Trendbaustoffe: Neue nachhaltige Baustoffe

Foto: Unsplash/Fabrice Villard

Ideen für mehr Nachhaltigkeit im Bausektor gibt es viele. Eine entscheidende Rolle spielen die verwendeten Baumaterialien. Wir stellen die vielversprechendsten Trendbaustoffe vor und werfen einen Blick auf ihre Nachhaltigkeit.

In diesem Artikel:

  1. Was müssen nachhaltige Baustoffe können? 
  2. Das große Potenzial recycelbarer Baumaterialien
  3. Revival in Vergessenheit geratener Rohstoffe: Lehm und Holz
  4. „Käferholz“ als nachhaltige Alternative
  5. Bauen mit Hanfbeton
  6. Pilzgeflechte als Baustoff

Christian Schaar
Fachautor CRADLE

Was müssen nachhaltige Baustoffe können? 

Wenn von nachhaltigen und energieeffizienten Gebäuden die Rede ist, denken viele Menschen hauptsächlich an Möglichkeiten, diese klimaneutral mit Energie, wie Wärme oder Strom, zu versorgen. Der Einsatz regenerativer Energie ist in aller Munde.

Doch umweltfreundliches Wohnen beginnt deutlich früher. Denn was nützt es, wenn zwar die Nutzung der Gebäude energieeffizient erfolgt, bei der Errichtung oder dem Abriss aber nicht auf hohe Umweltstandards geachtet wird? Dieser Energiebedarf, der beim Bau des Gebäudes sowie bei Transport, Lagerung, Verarbeitung und Entsorgung von Baumaterialien benötigt wird, heißt in Fachkreisen „graue Energie“.

"Graue Energie" umfasst die komplette Energie, die von der Herstellung bis zur Entsorgung eines Gebäudes aufgewendet wurde. Durch klimaschützendes Bauen lassen sich die grauen Emissionen deutlich vermindern.
Foto: Pixabay

Die „graue Energie“ kann mit ökologischen, nachhaltigen Rohstoffen deutlich reduziert werden. Im Idealfall werden nachhaltige, wiederverwendbare Materialien eingesetzt, die sich auch noch positiv auf die Dämmung und Isolierung einer Immobilie auswirken. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf nachwachsenden Rohstoffen, die bestenfalls aus regionaler Herstellung stammen. Auch das Recycling bereits vorhandener Baumaterialien gewinnt an Bedeutung.

Das große Potenzial recycelbarer Baumaterialien

Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 130 Millionen Tonnen Baumaterial entsorgt, obwohl sie wiederverwendet werden könnten. Bevor also andere, natürliche Ressourcen als Quelle für neue Baustoffe genutzt werden, sollte das bereits vorhandene Material so gut wie möglich recycelt werden. Dies ist nicht nur aus ökologischer Sicht sinnvoll, sondern auch aus ökonomischer.

Grundsätzlich unterscheidet man dabei drei Arten, um Baustoffe wiederzuverwenden:

  1. Recycling: die Zerlegung des Baustoffes in sein Ursprungsmaterial
  2. Upcycling: die Gestaltung von etwas Neuem aus einem bestehenden Baustoff
  3. Cradle-to-Cradle: die Wiederverwendung von Baustoffen auf der gleichen Wertigkeitsstufe, also Ausbau und weitere Nutzung von Fenstern, Ziegeln etc. an anderer Stelle

Um dies zu gewährleisten, sollte bereits beim Neubau darauf geachtet werden, dass Materialien möglichst homogen, leicht trennbar und schadstofffrei sind. Denn dies erleichtert beim Rückbau von Gebäuden oder Gebäudeteilen das Recyceln von wertvollen Ressourcen.

Kreislaufsystem für Baustoffe: Urban Mining

Mit dem Konzept des Urban Mining sollen durch Abriss und Rückbau von Gebäuden anfallende Materialien in einem Kreislaufsystem konsequent als Rohstoffquelle für neue Bau- oder Sanierungsprojekte genutzt werden.

In unserem Artikel erfahren Sie, wie das Konzept des Urban Mining funktioniert »

Revival in Vergessenheit geratener Rohstoffe: Lehm und Holz

Aït-Ben-Haddou, Weltkulturerbestadt im Südosten Marokkos. Die befestigte Stadt wurde größtenteils aus Stampflehm und Lehmziegeln errichtet- Die Angaben schwanken je nach Literatur vom 12. bis zum 16. Jahrhundert.
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Nicht immer muss etwas Neues erfunden werden, um eine Verbesserung zu erzielen. Denn es gibt bereits eine Reihe an nachhaltigen Baumaterialien, die in den letzten Jahrzehnten aus unterschiedlichen Gründen aus der Mode gekommen sind.

Bestes Beispiel ist das Bauen mit Lehm und Holz. Beide Materialien wurden schon vor 9000 Jahren für den Bau von Unterkünften verwendet. Inzwischen wurden sie von Stahl und Zement verdrängt. Doch Lehm und Holz erleben ein Revival, denn es handelt sich um natürliche Rohstoffe mit vielen positiven Eigenschaften.

Lehm

Lehm zeichnet sich durch eine gute Klimabilanz aus, denn es ist weltweit in nahezu allen Böden verfügbar, kann zu 100 Prozent recycelt werden und wird im Gegensatz zu Zement nicht gebrannt, sondern getrocknet.

Bauen mit Lehm

Immer mehr Hausbesitzer und Bauherren entdecken das natürliche Baumaterial für sich. Mit gutem Grund, denn Lehm- und Kalkputzpunkten mit besonderen Vorteilen.

In unserem Artikel erfahren Sie mehr zur Verwendung von Lehm- und Kalkputz beim Hausbau »

Holz

Holz ist deutlich leichter als Beton, sodass weniger Stahl für die Befestigung benötigt wird. Bei der Herstellung und der Verarbeitung von Zement und Stahl entsteht viel klimaschädliches Treibhausgas. Des Weiteren werden bei der Produktion von Stahl oder Zement endliche Ressourcen, wie Eisen, Stein und Sand benötigt. Holz hingegen ist ein nachwachsender Rohstoff, der gleichzeitig langfristig CO2 bindet.

Seit Jahrhunderten bewährt: Holz verfügt über gute bautechnische Eigenschaften und hat eine lange Lebensdauer.
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Mehr zum Bauen mit Holz

Der Baustoff Holz weist zahlreiche positive Eigenschaften auf, die Bauherren zu schätzen wissen. Als nachhaltiger Rohstoff schont er nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel und trägt zu einem gesunden Wohnraumklima bei.

In unserem Artikel erfahren Sie mehr darüber, welche Vorteile der Baustoff Holz für Bauherren bietet »

Doch auch Holz steht als Baumaterial in der Kritik, denn es ist nur ein nachhaltiger Baustoff, wenn er in langfristige Projekte verbaut wird. Immer häufiger wird deswegen auf sogenanntes Käfer- oder Schadholz zurückgegriffen.

„Käferholz“ als nachhaltige Alternative

Schad- oder Käferholz klingt zunächst nicht besonders verlockend für den Hausbau. Schließlich handelt es sich hierbei um Holz, das aufgrund eines Borkenkäferbefalls vorzeitig abgeholzt werden musste. In der Baubranche in Deutschland hatte es bisher einen schlechten Ruf. Doch aufgrund der Ausbreitung des Borkenkäfers besteht in Deutschland ein Überangebot an diesem Holz, das auch als Kalamitätsholz bezeichnet wird.

Der schlechte Ruf von Käferholz ist unbegründet, denn es handelt sich keineswegs um einen minderwertigen Rohstoff. Da der Borkenkäfer seine Gänge zwischen Rinde und Stamm legt und nicht im tragenden Holzkörper selbst, hat es nahezu die gleichen Eigenschaften wie herkömmliches Bauholz.
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Kein Wunder, dass die Nachfrage nach deutschem Käferholz in China und den USA besonders groß ist. Doch statt die CO2-Bilanz des Käferholzes durch die langen Transportwege ins Ausland massiv zu verschlechtern, kann es auch in Deutschland verbaut werden. Meistens ist kein optischer Unterschied zu gewöhnlichem Bauholz zu erkennen. Gelegentlich ist es leicht bläulich verfärbt, da mit dem Borkenkäferbefall ein Pilz in das Holz eindringt. Aber auch dieses Holz kann in nicht sichtbaren Bereichen verbaut werden. Verbleibende Käferpopulationen oder andere unerwünschte Organismen werden bei der technischen Trocknung abgetötet.

Bauen mit Hanfbeton

Hanfbeton kommt zum Beispiel beim Mauern von Wänden, Erstellen von Fertigteilen oder Dämmung zum Einsatz.
Foto: Wikimedia Commons/Romancito77

Ein weiterer Trendbaustoff mit vielen positiven Eigenschaften für den Klimaschutz und das Wohlfühlklima in den eigenen vier Wänden ist Hanfbeton. Dieser Verbundwerkstoff besteht aus Wasser, kalkhaltigem Bindemittel und Leichtholzanteilen der Hanfpflanze, einem Abbauprodukt der Hanf- und Flachsindustrie. Alle Materialien entstammen direkt aus der Natur, enthalten keine Schadstoffe und haben viele wünschenswerte Eigenschaften.

Das Material wirkt wärmedämmend und speichert Wärme. Im Sommer hingegen kühlt es das Gebäude. Zudem ist es schallisolierend und reguliert die Luftfeuchtigkeit. Hanfbeton ist sehr langlebig und zeigt sich resistent gegen Ungeziefer oder Schimmel. Es unterstützt den Brandschutz und lässt sich wiederverwerten.

In unserem Artikel erfahren Sie mehr über die Eigenschaften sowie die Vor- und Nachteile des innovativen Baustoffs Hanfbeton »

Pilzgeflechte als Baustoff

Ebenfalls vielversprechend für die Zukunft ist der Einsatz von Pilzgeflechten beim Hausbau. Hierbei handelt es sich natürlich nicht um den im Hausbau gefürchteten Schimmelpilz, sondern um ein Pilzgeflecht, das aus Getreideabfällen zu einem kunstschaumähnlichen Stoff wächst. Das Substrat wächst somit in die gewünschte Form. Dieser Prozess wird dann durch eine Erhitzung auf 43 Grad gestoppt. Aktuell befindet sich die Dämmung mit Pilzkulturen noch in der Entwicklungsphase. Die Herstellung ist aber sehr einfach und auch die Materialeigenschaften überzeugen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich Pilzkulturen als Dämmstoff durchsetzen werden.

Sind Pilze das neue Holz?

Der neuartige Werkstoff „NEWood“ auf Basis von organischen Abfällen und einem Pilz könnte in Zukunft Holz und Holzwerkstoffe ersetzen. Das ressourceneffiziente und CO2-negative Material weist vergleichbare Eigenschaften wie Holzfaser- und Holzspanplatten auf.

In unserem Artikel erfahren Sie mehr zu dem holzähnlichen Material »

Autor Christian Schaar ist Geschäftsführer der S2 GmbH. Seine baubiologischen Kenntnisse erlangte er durch den täglichen Umgang mit Problemen der Baubiologie in verschiedenen Unternehmen des ökologischen Holzbaus. Als Geschäftsführer eines Planungsbüros mit Schwerpunkt auf ökologischem Holzbau wird er regelmäßig mit baubiologischen Fragestellungen konfrontiert und als Experte auf diesem Gebiet konsultiert.

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