Baubiologie: Wie lässt sich wohngesund bauen und sanieren?

Foto: S2 GmbH

Wie können Gebäude nachhaltig und gesundheitsverträglich gebaut oder saniert werden? Über die Energieeffizienz von Gebäuden wird viel gesprochen, aber wie steht es um die Wohngesundheit? Dieses Thema wird häufig vernachlässigt, dabei halten wir uns einen Großteil unseres Lebens in Gebäuden auf.

Viel können wir von der Baubiologie lernen. Sie zeigt neue Wege zu umweltfreundlichen und gesunden Gebäuden auf. Gefahrenstoffe in Innenräumen werden beseitigt, stattdessen wird auf wohngesunde Baustoffe wie Holz oder Lehm gesetzt. Der Verband Baubiologie e.V. gibt mit dieser Nachlese zur baubiologica auch einen Einblick in seine Arbeit.

In diesem Beitrag:

  1. Gesunde Innenräume: Gefahrenstoffe müssen raus!
  2. Natürliche Baustoffe: der Schlüssel zu wohngesunden Gebäuden

Ein Gastbeitrag
vom Verband Baubiologie e.V.

Eine Nachlese der baubiologica

Der Verband Baubiologie e.V. veranstaltete am 13.06.2024 die Fachtagung für gesunde Innenräume, die baubiologica natürlich bauen. wohnen. arbeiten. Die Referenten teilten ihre Erfahrungen mit den Teilnehmern aus Deutschland und Österreich. Die Tagung wurde von einem breiten Netzwerk aus Kooperationspartnern und Unternehmen unterstützt.

Gesunde Innenräume: Gefahrenstoffe müssen raus!

Sanierter Dachstuhl
Im Rahmen des Forschungsprojekts „CycloPlasma“ der Fraunhofer Zukunftsstiftung sanierter Dachstuhl in der „Alten Schäfflerei“ im Fraunhofer Zentrum Benediktbeuern
Foto: Pamela Jentner

Baubiologen prüfen, ob und welche Gefahrstoffe im Gebäude vorhanden sind. Sie werden im Schadstoffkataster erfasst, rückgebaut und saniert.

Gebäude mit guter Bausubstanz können weitestgehend erhalten, saniert und Baustoffe wiederverwendet werden, um weniger Energie zu verbrauchen und Ressourcen zu schonen. Die in der Vergangenheit eingesetzten Baustoffe und Verfahren, die heute als Risiko für Mensch und Umwelt angesehen werden, müssen bei der Sanierung aus dem Verkehr genommen werden, um gesunde Innenräume zu schaffen.

Für die Innenraumanalytik ist die Zusammenarbeit mit akkreditierten Laboren (z.B. dem Analytik Institut Rietzler) erforderlich, die Luft-, Staub- oder Materialproben auf Gefahrstoffe analysieren. Auch Gerüche in Innenräumen können ein Indikator für Schadstoffe und auch Schimmelpilze oder Bakterien sein.

Für den Neubau von Gebäuden wurden mittlerweile diverse Zertifizierungssysteme für nachhaltiges Bauen, wie z.B. DGNB oder QNG entwickelt, die u.a. an bauliche Fördermaßahmen gekoppelt sind. Sie konzentrieren sich allerdings hauptsächlich auf die Energieeffizienz von Gebäuden.

Schutz vor unnötigen Strahlenbelastungen

Aus gesundheitlicher Sicht steht in der Baubiologie auch der Schutz vor unnötigen technischen und natürlichen Strahlungsbelastungen im Fokus. Aktuell unter Baubiologen diskutiert wird beispielsweise der rechtlich vorgeschriebene Einbau von Smart Metern, neuen digitalen Verbrauchszählern. Jörn Gutbier von der Verbraucherschutzorganisation diagnose:funk hält es für gesunder, auf ständige, kurz getaktete Verbrauchserfassungen zu verzichten und stattdessen das Ablesen von außen ca. zweimal monatlich durchzuführen. diagnose:funk fordert zudem die Beibehaltung von analogen Zählern, da der Datenschutz bei digitalen Verbrauchserfassungen bisher sehr unsicher sei.

Um die Strahlenbelastung durch das natürliche radioaktive Radongas in Innenräumen zu reduzieren, braucht es nach Auffassung von Radon-Experte Richard Zinken mehr Aufklärung und Förderungen als Anreize für die Umsetzung der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen. Radon ist die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs oder um es mit den Worten von Richard Zinken zu sagen: „Radon ist die häufigste Ursache für Lungenkrebs bei Nichtrauchern.“

Baubiologie vereint Wohngesundheit und Nachhaltigkeit

Schaubild: "Baubiologie" als zentraler Begriff in der Mitte, dazu gehörig die Begriffe "sozial", "ökologisch" und " wirtschaftlich"'
Foto: Verband Baubiologie e.V.

Die Baubiologie ist ein ganzheitliches System, das die Natur als Maßstab sieht und auf dem Vorsorgeprinzip basiert. Wohngesunde Räume sind z.B. möglichst frei von Schadstoffen, Strahlungen sowie mikrobiologischen Belastungen und unterstützen die Nutzer in ihrem Wohlbefinden.

Alle wesentlichen Aspekte für umweltverträgliches, nachhaltiges und gesundes Bauen, Wohnen und Arbeiten sind in den 25 Leitlinien der Baubiologie zusammengeführt. Baubiologische Untersuchungen z.B. auf Elektrosmog, Schadstoffe oder Schimmelpilze, werden ganzheitlich nach dem Standard der Baubiologischen Messtechnik (SBM) durchgeführt.

Natürliche Baustoffe: der Schlüssel zu wohngesunden Gebäuden

Baubiologische Lösungen weisen den Weg zu umweltfreundlichen und gesunden Gebäuden. Diese Lösung heißt, natürliche und regionale Baustoffe zu verwenden, beispielsweise Lehm, Holz, Hanf oder Kalk.

Im Gegensatz zu Kunststoffen sind natürliche unbehandelte Baustoffe schadstofffrei, diffusionsoffen, schalldämmend oder wärmespeichernd, recyclefähig und langlebig. Gut kombiniert ergänzen sie sich durch ihre jeweiligen Eigenschaften.

Wie natürliche Materialien die Wohngesundheit verbessern

Dass natürliche Materialien unserer Gesundheit gut tun, wurde sogar schon wissenschaftlich nachgewiesen. Wir zeigen in diesem Beitrag, warum das so ist und wie Sie sich selbst eine natürlich wohltuende Umgebung schaffen können.

Tatsächlich lässt sich mit ökologischen Baustoffen sogar Schimmelbildung verhindern. Wie das funktioniert, zeigen wir in diesem Beitrag »

Lehm & Kalk: Ideale Kombination

Lehm hält durch seine geringe Ausgleichsfeuchte das Holz trocken und ist somit ein wunderbarer natürlicher Holzschutz. Er kann zusätzlich Gerüche absorbieren, Mobilfunkstrahlung dämpfen und den Raumklang sowie den sommerlichen Wärmeschutz verbessern. Kalk ist aufgrund seiner Alkalität ein gutes Mittel um Schimmelpilzbefall vorzubeugen.

Nach den Erfahrungen des Bausachverständigen Silvio Stolpe lassen sich durch Kombinationen dieser beiden Baustoffe im Innenbereich von Gebäuden fast alle baulichen Anforderungen erfüllen, ausgenommen Nassbereiche und unter Fliesen. Beide Baustoffe sind auch für Allergiker sehr gut geeignet. Bei der Herstellung entstehen zudem nur sehr geringe Emissionen, teilweise sogar CO₂-Reduktionen. All diese Vorteile zeichnen natürliche Baustoffe als umweltfreundliche und gesunde Baustoffe aus.

» Wie nachhaltig kann das Re-, Up- oder Downcycling von Kunststoffen wirklich sein? «

Diplom-Ökonom Ulrich Steinmeyer stellte in seinem Vortrag auf der baubiologica diese Frage. Seine Aussage: Es gibt zwar ein Kreislaufsystem mit Kunststoffen, aber das Ausgangsmaterial bleibt immer Kunststoff, mit allen seinen negativen Umweltauswirkungen.

Er appellierte, sich an natürlichen vollständigen Kreislaufsystemen zu orientieren, wie es Naturbaustoffe ermöglichen und diese auch bei den aktuellen staatlichen Förderprogrammen stärker zu gewichten. Zudem kündigte er an, dass ÖkoPlus in Kürze eine Liste mit QNG-tauglichen Naturprodukten veröffentlichen wird.

Lehm & Holz: Baustoffe der Zukunft?

Das Lehmbau-Unternehmen Conluto berichtete, dass Lehm aktuell ein vermehrt nachgefragter Baustoff ist. Er wird in vielfältigen Variationen angeboten, z.B. erdfeucht und trocken oder als vorgefertigte Lehmbauplatten und kann sowohl traditionell als auch hochmodern verarbeitet werden. Auf der Website LehmBauTreff informiert das Unternehmen in Online-Veranstaltungen über das Bauen mit Lehmbaustoffen.

Der Baustoff Holz bildet bis zu seinem Lebensende einen Kohlenstoffdioxidspeicher und entlastet so die Umwelt. Ein gelungenes Beispiel ist z.B. das Projekt „Mokib“ − Berliner Kitas in modularer Holzbauweise.

 

Eine ausführliche Nachlese zur baubiologica 2024 finden Sie hier.

Der Verband Baubiologie e.V.

» Als Baubiologen sind wir Vorreiter darin, das öffentliche Bewusstsein für gesundheitliche Langzeitfolgen zu sensibilisieren, die eine unökologische Bau-, Wohn- und Wirtschaftsweise mit sich bringen kann. Wir setzen uns in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft dafür ein, mögliche Belastungsfaktoren, die daraus resultieren, zu vermeiden. Der Verband Baubiologie fördert und unterstützt die ökologische Balance im Bereich Bauen-Wohnen-Leben, um diese zur Selbstverständlichkeit für alle zu machen. «

https://www.verband-baubiologie.de/

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