Gesundheitliche Gefahren von Asbest
Asbest ist Teufelszeug und Tausendsassa in einem. Das Material ist einerseits extrem robust und hitzebeständig, galt daher als idealer Werkstoff. Die andere Seite der Medaille sind die gesundheitsgefährdeten Eigenschaften von Asbest, die erst relativ spät ans Licht kamen – oder lange Zeit einfach ignoriert wurden, so wie es heute in vielen Schwellenländern immer noch geschieht.
In diesem Artikel erklären wir, welche gesundheitlichen Gefahren von Asbest ausgehen.
Gefährlicher Stoff: Was ist Asbest?
Asbest ist ein in der Natur vorkommendes, silikatisches Mineral mit einer faserartigen Struktur. Die einzelnen Asbestfasern können bis zu zwei Mikrometer klein sein (ein Mikrometer = ein tausendstel Millimeter).
Als Baumaterial weist Asbest nahezu perfekte Eigenschaften auf, denn es ist:
- chemisch sehr stabil
- langlebig
- extrem hitzebeständig und feuerfest
- zugfest
- elastisch
Asbest: Die lauernde Gefahr in unseren Häusern
Asbest findet sich noch heute in vielen Häusern. Und zwar praktisch überall: von der Dacheindeckung über Fassadenplatten, als Hitzeschutz und Dämmmaterial bis hin zur Unterlage von Fußbodenpaneelen, im Zement, Putz und Fliesenkleber.
Wie Sie erkennen, ob Asbest in Ihrem Haus verbaut wurde, wie Sie die Materialien entfernen und sanieren, erklären wir in diesem Artikel: Asbest erkennen und entsorgen »
Asbest: Hätten Sie es gewusst?
- In etwa einem Viertel der vor 1995 errichteten Gebäude taucht Asbest in Spachtelmassen und Fliesenklebern auf.
- Bei bis zu 90 Prozent der Häuser, die zwischen 1960 und 1993 gebaut wurden, findet sich Asbest.
- 70 Prozent des Asbests in unseren Häusern wurde als Asbestzement eingebracht.
Asbest lässt sich sehr gut mit anderen Materialien verbinden und daher ist die Palette der möglichen Mischprodukte fast unbegrenzt. Entsprechend häufig wurde Asbest im Bau verwendet: als Zement, Dämmmaterial, Fassadenplatte, Dichtung, Formmasse, Kleber, Putz- und Spachtelmasse.
Aber nicht nur im Bau, sondern zum Beispiel auch bei der Konstruktion von Fahrzeugen – dort etwa als Bremsbeläge – kam Asbest massenhaft zum Einsatz. 1993 wurde Asbest wegen der Gesundheitsgefahren in Deutschland verboten.
Asbestose: Welche gesundheitliche Gefahr geht von Asbest aus?
Asbest ist kein Gefahrenstoff, der über die Haut wirkt, sondern über das Einatmen. Asbest ist hochgradig krebserregend. Die winzigen Asbestfasern können dabei besonders leicht eingeatmet werden. Sie dringen bis in die Lunge vor und können dort vor allem zwei Erkrankungen auslösen: Asbestose und in dessen Folge eine Tumorerkrankung.
Wer Asbestfasern eingeatmet hat, entwickelt meist zunächst eine Asbestose: Die eingeatmeten Asbestfasern reizen die Lunge und können aufgrund der Materialeigenschaften nicht wieder abgeatmet oder ausgehustet werden. Abgebaut werden können sie ebenfalls nicht. Daher kommt es zu einer sich langsam aufbauenden Verhärtung von Lungengewebe. Das liegt daran, dass die Asbestfasern das Lungengewebe fortwährend reizen, es zu einer chronischen Entzündung kommt und das Gewebe vernarbt. Man spricht von einer sogenannten Lungenfibrose.
Symptome einer Asbest-Erkrankung
Die Symptome der Asbestose treten zunächst vor allem bei Anstrengung auf:
- Luftarmut
- erschwerte Atmung
- eingeschränkte Sauerstoffversorgung des Körpers
Wenn die Erkrankung fortschreitet, treten Atemprobleme auch im Ruhezustand auf.
Asbestose ist bereits in den 1930er-Jahren als Berufskrankheit anerkannt worden. Die Latenzzeit – also die Zeitspanne zwischen der Aufnahme der Asbestfasern und dem Ausbruch der Krankheit – ist sehr lang: Sie kann leicht 10, 20 oder gar 30 Jahre betragen. Entsprechend schwierig ist beispielsweise die Beweisführung mit der betrieblichen Unfallversicherung.
Asbest eingeatmet: Welche Langzeitfolgen drohen
Als Langzeitfolgen der Asbestose können viele Jahre später weitere Lungen- und Atemwegserkrankungen auftreten: Die schwerwiegendsten sind:
- Lungenkrebs,
- Kehlkopfkrebs
- das sogenannte Pleuramesothelion, eine Form des Brustfellkrebses
- die Beteiligung von Lungen- und Rippenfell
Die Diagnostik der mit Asbest assoziierten Krankheiten erfolgt vor allem über die Anamnese und Erforschung etwa des (früheren) Arbeitsplatzes, Lungenfunktionsdiagnostik, Lungenspiegelung, Röntgen und Computertomografie.
Die Behandlung ist nicht möglich. Es gibt keine Therapie. Das Fortschreiten der Erkrankung kann vor allem durch das Vermeiden von Asbest-Exposition und die Symptomatik der Sauerstoffunterversorgung durch eine Sauerstofftherapie gelindert werden.
Asbest-Gefahr: Unrühmliche Statistik
- Asbest ist für sehr viele lungenbedingte Krankheiten verantwortlich. Jährlich ertranken schätzungsweise 1.500 bis 2.000 Menschen an einer mit Asbest assoziierten Krankheit.
- Gemäß den Angaben des Nationalen Asbestprofils Deutschland war der berufliche Umgang mit Asbest im Jahr 2017 für 63 Prozent aller Todesfälle infolge einer Berufskrankheit verantwortlich. Zwischen 1994 und 2017 wurden über 34.000 Todesfälle infolge von asbestbedingten Berufskrankheiten gezählt.
- Experten schätzen, dass noch rund 90 Prozent des einst verbauten Asbests noch immer in Wohnungen und Häusern stecken. Besonders betroffen sind Häuser aus den 1960er- und 1970er-Jahren.
Wie hoch ist Ihre individuelle Asbest-Gefahr?
Es reicht theoretisch, sehr wenig Asbest eingeatmet zu haben, sodass noch viele Jahre später gesundheitliche Folgen sichtbar werden. Weil aber selbst die Asbestose erst Jahrzehnte nach dem Einatmen der Asbestfasern auftreten kann, ist der Kausalzusammenhang für viele Menschen nicht immer gleich klar.
Wie schnell verfliegt Asbest?
Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Größe und Menge der eingeatmeten Asbestfasern und die Länge der Exposition spielen eine Rolle für die Erkrankung an einer Asbestose.
Das individuelle Risiko, bei Sanierungsarbeiten im Haus eine Asbestose zu entwickeln, kann vor allem durch Wissen und Vermeidung reduziert werden.
- Prüfen Sie, ob sich tatsächlich Asbest in dem Haus befindet. Wenn ja, sollten Sie den Kontakt unbedingt vermeiden.
- Insbesondere, wenn Sie anfangen zu bohren, zu flexen, Fliesen abzustemmen oder andere Staub verursachende Arbeiten starten, könnten Sie viele Asbestfasern aufwirbeln.
Prävention spielt also eine besondere Rolle. Im Zweifelsfall sollten Sie eine Raumluft- oder Laboruntersuchung der fraglichen Bauwerksabschnitte durchführen. Wie das geht, erfahren Sie in unserem Artikel Asbest erkennen und entsorgen.
Asbest-Gefahr und individuelles Risiko
Unfallkassen rechnen in sogenannten „Faserjahren“, wenn es darum geht, eine Erkrankung als asbestbedingt zu akzeptieren. Ein Faserjahr entspricht ungefähr der eingeatmeten Menge von 2,4 Milliarden Asbestfasern. Diese Menge entsteht, wenn man (berufsbedingt) einer Million Fasern pro Kubikmeter Raumluft an 8 Stunden und 240 Tagen im Jahr ausgesetzt war.
Als Berufskrankheit wird eine asbest-assoziierte Erkrankung anerkannt, wenn der Erkrankte 25 Faserjahre nachweisen kann. Das Krebsrisiko für ein Faserjahr liegt bei 1:1000. Das bedeutet: Eine von 1000 Personen, die den genannten Bedingungen ausgesetzt war, erkrankt an Krebs. Die Fakultät für Arbeitssicherheit der Universität Konstanz bietet – gegen persönliche Anmeldung – einen Excel-Rechner, mit dem Sie Ihr persönliches Risiko berechnen können.
Fazit: Gesundheitliche Gefahren von Asbest
- Asbest ist ein natürliches Mineral mit einer Faserstruktur. Die kleinen, zwei Mikrometer großen Fasern können sehr leicht eingeatmet werden. Sie gelangen in die Lunge, verbleiben dort und reizen sie permanent.
- Nach Jahrzehnten kann sich aus einer chronischen Entzündung eine Asbestose und in deren Folge ein Tumor entwickeln.
- Typische Symptome einer Asbestose sind: Kurzatmigkeit, Atembeschwerden, Sauerstoffarmut.
- Es gibt derzeit keine Heilung von Asbestose, umso wichtiger ist es, gesundheitliche Gefahren durch Asbest in Ihrem Zuhause auszuschließen und vor allem: Asbest nicht einzuatmen.
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