Mikroabenteuer: Kleine Fluchten direkt vor der Haustür

Aufmacher Mikroabenteuer
Foto: Adobe Stock

Man muss nicht zum Amazonas oder in den Himalaja reisen, um Abenteuer zu erleben. Einfach mal losgehen, ohne festen Plan die Umgebung erkunden, einem Bachlauf oder einer Bahnstrecke folgen, eine Nacht im Freien schlafen, Tiere im Gebüsch beobachten, den Sternenhimmel bestaunen: Mikroabenteuer wie diese können so spannend sein wie eine Fernreise – und kosten fast nichts. Hier erfahren sie, was Mikroabenteuer sind und wie Sie sie selbst erleben können.

In diesem Artikel:

  1. Was sind Mikroabenteuer?
  2. Raus aus dem Alltag: Beispiele und Ideen für Mikroabenteuer
  3. Mikroabenteuer mit Kindern erleben
  4. Fazit: Mikroabenteuer selbst erleben

Christian Mascheck
Fachautor CRADLE

Was sind Mikroabenteuer?

Den Begriff Mikroabenteuer (englisch „microadventure“) hat der britische Abenteurer und Autor Alastair Humphreys geprägt. Nachdem er mit dem Fahrrad die Welt umrundet und Indien durchwandert hatte, wollte er beweisen, dass man auch vor der eigenen Haustür, ohne viel Geld, Erfahrung oder Ausrüstung abenteuerliche Erfahrungen machen kann.

Mit seinem 2014 erschienenem Buch „Microadventure“ verbreitete sich die Idee schnell. In wurde sie vor allem durch die Bücher von Christo Förster populär, der ähnlich sportliche Abenteuererfahrung hat wie Humphreys.

Camping Mikroabenteuer
Immer ein Abenteuer wert: Übernachten im Freien in schöner Landschaft.
Foto: Naturpark Neckartal-Odenwald e. V.

Lokal, kostengünstig, simpel, kurz – so lautet sinngemäß Alistair Humphreys Definition von Mikroabenteuer. Alles Weitere sind Spielregeln, die Mikroabenteurer für sich selber bestimmen:

  • Der Zeitrahmen liegt meist zwischen einigen Stunden und höchstens zwei bis drei Tagen.
  • Flugzeug und Auto sind als Fortbewegungsmittel tabu, öffentliche Verkehrsmittel wie etwa Nahverkehrszüge aber nicht.
  • Viele der kleinen Fluchten führen in die Natur, inklusive Übernachtung im Freien.
  • Die Idee: An ungewohnten Orten oder durch einen Perspektivwechsel Abenteuer erleben.

Für Christo Förster fängt ein ein Abenteuer „dort an, wo die Komfortzone aufhört.“
Das unterscheidet das Mikroabenteuer von einem normalen Spaziergang im Park.

Im Freien übernachten – was ist erlaubt?

Generell ist Wildzelten in Deutschland nicht erlaubt. Nicht allgemein verboten dagegen ist das Schlafen unter freiem Himmel im Schlaf- oder Biwaksack oder in einer Hängematte. Es gibt aber Einschränkungen, zum Beispiel in Naturschutzgebieten oder Nationalparks.

In einige Bundesländern ist es nachts verboten, im Wald die Wege zu verlassen. Eine Alternative sind die sogenannten Trekkingplätze in einigen Naturparks. Auf den kleinen Holzpodesten mit einfacher Ausstattung (Sitzgelegenheiten, Komposttoiletten) ist das Campen erlaubt.

Auch möglich: Bei Eigentümern anfragen, ob man auf ihrem privaten Grundstück für eine Nacht das Zelt aufschlagen darf. Offenes Feuer ist im und im Abstand von weniger als 100 Meter vom Wald verboten. Ausnahmen sind ausgewiesene Feuerstellen. Andernorts in der freien Natur variieren die Bestimmungen in den Bundesländern, über die man sich vorab informieren sollte.

Die Vorteile von Mikroabenteuern

Alistair Humphreys hat seine „Microadventures“ als Gegenentwurf zum 9-to-5-Job erfunden, er bezeichnet sie als 5-to-9-Abenteuer. Das bedeutet, Mikroabenteuer ...

  • lassen sich in den Alltag integrieren,
  • sind spontan möglich,
  • benötigen keine große Ausrüstung,
  • kosten kaum etwas,
  • darf man auch abbrechen, etwa wenn das Wetter gar nicht mitspielt.

Mikroabenteuer − eine nachhaltige Idee des Urlaubens

Mikroabenteuer mit der Bahn
Nachhaltig reisen per Bahn oder per pedes.
Foto: Adobe Stock

Die Idee des Mikroabenteuers ist eng mit dem Nachhaltigkeitsgedanken verbunden. Verzicht auf Auto- oder Flugreisen bedeutet weniger CO2-Ausstoß. Der Konsum, sei es bei der Ausrüstung oder unterwegs, beschränkt sich auf das Notwendigste. Die Natur der näheren Umgebung kennen- und wertschätzen zu lernen, spielt eine große Rolle bei kleinen Abenteuern. Das wiederum fördert den Wunsch, sie zu schützen.

Zu den verbindlichen Spielregeln für Mikroabenteuer gehört es, keinen Müll zu hinterlassen, Wildtiere nicht zu stören, keine geschützten Pflanzen zu sammeln – was aber ohnehin für jeden Ausflug in die Natur selbstverständlich sein sollte.

Raus aus dem Alltag: Beispiele und Ideen für Mikroabenteuer

Fahrradfahren zum Sonnenaufgang
Den Sonnenaufgang erleben – spontan zu Fuß oder per Fahrrad: Das kann schon ein ganz besonderes Erlebnis sein.
Foto: Adobe Stock

Hier eine kleine Auswahl an Ideen für Mikroabenteuern, von ganz einfachen bis zu solchen, die ein bisschen mehr Vorbereitung verlangen:

Einfach loslaufen

  • Zwei Stunden vor Sonnenaufgang von zu Hause aufbrechen, um an irgendeinem Ort den Tagesbeginn zu erleben.
  • Ohne bestimmtes Ziel losgehen, abwechselnd rechts und links abbiegen und sehen, wohin der Zufall einen führt.
  • Einen Ort in Stadtnähe suchen, zum Beispiel im Stadtwald oder auf einem Hügel und dort übernachten.

Mit Fahrrad, Bus oder Bahn unterwegs

  • Vom höchsten bis zum tiefsten Punkt des Bundeslandes je nach Entfernung mit dem Fahrrad fahren, oder teils laufen, teils öffentliche Verkehrsmittel benutzen, unterwegs im Freien übernachten.
  • Sich einfach in eine S- oder Regionalbahn setzen, bis zur Endstation fahren und zurücklaufen.
  • Orte mit skurrilen Namen besuchen, zum Beispiel Neuengland in Niedersachsen oder Langweiler in Rheinland-Pfalz.

Gewohntes mal anders

  • Abendessen draußen: Auf dem Gaskocher im Freien ein Drei-Gänge-Menü kochen. Mit etwas mehr Zeit: Zutaten wie Früchte oder essbare Wildkräuter vorher selber sammeln.
  • Auf dem Heimweg von der Arbeit mit Bus oder Bahn ein paar Stationen früher aussteigen und den restlichen Weg nach Hause laufen.
  • Eine Wanderung bei Vollmond machen.

In und am Wasser

  • Einen Fluss durchschwimmen.
  • Ganz um einen See herumschwimmen, das kann mit Pausen einen ganzen Tag dauern.
  • Einem Bachlauf von der Quelle bis zur Mündung folgen und dabei auch mal ein Stück im Wasser laufen.
  • Für Fortgeschrittene: Aus herumliegendem Totholz ein Floß bauen und sich auf dem Fluss treiben lassen.
Gourmetmenü auf dem Lagerfeuer Mikroabenteuer
Draußen schmeckt´s besser: Wie wäre es mal mit einem Drei-Gänge-Menü vom Lagerfeuer oder Campingkocher?
Foto: Adobe Stock

Mikroabenteuer mit Kindern erleben

Kinder sind von Natur aus Abenteurer, sie sind neugierig und wollen die Welt erkunden. Was sie meistens nicht mögen, sind lange Autofahrten („Wann sind wir endlich da?“).

Ideale Voraussetzungen für gemeinsame Mikroabenteuer: Für die Übernachtung im Freien gibt es keine Check-in-Zeit, unterwegs darf auch mal getrödelt, am Bach gespielt oder einfach Pause gemacht werden. Schon Babys können im Tragetuch oder -gestell dabei sein. In diesem Alter ist es aber wichtig, sich ganz auf den Rhythmus der Kleinen einzulassen, was etwa Füttern oder Schlafen angeht.

Kleinkinder können meist nur kurze Strecken selber laufen, neben einer Trage könnte auch ein Bollerwagen als Transportmittel dienen. Etwas größere Kinder tragen meist gerne ein paar Dinge selber im Kinderrucksack.

Je älter die Kinder, desto stärker lassen sie sich in die Planung des Mikroabenteuers und Aktivitäten wie Kochen oder Zeltaufschlagen einbeziehen. Teenager, die sich mehr fürs Smartphone als für die Natur interessieren, könnten die Verantwortung übertragen bekommen, per GPS den Weg zu suchen.

Kinder spielen am Bach: Mikroabenteuer
Für Kinder ist jeder Ausflug ein Abenteuer: ohne Check-in-Zeiten und lange Autofahrten umso mehr.
Foto: Adobe Stock

Viele Mikroabenteuer lassen sich ohne Weiteres auch mit Kindern unternehmen. Ein paar besonders schöne Ideen speziell für Familien haben die erfahrenen Abenteurer-Eltern Jana und Patrick Heck in ihrem Buch „Ausgebüxt! Mikroabenteuer mit Kindern“ zusammengestellt. Zum Beispiel:

  • Frühling: Die Ostereiersuche einfach mal in den Wald verlegen. Auch für die Großen eine Herausforderung, sich die Verstecke gut zu merken!
  • Sommer: Eine kleine Barfußwanderung als Abenteuer für die Sinne und tolles Fußtraining.
  • Herbst: Eine Laubschlacht im Wald zum richtig Austoben.
  • Winter: Statt dem üblichen Schneemann mal eine Burg oder Tiere aus Schnee bauen und dabei Werkzeuge wie Kelle, Spachtel oder Löffel nutzen. Kein Schnee? Dann eben Modellieren mit Matsch!

Websites: Ideen und Begleiter für Mikroabenteuer

www.katzensprung-deutschland.de
Vom Umweltministerium im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördertes Projekt zu kleinen und größeren Naturausflügen in Deutschland.

www.alastairhumphreys.com
Hier gibt’s Tipps und mehr von „Mr. Microadventure“ persönlich (in englischer Sprache).

www.christofoerster.com
Hörenswert: Podcast „Frei Raus“ zu vielen (mikro)abenteuerlichen Themen.

www.viel-unterwegs.de
Thematisch breit aufgestelltes Reiseblog, darunter auch Anregungen für Abenteuer vor der Haustür.

www.1nitetent.com
Couchsurfing für draußen: Hier bieten Privatleute einen entgeltfreien Zeltstellplatz auf ihrem Grundstück an, Wanderer können Plätze abrufen.

www.mundraub.org
Pflücken erlaubt: Karten und Infos zu öffentlich zugänglichen Obstbäumen oder -sträuchern und anderen essbaren Pflanzen.

www.ausgebuext.info
Vom Autorenpaar des gleichnamigen Buches: Ideen, Erfahrungen, nützliche Infos und Tipps für Naturabenteuer mit Kindern.

Fazit: Mikroabenteuer selbst erleben

Mikroabenteuer Siegerbild Fotowettbewerb
Dieses Abenteuer führt hoch hinaus – auf den Peternpfad im Nationalpark Gesäuse in der Steiermark. Das Foto ist der Gewinner des Fotowettbewerbs „Mikroabenteuer“ im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche 2021.
Foto: Klimabündnis Österreich / Andreas Hallinger
  • Mikroabenteuer sind echte, aber keine groß angelegten Abenteuer.
  • Erlebnisse, nicht Erfolge oder Rekorde stehen im Vordergrund.
  • Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle, zum Beispiel durch Verzicht auf Auto oder Flugzeug und respektvollen Umgang mit der Natur.
  • Ausrüstung und Vorbereitung beschränken sich auf das Notwendigste.
  • Für Kinder sind Mikroabenteuer ideal, um Natur und Umgebung zu erkunden.

Außergewöhnliche Glamping-Unterkünfte: Urlaub mal anders

Wer aus den gewohnten Bahnen ausbrechen und dabei nicht allzu viel Geld in die Hand nehmen möchte, für den könnte Glamping eine gute Idee sein. Ob eine Übernachtung im Schlaffass, im Schäferwagen oder einer Jurte − hier kann man außergewöhnlich übernachten mitten in der Natur. In unseren Artikel stellen wir ausgewählte Glampingerlebnisse vor:

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