Naturnahe Gärten: Paradiese vor der Haustür
Pflanzenvielfalt, Lebensraum für Tiere, Ruhezonen für Menschen: Naturnahe Hausgärten wirken wie natürliche Klimaanlagen und tragen zur Biodiversität in den Städten wie auch auf dem Land bei. Es ist es gar nicht schwierig, einen solchen Garten anzulegen – probieren Sie es!
Das erfahren Sie in diesem Artikel:
Warum wir mehr Grün im Garten brauchen
Grauer Schotter, Pflastersteine, hier und da eine einsame Konifere oder ein Stück kurz geschorener Rasen, bestenfalls ein Alibi-Grün: „Gärten des Grauens“ nennt der Biologe und Buchautor Ulf Soltau diese in Deutschland immer noch weit verbreitete Form des Hausgartens, vor allem in Vorgärten.
Mit einem richtigen Garten, in dem es sprießt und blüht, summt und duftet, hat das kaum noch etwas zu tun. Das ist keineswegs nur ein ästhetisches Problem, denn in den Städten gibt es bereits viel zu viele versiegelte Flächen ohne lebendiges Grün. Das hat negative Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, das Mikroklima und die Artenvielfalt.
Und leider sieht es auf dem Land nicht besser aus: Oft dominieren weite Ackerflächen mit Monokulturen, ohne Bäume, Sträucher oder andere natürliche Vegetation.
Für mehr Natur und Artenvielfalt brauchen wir mehr Parks, Grünflächen und naturbelassene Biotope, aber auch naturnahe Gärten vor, hinter und um unsere Häuser. Jeder Quadratmeter zählt!
In diesem Artikel lesen Sie, welch wichtige Rolle Stadtparks als grünen Lungen unserer Städte spielen »
Grün wird Pflicht: Das Ende der Schottergärten naht
In einigen Bundesländern wie Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Hessen sind Schottergärten bereits verboten, allerdings in der Regel nur für Neubauten. Bereits angelegte Schottergärten dürfen meist noch bestehen bleiben. Einzelne Städte und Gemeinden gehen noch weiter. In Frankfurt am Main zum Beispiel gilt ab Mai 2023 eine Begrünungspflicht für Umbauflächen.
Was naturnahe Gärten alles leisten
Wie öffentlichen Parks und Grünanlagen haben auch naturnahe Gärten am Haus einen vielfältigen Nutzen für Klima, Tiere und Menschen:
- Natürliche Klimaanlage: Durch Verdunstung und Beschattung wirken Pflanzen im Sommer kühlend. Blätter filtern Schadstoffe und reinigen so die Luft.
- Wasser-, Wind- und Lärmschutz: Unversiegelte Böden wirken als Regenwasserspeicher und verhindern Überschwemmungen. Hecken, Sträucher und Kletterpflanzen bremsen den Wind und dämpfen den Straßenlärm.
- Lebensraum für Tiere: Viele Singvogelarten, Insekten und Kleinsäuger sind in ihrem Bestand gefährdet. Im naturnahen Garten finden sie Nahrung, Nistmöglichkeiten und Unterschlupf.
- Ruhe- und Wohlfühloasen für Menschen: Blütenpracht und Pflanzendüfte regen die Sinne an, Gartenarbeit in der Freizeit tut Körper und Seele gut. Kinder können im Grünen spielen oder Tiere beobachten.
Einen Naturgarten anlegen – so geht’s!
Um gleich mit einem Vorurteil aufzuräumen: Naturnah heißt nicht: „einfach wachsen lassen“. Das führt schnell zu einem Gestrüpp, in dem sich einige wenige Pflanzenarten durchsetzen. Naturnahe Gärten zeichnen sich vielmehr durch Artenvielfalt aus und brauchen dafür ein gewisses Maß an Pflege. Die folgenden Punkte können als Richtlinien dienen:
- Bevorzugen Sie heimische Pflanzen: Heimische Pflanzen bieten Nahrung und Unterschlupf für deutlich mehr Tierarten als nicht-einheimische Pflanzen. Weiterer Vorteil: Pflanzenarten, die an den Standort angepasst sind, brauchen in der Regel weniger Pflege, Wasser oder Dünger als Exoten.
- Auf Vielfalt achten: Mit einer Mischung aus Bäumen, Sträuchern, Stauden, Kräutern und Gräsern erfüllt der Garten seine ökologischen Funktionen am besten und wirkt einladend auf die Tierwelt.
- Boden bedecken: Großflächige Versiegelung à la Schottergarten verbietet sich von selbst, aber auch nackte Erde oder einfach nur Rasen ist keine Lösung. Bodenbedeckende Pflanzen schützen vor Austrocknung und bieten Lebensraum für Kleintiere.
- Wiese statt Rasen: Weniger Pflege ist hier tatsächlich mehr. Ein bisher stark gedüngter und ständig gemähter Rasen muss unter Umständen erst einmal ausgehungert werden, um sich in eine blühende Naturwiese zu verwandeln. Entsprechende Samenmischungen helfen dabei. Der Rasen sollte nur zwei- bis dreimal im Jahr gemäht werden.
- Pflanzen natürlich schützen: Naturgärtner verzichten auf Unkrautvernichtungsmittel und Insektizide. Die Artenvielfalt dient gleichzeitig dem Pflanzenschutz: Wenn sich Marienkäfer oder Florfliegen im Garten wohlfühlen, machen sie sich gerne als Blattlausvertilger nützlich. Bei Bedarf helfen biologische Schädlingsbekämpfungsmittel wie Brennnessel- oder Schachtelhalmjauchen.
- Kompost statt Kunstdünger: Wenn der Boden zusätzliche Nährstoffe braucht, ist selbst hergestellter Kompost die beste und günstigste Quelle. Wenn Gartenerde verwendet wird: Immer torffreie Produkte wählen, denn Moore binden mehr CO2 als alle anderen Ökosysteme der Welt.
- Mischkultur statt Monokultur: Leckeres Biogemüse aus eigenem Anbau genießen, auch das ist mit einem Naturgarten möglich. Vielfalt in Form von Mischkulturen und bewährten Fruchtfolgen lassen Karotte, Kohl & Co. besser gedeihen.
- Tierfreundliche Biotope anlegen: Gepflegt ist nicht gleich aufgeräumt. Ein paar wilde Ecken mit Totholz oder Steinhaufen sind ideale Verstecke für Tiere. Auch Wasserstellen wie naturnah angelegte Gartenteiche sind bei Vögeln, Fröschen oder Kröten beliebt.
Den Naturgarten klimafit machen
Der Klimawandel macht auch vor naturnahen Gärten nicht halt. Nicht alle Auswirkungen sind negativ: Mehr warme Tage erlauben es, den Garten länger als Freiluftwohnzimmer zu nutzen, sofern auch für Schatten gesorgt ist. Auch bei den Pflanzen gibt es Gewinner und Verlierer der klimabedingten Veränderungen. Zu den Gewinnern gehören beispielsweise der Walnussbaum, die Artischocke oder der Seidenbaum. Worauf es bei der Auswahl von Stadtbäumen in Zeiten des Klimawandels ankommt, lesen Sie in diesem Artikel: Fit for Future: Superbäume für die Stadt
Während die Pflanzen durch den früheren Beginn der Vegetationsperiode zeitiger austreiben und blühen, sind sie durch spätere Nachtfröste gefährdet, was z.B. bei Obstbäumen zum Ausfall der gesamten Ernte eines Jahres führen kann.
Hier einige Maßnahmen, mit denen sich Gartenbesitzer auf den Klimawandel einstellen können:
- Pflanzenauswahl: Setzen Sie auf sonnenliebende und trockenheitsresistente Stauden wie Mädchenauge, Königskerze, klassische Steingartenpflanzen oder robuste Rosensorten. Wildstauden oder -kräuter sind meist klimaresistenter als hochgezüchtete Gartensorten.
- Mehr Gehölze pflanzen: Anspruchslose Sträucher und Heckenpflanzen wirken wie Mini-Klimaanlagen und schaffen mehr Schattenplätze, auch für Tiere.
- Mulchen: Organisches Mulchmaterial schützt den Boden vor Austrocknung und erhöht die Bodenfruchtbarkeit.
- Richtig gießen: Auch Wasser wird immer knapper. Besser ist es, seltener zu gießen, am besten sehr früh am Morgen, dann aber intensiv. So lernen die Pflanzen, Wasser aus tieferen Bodenschichten zu holen. Sammeln Sie Regenwasser zum Gießen, auch das abgekühlte Kochwasser von Kartoffeln oder Nudeln kann verwendet werden.
- Bäume pflegen: Stürme können Äste und Zweige abbrechen lassen. Das schadet den Bäumen und macht den Aufenthalt unter ihnen gefährlich. Kontrolle, Pflege und Sicherung der Äste helfen, bruchgefährdete Bäume zu erhalten.
Obstbäume im Klimawandel: Comeback für alte Sorten
Nur noch etwa 15 Apfelsorten, die auf sehr wenigen Ausgangssorten basieren, sind heute in den Supermärkten zu finden. Bei anderen Obstsorten sieht es nicht anders aus. Seit Jahren setzen sich Experten und Liebhaber alter Obstsorten für deren Erhalt ein. Das könnte mancherorts die Rettung für den Obstbau in Zeiten des Klimawandels sein, denn viele der fast vergessenen Sorten kommen mit heißer und trockener Witterung viel besser klar als die heutigen Hauptsorten. Vielleicht wissen wir in einigen Jahren wieder, wie ein Apfel „Berlepsch“ oder eine Birne „Köstliche von Charneux“ schmeckt. Letztere haben schon König Friedrich der Große und der Schriftsteller Theodor Fontane genossen.
Fazit: Lassen Sie uns einen Naturgarten anlegen!
- Naturnahe Gärten schützen das Klima, bieten Lebensraum für Tiere und Erholungsraum für Menschen.
- Artenvielfalt, Bodenpflege und der Verzicht auf chemische Dünge- und Pflanzenschutzmittel gehören zu den Grundsätzen des naturnahen Gärtnerns.
- Der Klimawandel erfordert auch im Naturgarten eine Anpassung der Pflanzenauswahl und der Pflegemaßnahmen.
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