Möbel aus Pappe: Vorteile, Nachteile und Einsatzzwecke

Familie springt aus einem Bett aus Pappe
Foto: Room in a box

Auf Pappe sitzen, schlafen oder essen? Das hört sich zunächst seltsam an, ist aber ein modernes und nachhaltiges Wohnkonzept. Möbel aus Pappe sind überraschend stabil, flexibel einsetzbar und eine umweltfreundliche Alternative zur Massenware aus großen Möbelhäusern.

In diesem Artikel:

  1. Möbel aus Pappe: Von der Nische zum Trend
  2. Für Möbel aus Pappe gilt: Nachhaltigkeit first!
  3. Vorteile von Möbeln aus Pappe
  4. Für wen eignen sich Möbel aus Pappe?
  5. Auf einen Blick: Die Vor- und Nachteile von Möbeln aus Pappe

Christian Mascheck
Fachautor CRADLE

Möbel aus Pappe: Von der Nische zum Trend

Die Idee, Möbel aus Pappe zu fertigen, ist nicht neu. Bereits Ende der 1960er-Jahre stellte der deutsche Designer Peter Raacke den Pappsessel „Otto“ vor, der in seiner puristischen Form heute noch hochaktuell wirkt. Star-Architekt Frank Gehry kreierte 1972 den „Wiggle Side Chair“ aus geschwungener Wellpappe.

Darüber hinaus war die Zeit wohl noch nicht reif für Möbel aus Pappe, sie blieben ein Nischenprodukt. Doch jetzt hat Pappe gute Chancen, zum neuen Trendmaterial für Möbel zu werden – aus guten Gründen.

Für Möbel aus Pappe gilt: Nachhaltigkeit first!

Regal, Lampe und Hocker aus Pappe
Papp-Office: Selbst die Lampe ist aus Pappe.
Foto: Room in a box

In Zeiten des Klimawandels und gefährdeter Umwelt muss sich jedes Konstruktionsmaterial an seinem ökologischen Fußabdruck messen lassen. Und hier punktet Pappe für Möbel, denn sie kann zu einem großen Teil aus recyceltem Altpapier hergestellt werden. Und die Möbel können am Ende ihrer Nutzungszeit wieder dem Recycling zugeführt werden. Das ist ganz im Sinne einer ressourcenschonenden, nachhaltigen Kreislaufwirtschaft.

Hersteller von Pappmöbeln wie „Room in a Box“ oder „Stange Design“ verwenden nach eigenen Angaben zwischen 60 und 80 Prozent Altpapier für ihre Möbelstücke. Der für die Stabilität erforderliche restliche Anteil von Frischfasern stammt aus FSC-zertifizierter Waldwirtschaft.

Vorteile von Möbeln aus Pappe

Möbel aus Pappe - Kommode und Hocker
Der Hocker „Maks“ und sein Regalzwilling: Stabile Büromöbel von Pappe.
Foto: Stange Design

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint: Pappmöbel sind ausgesprochen stabil. Dafür sorgt der spezielle Aufbau von Well- oder Wabenpappe. Selbst einer unglaublichen Last von 1000 Kilo hielt der kleine Hocker „Maks“ von „Stange Design“ in einem Test stand. Dabei wiegt er selber gerade mal ein Kilo!

Für die Ewigkeit gemacht sind Pappmöbel natürlich nicht, mit einer Lebensdauer von bis zu zehn Jahren kann man aber im Allgemeinen rechnen. Manches herkömmliche Billigmöbel kann da nicht mithalten. Auch ein umgekipptes Wasserglas ist kein Problem für einen Papptisch, wenn er schnell trocken gewischt wird. Fürs Badezimmer eignen sich Pappmöbel jedoch nicht.

Bettgestell aus Pappe
Das Bett aus unserem Aufmacherbild ohne Matratze und Bettwäsche. Die Struktur ist einfach, aber aufgrund des Wabenaufbaus extrem stabil.
Foto: Room in a box

Was macht Pappe so stabil?

Möbel aus Pappe werden überwiegend aus Wellpappe hergestellt, wie sie auch für Versandkartons benutzt wird. Das Grundprinzip: Gewellte Papierbahnen werden mit glatten Deckpapieren zu ein-, zwei- oder dreiwelliger Wellpappe verklebt. Je nach Verwendungszweck gibt es verschiedene Wellenhöhen und -formen. Besonders stoß- und druckfest und dabei auch für stark beanspruchte Pappmöbel ist Wabenpappe. Die sechseckige Struktur ist vom Aufbau der Bienenwabe inspiriert.

Möbel aus Pappe kann man einfach auf- und abbauen

Welche Schraube gehört wohin? Verzweifeltes Haareraufen beim Aufbau gibt es bei Möbeln aus Pappe nicht. In der Regel müssen Regale, Tische, Kommoden oder Hocker nur noch zusammengesteckt werden, selten wird zusätzlich geklebt oder geleimt. Manche Möbel werden auch komplett geliefert, wie zum Beispiel die Betten von „Room in a Box“: Sie werden zu Hause einfach wie eine Ziehharmonika auseinandergezogen - fertig!

Möbel aus Pappe sind vielseitig und flexibel

Regal aus Pappe
Von außen sieht das Pappregal aus wie ein herkömmliches Regal, z. B. aus MDF-Platten, doch unter der glatten Oberfläche verbirgt sich tatsächlich nur Pappe. Das macht den Transport und Aufbau besonders leicht.
Foto: Papercomb

Da sie Leichtgewichte sind, lässt sich mit Möbeln aus Pappe schnell mal die Einrichtung verändern. Viele Produkte sind multifunktional gedacht, etwa als Hocker, Beistelltisch oder Ablage. Mit einfachen Steckverbindungen sind Pappmöbel auch optimal für Modulsysteme geeignet, die sich flexibel gestalten und immer wieder ergänzen lassen, so zum Beispiel die Regale von „Papercomb“ oder „Pappcultur“. Beim Hersteller „Kartent“ kann man Schubladen in individuellen Maßen bestellen.

Günstige Preise: Möbel aus Pappe überzeugen beim Preis

Günstiges Material und geringe Produktionskosten schlagen sich in relativ günstigen Verbraucherpreisen für Pappmöbel nieder. Einfache Regalmodule oder Hocker ab etwa 20 Euro, Bettgestelle ab 150 Euro, komplette Regalwände im dreistelligen Eurobereich - um nur einige Beispiele zu nennen. Preisunterschiede gibt es in der Ausführung, z. B. ob die Möbel eine „rohe“ braune Oberfläche haben oder mit weißem Papier bezogen sind.

Für wen eignen sich Möbel aus Pappe?

Leicht, flexibel, preiswert: Mit diesen Eigenschaften sprechen Möbel aus Pappe vor allem junge, mobile Zielgruppen an, die aus beruflichen oder anderen Gründen noch häufiger umziehen werden. Im unteren Preissegment sind Pappmöbel auch für Studierende gut geeignet. Wer sich bereits längerfristig, eventuell im eigenen Haus niedergelassen hat, wird für Wohn- und Schlafzimmer eher die Klassiker aus Holz bevorzugen.

Aber auch für das Gästezimmer oder Homeoffice können die flexiblen Leichtgewichte durchaus eine Alternative sein. Firmen wie „NaturDesign Pappmöbel“ oder „Kurtl“ bieten eine große Auswahl an Büromöbeln für private und gewerbliche Zwecke.

Auch im Kinderzimmer sind Pappmöbel willkommen. Die Kleinen können sie leicht bewegen und mit Wachsmalkreide kreativ gestalten. Eine große Auswahl an Kindermöbeln, Spielhäusern und Spielzeug gibt es zum Beispiel bei „Kartent“. Auch Haustierbedarf wie Körbchen oder Katzenhöhlen findet man hier.

Haustiermöbel aus Pappe
Sogar Haustiermöbel und Kombinationsprodukte mit mehreren Nutzungsmöglichkeiten gibt es aus Pappe.
Foto: Kartent

Innovative Baustoffe auf Papierbasis

Da geht noch mehr: Die Verwendung von Altpapier soll nicht bei Möbeln aus Pappe aufhören. So hat das Hamburger Start-up „Zrkular“ einen temporär verlegbaren und vollständig recycelbaren Papierboden namens „Paprfloor“ entwickelt, der im Messebau eingesetzt wird. Weitere Produkte für die Dämmung oder den Innenausbau sind in der Entwicklung.

Auch die TU Darmstadt beschäftigt sich im Rahmen des Projekts BAMP! seit mehreren Jahren mit dem Thema „Bauen mit Papier“. Eine Idee sind beispielsweise Papierziegel, die eines Tages herkömmliche Ziegel beim Bauen ersetzen könnten.

Mit dem in den Niederlanden entwickelten „Wikkelhouse“ gibt es bereits ein Mausmodell, das komplett aus Pappe gebaut ist. Die Gebäudehülle aus 24 Lagen Wellpappe wird allerdings durch eine Kunststoffmembran vor Regen geschützt. In diesem Artikel auf Mein EigenHeim wird gezeigt, wie das funktioniert und wie das Mini-Haus von innen und außen aussieht »

Auf einen Blick: Die Vor- und Nachteile von Möbeln aus Pappe

Vorteile Nachteile

+ Nachhaltig hergestellt aus recyceltem Altpapier

+ Sehr stabil und trotzdem sehr leicht

+ Bei richtiger Pflege jahrelang haltbar

+ Leicht aufzubauen und zu transportieren

+ Günstiger Preis im Vergleich zu konventionellen Möbeln

− nicht für Feuchträume geeignet

− Kürzere Lebensdauer als konventionelle Möbel

− Empfindlichkeit gegenüber Hitze und Feuer

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