Was macht nachhaltige Möbel aus?

Ein nachhaltig produzierter Vollholztisch
Foto: Team7

Weg von Wegwerfprodukten, hin zu langlebigen, umweltschonenden Dingen, an denen man lange Freude hat − dieser Trend zeichnet sich auch bei Möbeln ab. Doch was macht nachhaltige Möbel aus, wie werden sie hergestellt und woran erkennt man sie?

In diesem Artikel:

  1. Kriterien für nachhaltige Möbel
  2. Massivholzmöbel: Am besten aus heimischen Wäldern
  3. Verwerten und Upcycling: Reste und Gebrauchtes aufmöbeln
  4. Recycling: Aus Müll werden nachhaltige Möbeln
  5. Nachhaltige Möbel erkennen: Siegel und Zertifikate
  6. Cradle gibt 7 Tipps für den Kauf von nachhaltigen Möbeln

Christian Mascheck
Fachautor CRADLE

Kriterien für nachhaltige Möbel

Holz ist gut, Plastik ist schlecht? So einfach ist es nicht. Nachhaltige Produkte zeichnet aus, dass wir mit ihrer Herstellung nicht die Lebensgrundlagen künftiger Generationen gefährden. Das heißt unter anderem:

  • kein Raubbau an Rohstoffen,
  • eine klimafreundliche CO₂-Bilanz,
  • eine möglichst geringe Umweltbelastung,
  • soziale Aspekte wie Arbeitsbedingungen und faire Löhne.

Daraus ergeben sich eine Reihe von Kriterien für nachhaltige Möbel

Esstischgruppe von Grüne Erde
Die Beschreibung des filigran geformten Esstisches Tenso von Grüne Erde liest sich wie das Pflichtenheft der Nachhaltigkeit: „Tischplatte aus Vollholz; Holz aus nachhaltiger, mitteleuropäischer Forstwirtschaft, tischlerhandwerklich sorgfältig verarbeitet, metallfrei, von Hand mit natürlichem, lösemittelfreiem Pflegeöl eingelassen.“
Foto: Grüne Erde
  • Materialauswahl: Holz und andere nachwachsende Rohstoffe wie Bambus, Rattan oder Pflanzenfasern müssen aus nachhaltiger Bewirtschaftung bzw. nachhaltigem Anbau stammen. Eine Alternative zu natürlichen Rohstoffen sind Recyclingmaterialien, z.B. aus Holz-, Metall- oder Kunststoffabfällen, die als Material für nachhaltige Möbel verwendet werden können.
  • Herstellungsprozess: Der Energieaufwand für die Herstellung sollte möglichst gering sein oder durch erneuerbare Energien gedeckt werden.
  • Transport: Für eine günstige CO₂-Bilanz von Möbeln sind möglichst kurze Wege vom Rohstofftransport bis zur Auslieferung an den Kunden wichtig. Dabei spielt auch die Art der Verpackung eine Rolle.
  • Design: Zeitloses Design, vielseitige Verwendbarkeit oder ein modularer Aufbau tragen dazu bei, dass ein Möbelstück lange genutzt werden kann.
  • Langlebigkeit: Nachhaltige Möbel sind so konstruiert, dass sie leicht repariert oder wiederverwendet werden können. Im Idealfall bieten Hersteller Ersatzteile und einen Reparaturservice an.
  • Umweltverträglichkeit: Alle Inhalts- und Hilfsstoffe wie Leime, Farben oder Lacke sollten schadstoffarm sein, um die Umwelt nicht zu belasten und die Gesundheit der Menschen nicht zu gefährden.
  • Recyclingfähigkeit: Im Sinne einer Kreislaufwirtschaft sollen nachhaltige Möbel so lange wie möglich wiederverwendet und am Ende ihres Lebenszyklus zu neuen Produkten recycelt werden. Dies ist umso einfacher, je weniger unterschiedliche Materialien in einem Möbelstück enthalten sind.
  • Sozialverträglichkeit: Um faire Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne zu gewährleisten, sollten nachhaltige Möbel überwiegend in Deutschland oder Europa hergestellt werden. Auch die Zulieferer sollten überprüft werden.

Die folgenden Beispiele zeigen, auf welchen unterschiedlichen Wegen diese Kriterien umgesetzt und nachhaltige Möbel entstehen können.

Massivholzmöbel: Am besten aus heimischen Wäldern

Zwei Kinder spielen an einem Spielbett aus Holz
Vor allem im Kinderzimmer kommt es auf wohngesunde, nachhaltige Möbel an.
Foto: Team7

Nachwachsender Rohstoff, robust, langlebig, wiederverwendbar und recyclebar: Massivholz bringt beste Eigenschaften für die Herstellung nachhaltiger Möbel mit − vorausgesetzt, es stammt aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Dafür steht vor allem das FSC-Siegel für zertifizierte Holzprodukte.

Holz aus Europa ist aber schon wegen der langen Transportwege Tropenholz vorzuziehen, auch wenn letzteres zertifiziert ist. Ein nachhaltiges Holzmöbel sollte möglichst wenig andere Materialien enthalten und so wenig wie möglich behandelt sein, zum Beispiel nur mit natürlichen Ölen oder Wachsen.

Beispiele

Namhafte Hersteller von nachhaltigen Massivholzmöbeln in modernem Design sind Team7 und Grüne Erde, die beide ausschließlich europäisches Holz verwenden und in Europa produzieren.

So erkennen Sie nachhaltiges Holz

Holz ist nicht gleich Holz. Verbraucher sollten auf eine nachhaltige und ökologische Herkunft achten, um Raubbau in den Wäldern zu vermeiden. In unserem Beitrag erfahren Sie, wie Sie nachhaltiges Holz erkennen »

Verwerten und Upcycling: Reste und Gebrauchtes aufmöbeln

Recycling-Möbel im Esszimmer
Die Maxime von Ulf Geyersbach über seine recycelten Möbel: „Die Hölzer haben ihren Pflichtteil längst absolviert. Nun, in ihrem zweiten Leben, leisten sie ihre Kür.“
Foto: Geyersbach recycled furniture

Verwerten statt wegwerfen ist ein Leitmotiv der Nachhaltigkeit. Beispielsweise können Holzreste, die bei der Herstellung größerer Möbel anfallen, zu Kleinmöbeln weiterverarbeitet werden. So entstand bereits in den 1990er Jahren aus vier Eichenstümpfen der Hocker „Backenzahn“ von Philip Mainzer − heute eine Design-Ikone. Aus Bauholz oder ausrangierten Möbeln entstehen durch Upcycling neue Lieblingsstücke, in Designschmieden ebenso wie in kleinen Werkstätten.

Was ist Upcycling?

Beim Upcycling werden alte Gegenstände, die sonst im Müll gelandet wären, kreativ weiterverwendet und zu neuen Produkten verarbeitet. In unserem Beitrag haben wir das genauer erklärt: Was ist Upcycling?

Beispiele

Der ehemalige Berufsschullehrer Joachim Herzel aus Ludwigsburg fertigt Hocker, Tische, Stühle und andere Möbel aus gebrauchten Lattenrosten.

Beim Designer Ulf Geyersbach bekommen Dielen, Türfüllungen oder alte Schubladen ein zweites Leben als Tisch, Bank, Bettkasten oder Sideboard.

Möbel aus Müll

Sogenannte Abfallstoffe – vor allem Kunststoffverpackungen, aber auch Holzreste, Metallschrott oder Biomüll – sind inzwischen wertvolle Quellen für eine neue Möbelkategorie: die Recycling-Designmöbel. Hier stellen wir Beispiele für Design-Recyclingmöbel vor »

Recycling: Aus Müll werden nachhaltige Möbel

Möbel des Herstellers WYE fliegen durch die Gegend
Dafür wird kein Baum gefällt: „Neolign“ ist ein von WYE entwickeltes, kreislauffähiges Material auf Holzbasis. Es besteht zu 83% aus Holzspänen, einem Nebenprodukt der Holzindustrie, Farben und Polymeren.
Foto: Wye-Design

Ein weiterer Ansatz für nachhaltige Möbel ist der Ersatz von Massivholz oder herkömmlichen Kunststoffen in der Möbelproduktion durch Werkstoffe aus Recyclingmaterial. Da die Herstellung von Recyclingprodukten mit einem höheren Energieaufwand verbunden ist, sollten hier im Sinne einer Kreislaufwirtschaft nur anderweitig nicht verwertbare Abfälle wie Holz- und Pflanzenreste, Plastikabfälle oder Metallschrott eingesetzt werden.

Beispiele

Das Unternehmen WYE entwickelte aus Holzspänen der Sägeindustrie den Werkstoff „Neolignin“. WYE stellt daraus Möbel her, die sowohl für ihre Nachhaltigkeit als auch für ihr Design mehrfach ausgezeichnet wurden.

Das dänische Unternehmen Mater recycelt Kaffeebohnenschalen oder Sägespäne in Kombination mit einem aus Kunststoffabfällen gewonnenen Bindemittel zu dem sehr haltbaren, wasserabweisenden Material „Matek“ und stellt daraus vor allem Sitzmöbel her. Optisch erinnert der innovative Werkstoff je nach Farbe des Ausgangsmaterials an Naturstein oder Terrazzo. Mater experimentiert ständig mit neuen Recyclingmaterialien und -verfahren, zum Beispiel mit gebrauchtem Kunstrasen. Produziert wird in Lettland, die Energie stammt aus Wasserkraft.

Nachhaltige Möbel erkennen: Siegel und Zertifikate

Es gibt eine Vielzahl von Labels, die belegen sollen, dass ein Möbelstück nachhaltig und umweltfreundlich ist. Oft handelt es sich um sogenannte  private Labels, z.B. von Herstellerverbänden, die nicht unabhängig kontrolliert werden. Als Orientierungshilfe können die folgenden Labels dienen.

RAL-Gütezeichen „Möbel Zirkulär Nachhaltig“ Das 2023 neu eingeführte Label der Deutschen Gütegemeinschaft Möbel (DGM) verbindet die bereits vom Gütezeichen „Goldenes M“ bekannten Kriterien wie Sicherheit, Stabilität, Gesundheits- und Umweltverträglichkeit mit Nachhaltigkeitsaspekten wie Klimaneutralität, Energieeffizienz, soziale Verantwortung, Recycling- und Reparaturfähigkeit.

FSC-Siegel Das Siegel des Forest Stewardship Council zertifiziert weltweit Holzprodukte aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Es gilt als eines der strengsten Prüfsiegel für Waldbewirtschaftung, wird aber von Umweltverbänden wegen der Zertifizierung von Tropenholz aus Naturwäldern kritisiert.

PEFC-Siegel International anerkanntes Siegel für Holzprodukte aus überwiegend nachhaltiger Waldbewirtschaftung, jedoch weniger streng als das FSC-Siegel.

Naturland-Label Vor allem als deutschlandweites Qualitätszeichen für Bio-Lebensmittel bekannt, zertifiziert Naturland auch Holz und Holzprodukte aus ökologischer Waldwirtschaft mit strengen Kriterien für die gesamte Lieferkette.

ÖkoControl Bis 2022 hat der Verband ökologischer Einrichtungshäuser e.V., ein Zusammenschluss unabhängiger Möbelhändler, selbst Möbel nach Nachhaltigkeitskriterien mit dem ÖkoControl-Siegel zertifiziert. Inzwischen hat der Verband die eigene Zertifizierung eingestellt und das Siegel durch das Zeichen „ÖkoControl empfohlen“ ersetzt. Empfohlen werden Partner aus einem Netzwerk ökologisch orientierter Möbelhändler und -hersteller.

Cradle gibt 7 Tipps für den Kauf von nachhaltigen Möbeln

  1. Fragen Sie sich vor dem Kauf: Brauche ich ein neues Möbelstück oder kann ein vorhandenes repariert werden?
  2. Es muss nicht immer neu sein. Auf Second-Hand-Märkten oder in Recyclinggeschäften finden Sie oft eine große Auswahl.
  3. Holzmöbel sollten aus europäischem, besser noch regionalem Holz hergestellt sein.
  4. Labels und Gütesiegel sind Orientierungshilfen, sollten aber nicht das einzige Auswahlkriterium sein. Für kleine Anbieter nachhaltiger Produkte beispielsweise ist eine Zertifizierung oft zu aufwändig.
  5. Wählen Sie Möbel, die Sie lange und flexibel nutzen können, eventuell auch nach einem Umzug.
  6. Kaufen Sie nach Möglichkeit lokal, um lange Transportwege zu vermeiden.
  7. Wählen Sie möglichst einfach gestaltete Produkte mit wenig Material, die leichter zu reparieren sind und informieren Sie sich beim Hersteller oder Händler über Reparaturservice und Ersatzteile.