Dämmung mit Baumwolle: Vor- und Nachteile der Naturfaser
Wer an Baumwolle denkt, hat meist weiche Textilien vor Augen. Doch das Naturtalent kann mehr als nur Kleidung, Kissenbezüge und Teppiche. Als Dämmstoff ist Baumwolle ein recht junger Player, der erst seit etwa zehn Jahren in unseren Breitengraden verwendet wird. Was auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheint, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als faszinierende Option für all jene, die Wert auf eine nachhaltige Bauweise legen. Trotz Herausforderungen birgt dieser natürliche Alleskönner ein beachtliches Potenzial, insbesondere wenn man bedenkt, wieviel Baumwollkleidung jedes Jahr auf Müllbergen entsorgt wird.
In diesem Beitrag:
Von der Baumwollfaser zur fertigen Dämmmatte
Baumwolle zeichnet sich durch eine bemerkenswerte Kombination aus natürlichen Eigenschaften und hoher Funktionalität aus. Das Naturmaterial hat hervorragende Schallschutz- und Wärmedämmeigenschaften. Mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,040 bis 0,050 W/(mK) kann es durchaus mit herkömmlichen Dämmstoffen wie Polysterol mithalten. Neben den hervorragenden thermischen und akustischen Eigenschaften ist Baumwolle elastisch und leicht zu verarbeiten. Zugleich ist sie sehr robust: Baumwolldämmstoffe haben eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Wärme bis 100 Grad Celsius. Für Raumklima und Wohngesundheit besonders interessant ist ihre Fähigkeit, Feuchtigkeit aufzunehmen, da sie als Feuchtepuffer zwischen Raumluft und Außenluft wirken.
Die Produktion ist relativ einfach und verbraucht nur wenig Energie. Die Baumwolle wird vom Baumwollstrauch geerntet, der vor allem in subtropischen und tropischen Regionen wächst. Nach der Ernte wird die Baumwolle in Ballenform komprimiert und nach Deutschland transportiert. Hier erfolgt die Weiterverarbeitung der Faserbüschel zu feinen Vliesen. Durch das Übereinanderschichten und anschließende Vernadeln dieser Vliese entstehen Baumwollmatten in der gewünschten Stärke. Alternativ wird ein Teil des Dämmmaterials aus recycelten Baumwollfasern gewonnen, etwa aus alter Kleidung, was noch ressourcenschonender ist. Um die Brandschutzklasse B2 nach DIN 4102 zu erreichen, ist eine Imprägnierung mit Borax (Borsal) erforderlich.

Altes Wissen, neu entdeckt: Dämmen mit Schafwolle
Auch Schafwolle ist eine ökologische Alternative zu synthetischen Dämmstoffen. Sie trägt nicht nur zu einem gesunden Wohnklima bei, indem sie eine effektive Wärmedämmung gewährleistet, sondern reguliert auch die Feuchtigkeit. In unserem Beitrag erfahren Sie mehr über das Dämmen mit Schafwolle »
Die vielfältigen Anwendungsbereiche von Baumwolle
Als Dämmstoff findet Baumwolle in vielen verschiedenen Formen und Bereichen Anwendung. So sind Dämmmatten aus Baumwolle in verschiedenen Stärken von 50 bis 180 mm erhältlich.
- Sie eignen sich hervorragend für die Zwischensparrendämmung im Dach oder die Dämmung von Wänden in Holztafelbauweise.
- Für die Trittschalldämmung und die Ausfüllung von Hohlräumen in leichten Trennwänden bieten sich Baumwoll-Dämmfilze mit geringeren Dicken zwischen 4 und 10 mm an.
- Eine weitere Möglichkeit sind Baumwollflocken, die ähnlich wie Zellulose in Hohlräume eingeblasen werden können und somit eine lückenlose Dämmung gewährleisten.
Insgesamt stellt Baumwolle eine baubiologisch sinnvolle Wahl zur Dämmung von Wänden, Dächern und Holzböden dar und trägt maßgeblich zu einem gesunden und behaglichen Wohnklima bei.
Vorteile und Nachteile der Baumwolldämmung
Baumwolle als Dämmstoff vereint ökologische Vorteile mit gewissen Herausforderungen. Positiv hervorzuheben sind die Nachhaltigkeit des nachwachsenden Rohstoffs sowie der effektive Schutz vor sommerlicher Hitze und die Fähigkeit, Feuchtigkeit im Raumklima auf natürliche Weise zu regulieren. Diese Eigenschaften tragen maßgeblich zu einem behaglichen und baubiologisch wertvollen Wohnumfeld bei.
Weniger vorteilhaft erscheint die Anfälligkeit gegenüber Nagetieren, die Baumwolle gerne für den Nestbau nutzen. Auch die eingeschränkte Widerstandsfähigkeit bei dauerhafter Durchfeuchtung sind Aspekte, die Beachtung finden müssen. Baumwolle eignet sich so zum Beispiel nicht für die Dämmung der Außenfassade.
Kritisch zu betrachten sind ebenfalls die Produktionsbedingungen. Zwar ist Baumwolle ein nachwachsender Rohstoff, der recycelt und kompostiert werden kann. Doch konventionelle Anbaumethoden in Monokulturen, verbunden mit dem Einsatz von Pestiziden und umweltschädlichen Düngemitteln, belasten die Umwelt und können Rückstände in den Fasern hinterlassen. Auch lange Transportwege, insbesondere bei Importen aus Asien, relativieren die Nachhaltigkeit.
Nachhaltige Wärmedämmung mit Naturdämmstoffen
Neben Baumwolle gibt es noch weitere natürliche Dämmstoffe, beispielsweise Zellulose, Stroh, Flachs, Hanf, Seegras, Schilf, Baumwolle, Kork oder Kokos. Hier stellen wir verschiedene nachhaltige Dämmmaterialien vor »
Was bei der Auswahl von Baumwolldämmung wichtig ist

Wer Wert auf Wohngesundheit legt, achtet ganz genau auf die Qualität des Rohmaterials. Am besten fällt die Wahl auf Baumwolldämmstoffe, bei denen chemisch unbehandelte Baumwollfasern zum Einsatz kommen und die idealerweise auf Pestizidrückstände untersucht wurden. Ein entsprechendes Prüfzertifikat gibt hier Sicherheit. Ein besonders positives ökologisches Profil haben Baumwoll-Dämmstoffe, wenn der Rohstoff aus biologischem Anbau stammt und ein möglichst hoher Anteil an Baumwollreststoffen verwendet wird.
Ein Blick auf die Kosten zeigt, dass Dämmstoffe aus Baumwolle im Durchschnitt bei etwa 20 bis 30 Euro pro Quadratmeter liegen. Im Vergleich zu anderen natürlichen Dämmmaterialien wie Holzfaser (ca. 40 bis 50 Euro/qm) und Hanf (ca. 10 bis 27 Euro/qm) liegt Baumwolle hier im mittleren Preissegment. Noch preiswerter sind herkömmliche Dämmstoffe wie Glaswolle, Steinwolle, Styropor (EPS) und PUR, die etwa 5 bis 20 Euro pro Quadratmeter kosten. Im Unterschied dazu punktet Baumwolle jedoch mit seinen ökologischen und baubiologischen Vorteilen. Als nachhaltiges Baumaterial, das zu einem gesunden Raumklima beiträgt, kann es einen Mehrwert bieten, der die Investition durchaus rechtfertigt.
Autor Christian Schaar ist Geschäftsführer der S2 GmbH. Als Geschäftsführer eines Planungsbüros mit Schwerpunkt auf ökologischen Holzbau wird er bei Neubauprojekten und Sanierungen regelmäßig mit baubiologischen Fragestellungen konfrontiert und als Experte konsultiert.
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