend, eine gute Innenraumluftqualität, ausreichend natürliches Licht und eine angenehme Akustik durch eine gute Lärmdämmung. Auch Barrierefreiheit und die Nutzerfreundlichkeit von Gebäuden, angepasst an die sich ändernden Bedürfnisse und Anforderungen der Bewohner, spielen mit hinein.
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Die Grundprinzipien des ökologischen Bauens
Anders als das nachhaltige Bauen konzentriert sich ökologisches Bauen hauptsächlich auf den Umweltschutz. Hier stehen die Nutzung umweltfreundlicher Materialien und Technologien sowie der Erhalt der natürlichen Ressourcen im Vordergrund.
Wichtige Prinzipien des ökologischen Bauens sind:
- Natürliche und umweltfreundliche Baumaterialien
- Verzicht auf Schadstoffe
- Energieeffizienz
- Ressourcenschonung
1. Natürliche und umweltfreundliche Baumaterialien
Durch die Auswahl geeigneter Baustoffe und Bauprodukte kann die Umweltbelastung eines Gebäudes deutlich reduziert werden.
- Holz, Kork, Lehm und Stroh sind nachwachsende und lokal verfügbare Materialien.
- Holz benötigt in der Herstellung deutlich weniger Energie als Beton oder Stahl und kann sowohl in Leichtbauweisen als auch im Massivbau verwendet werden.
- Kork und Linoleum sind natürliche Bodenbeläge, die langlebig, recyclebar und frei von Schadstoffen sind.
- Hanf, Schafwolle und Stroh bieten sehr gute Wärmedämmeigenschaften und sind biologisch abbaubar.
2. Verzicht auf Schadstoffe
Durch die Verwendung natürlicher, schadstofffreier Materialien und Techniken wird nicht nur die Gesundheit der Bewohner geschützt, sondern auch die Umwelt geschont. Dazu gehört beispielsweise die Vermeidung von herkömmlichen Farben, Lacken und Klebstoffen, die häufig flüchtig organische Verbindungen, kurz VOCs (Volatile Organic Compounds), enthalten. Sie verdampfen bei Raumtemperatur und können gesundheitliche Probleme wie Atemwegsreizungen, Kopfschmerzen und allergische Reaktionen verursachen.
3. Energieeffizienz
Um den Energieverbrauch eines Gebäudes während seines gesamten Lebenszyklus zu minimieren, kommen verschiedene Maßnahmen zum Einsatz, wie zum Beispiel:
- Photovoltaiksysteme auf Dächern und Solarkollektoren für die Warmwasserbereitung.
- Hochwertige Isoliermaterialien reduzieren den Energiebedarf für Heizung und Kühlung.
- Der Einsatz von energieeffizienten Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen, wie zum Beispiel einer reversiblen Wärmepumpe, sowie LED-Beleuchtung kann den Energieverbrauch weiter senken, wobei Smart-Home-Technologien eine optimierte Steuerung und Überwachung ermöglichen.
4. Ressourcenschonung
Neben der Verwendung nachwachsender Rohstoffe können
- durch die Wiederverwendung und das Recycling von Baumaterialien Abfälle reduziert und Ressourcen geschont werden.
- modulares Bauen und die Verwendung vorgefertigter Bauteile zur Abfallminimierung beitragen.
- Regenwasser- und Grauwassernutzungssysteme den Frischwasserverbrauch reduzieren. Diese Systeme sammeln und filtern Wasser, das für Toilettenspülungen, Gartenbewässerung oder Reinigung verwendet werden kann. Tipps dazu geben wir in diesem Artikel: Grauwasser-Aufbereitung: Lohnt sich die Nutzung zu Hause? »
Nicht zuletzt zielt das ökologische Bauen als ein Teilaspekt des nachhaltigen Bauens auch auf die Förderung der Wohngesundheit im Gebäude ab. Dass natürliche Materialien unserer Gesundheit gut tun, wurde sogar schon wissenschaftlich nachgewiesen. Hier erklären wir, wie natürliche Materialien die Wohngesundheit verbessern » und wie sich das sogenannte Green Living zu Hause umsetzen lässt »
Mit großen Fensterflächen und Lichtleitsystemen kann das Tageslicht optimal genutzt werden und so nicht nur das Raumklima verbessern, sondern auch den Energieverbrauch für die Beleuchtung reduzieren. Auch ein effizientes Lüftungssystem, das für ausreichende Frischluftzufuhr sorgt und Schadstoffe sowie Feuchtigkeit abführt, ist essenziell. Die natürliche Belüftung durch Fenster und Ventilationssysteme mit Wärmerückgewinnung sind ebenso entscheidend für eine gute Luftqualität.
Nachhaltigkeitszertifikate schaffen klare Standards
Für das nachhaltige und ökologische Bauen spielen Zertifikate eine Schlüsselrolle. Sie stellen umfassende Informationen über die Umweltauswirkungen von Gebäuden und Produkten bereit und bieten eine verlässliche Grundlage für die Bewertung und Förderung nachhaltiger Bauvorhaben.
Die wichtigsten Nachhaltigkeitszertifikate sind:
- das DGNB-Zertifikat
- das QNG-Siegel
- die EPDs
1. DGNB-Zertifikat
Die Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB-Zertifikat) bewertet Gebäude auf Basis eines umfassenden Kriterienkatalogs, der ökologische, ökonomische und soziokulturelle Aspekte umfasst. Es ist eines der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Zertifikate in Deutschland und bietet unterschiedliche Zertifizierungsstufen (Bronze, Silber, Gold, Platin). Es findet sowohl für Neubauten als auch für Bestandsgebäude, Wohn- und Nichtwohngebäude Anwendung. Zudem berücksichtigt es bereits in der Planungsphase wichtige Nachhaltigkeitskriterien und kann als Vorzertifikat erlangt werden, das während des Bauprozesses als Leitfaden dient.
2. QNG-Siegel
Das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) ist ein staatliches Zertifizierungssystem, das 2021 in Deutschland eingeführt wurde. Es bewertet Gebäude anhand von Anforderungen in den Bereichen Klimaschutz, Ressourcenschonung, Gesundheit und Komfort. Zugleich fördert es die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen, die Reduktion von Flächenverbrauch und die Einhaltung von Menschenrechten in der Lieferkette. Das Siegel ist besonders relevant im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Es wird für verschiedene Gebäudetypen vergeben, darunter Wohngebäude, Bürogebäude und Bildungsbauten.
3. EPD's
Die EPDs (Environmental Product Declarations), die in Deutschland vom Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU) und dem Institut für Fenstertechnik in Rosenheim herausgegeben werden, sind standardisierte Dokumente, die detaillierte Informationen über die Umweltauswirkungen eines Produkts über seinen gesamten Lebenszyklus bereitstellen. Sie basieren auf internationalen Normen, insbesondere der ISO 14025, und dienen als wichtige Informationsquelle im nachhaltigen Bauwesen. Ihre umfassende Ökobilanz deckt Aspekte wie Energie- und Wasserverbrauch, Emissionen und Abfallentsorgung ab. Sie helfen Architekten, Bauherren und Planern, fundierte Entscheidungen hinsichtlich der Nachhaltigkeit von Baumaterialien zu treffen. EPDs ermöglichen den Vergleich der ökologischen Leistung verschiedener Produkte und tragen zur Transparenz bei.
Autor Christian Schaar ist Geschäftsführer der S2 GmbH. Seine baubiologischen Kenntnisse erlangte er durch den täglichen Umgang mit Problemen der Baubiologie. Als Geschäftsführer eines Planungsbüros mit Schwerpunkt auf ökologischem Holzbau wird er bei Neubauprojekten und Sanierungen regelmäßig mit baubiologischen Fragestellungen konfrontiert und als Experte auf diesem Gebiet konsultiert.
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