Nachhaltig bauen
Hybridbauweise mit Holz: Der Eisberg
Der “Eisberg” in Berlin-Moabit ist ein Wohngebäude in Hybridbauweise mit Holz. Er ist energieeffizient, die Materialien sind lokal und wiederverwertbar und er bietet viel Wohnraum auf einem kleinen Grundstück. So trägt der Eisberg nicht nur zur Linderung der Wohnungsnot bei, sondern ergänzt obendrein das städtebauliche Gefüge.
In diesem Artikel:
- Leben in Berlin
- Wohnhaus in Hybridbauweise aus Holz
- Flächenmaximierung durch Kreativität
- Flächenbündige Außenhaut versus offene Gerüststruktur
- Lokale Materialien – einfach, funktional, wiederverwertbar
- Weitere Beteiligte und ausführende Firmen
Ein Gastbeitrag von Chris van Uffelen.
Leben in Berlin
In Berlin-Moabit schlossen rundzwei Architekten durch Hybridbauweise mit Holz eine schmale Baulücke mit einem Wohnhaus. Zur Straße hin zeigt sich der sogenannte Eisberg mit seiner hellen Aluminium-Fassade städtisch und kühl. Darüber hinaus bietet die nach Süden ausgerichtete Hofseite mit außenliegender Erschließung maximale Offenheit, viel Licht und großzügige Balkone. Das Niedrigenergiehaus wurde größtenteils aus wiederverwertbaren Materialien gebaut und nutzt das kleine Grundstück optimal aus; Auf nur 100 Quadratmeter Grundfläche entstanden so elf barrierearme Mietwohnungen.
Wohnhaus in Hybridbauweise aus Holz
Das Wohnhaus ist ein typisches Beispiel für Hybridbauweise mit Holz, entwickelt von den rund-zwei Architekten BDA aus Berlin. Der Eisberg besteht aus einem Holzskelettbau mit tragenden Vollholzdecken, Fassadenelementen in Holztafelbauweise, Kalksandstein und Stahlbetonwänden sowie Stahl- und Holzstützen. Soweit wie möglich wurden Holzfertigteile eingesetzt, um den Bauablauf des Hybridbaus zu beschleunigen und die Ausbauarbeiten so gering wie möglich zu halten. Zusätzlich erreicht das Gebäude den Niedrigenergie-Standard KfW 55.
Die feuchtigkeitsabsorbierenden Holz- und Kalkputzoberflächen der Konstruktion und Innenwandbekleidungen sind offenporig und tragen so zur natürlichen Klimatisierung der Raumluft bei. Dies verringert eventuelle spätere Bauschäden durch nicht ausreichende manuelle Lüftung der Mieter. Eine Fernwärme-Heizungsanlage versorgt die Fußbodenheizungen der Wohneinheiten. Der Luftwechsel erfolgt automatisiert und geräuscharm in den Bädern und Küchen sowie durch feuchtegesteuerte Nachtstromöffnungen in den Fenstern. Dadurch kann auf eine komplexe Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung verzichtet werden.
Flächenmaximierung durch Kreativität
Sowohl die unterschiedlichen Fassaden als auch die planerischen Eingriffe zur Flächenmaximierung prägen das Erscheinungsbild des Wohngebäudes. Straßenseitig vergrößert ein geschwungener Erker die Wohnungen. Hofseitig haben die Architekten Marc Dufour-Feronce und Andreas Reeg den Treppenkern und den Fahrstuhl nach außen in den begrünten Hof hinein verschoben. So konnten sie auf dem relativ kleinen Grundstück die maximal mögliche Nutzfläche generieren.
Diesen pragmatischen Umgang mit dem größten baurechtlich machbaren Gebäudevolumen entwickelten sie in Grundrissen und Fassaden architektonisch konsequent weiter.
Vom Erdgeschoss bis zum 4. Obergeschoss ermöglicht die ungewöhnliche Geometrie komfortable Grundrisse für neun Zweizimmerwohnungen mit jeweils circa 55 Quadratmeter Nutzfläche. Die loftartigen Koch-, Ess- und Wohnbereiche reichen von Nord- bis Südfassade. Querlüftung und Ausblicke in beide Richtungen sind dadurch möglich. Alle Wohnungen verfügen über direkt an das Schlafzimmer anschließende Bäder und einen Hauswirtschaftsraum.
Im fünften und sechsten Obergeschoss liegen zwei Maisonettewohnungen mit jeweils 96 Quadratmeter Nutzfläche. Hier hat der zum Hof hin orientierte Koch-, Ess- und Wohnbereich eine doppelte Raumhöhe. Zudem sind alle Wohnungen über den Fahrstuhl stufenlos erreichbar. Auch im Inneren sind alle Wohneinheiten (bis auf die Maisonette-Wohnungen) komplett altersgerecht schwellenfrei ausgeführt.
Flächenbündige Außenhaut versus offene Gerüststruktur
Die symmetrisch und streng gerastert angelegte Straßenfassade in Hybridbauweise ist mit einer nahezu flächenbündigen Außenhaut aus gewelltem Aluminiumblech überzogen. Sie zieht sich als natürliche, fließende Form über den zurückspringenden Eingangsbereich im Erdgeschoss und den elegant aus der Fassade gewölbten Erker. Alle Fenster zur Straße hin können mit Klappläden verschlossen werden. Das Aluminiumblech an deren Außenseiten ist perforiert, sodass das Tageslicht auch im geschlossen Zustand durch die Fenster fällt und der Blick nach draußen somit weiterhin möglich ist.
Nach Süden zeigt der Eisberg ein ganz anderes Gesicht; Eine offene Gerüststruktur trägt und umschließt den in den Hof geschobenen Treppenkern und Fahrstuhl sowie die langgestreckten Balkone vor allen Wohnungen. Durch bodentiefe Fenster dringt die Sonne im Winter weit in die Räume ein. Im Sommer hingegen schützen die durchgehenden Balkonflächen vor zu viel Sonneneinstrahlung, ohne jedoch die Blickverbindung zum hellen Innenhof mit altem Baumbestand zu beeinträchtigen. Im Dachgeschoss sorgt das extensive Gründach für einen Kühlungseffekt während der heißen Monate des Jahres.
Hybridbauweise mit lokalen Materialien – einfach, funktional, wiederverwertbar
Marc Dufour-Feronce und Andreas Reeg legen großen Wert auf einfache, möglichst lokal produzierte und gleichzeitig funktionale Materialien. Deshalb sicherten die Architekten die Balkonbrüstungen und Treppenläufe mit einfachen Edelstahlnetzen. Auch ist der Fahrstuhl lediglich mit einer Streckmetallverkleidung versehen und leuchtend goldgelb lackiert. Ebenso entschied sich das Team von rundzwei für simple aber ästhetisch wertvolle Sichtestrichböden in allen Wohnungen.
Die Holzdecken aus Fichtenholz ließen die Planer ebenfalls unverkleidet, lediglich weiß geölt. Perfekt abgestimmt auf die bodentiefen Holz-Aluminium-Fenster auf der Hofseite und die hölzernen Sitzfenster an der Straßenseite. Bis auf Estrich und Putzflächen sind in dem Wohnhaus alle Baumaterialien nur mechanisch befestigt, um ein späteres Recycling zu erleichtern. Im Idealfall lassen sich Umweltfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit so optimal verbinden, wie bei dem gewellten Aluminiumblech der weißen Nordfassade; Es ist kostengünstig, hat einen hohen Recycling-Anteil und kann zu 100 % wiederverwertet werden.
Weitere Beteiligte und ausführende Firmen
Weitere Beteiligte
Tragwerksplanung
ifb frohloff staffa kühl ecker Beratende Ingenieure PartG mbB, Berlin
Energieplanung/KfW
Enegieberater Land Brandenburg ELB, Brandenburg
Bodengutachten
Geologe Andreas Zill, Berlin
TGA-Planung
ITV GmbH (Ingenieur Team Versorgungstechnik GmbH)
Elektro-Planung
Planungsbüro Oliver Kautz GmbH
Bauleitung
ZRS Architekten und Ingenieure GmbH
Ausführende Firmen
Holzfassade und -fenster
Zimmerei Sieveke GmbH
Holz- und Betonrohbau
Caerus Construction GmbH
Metallbau + Geländer
Uckermetall GmbH
Dachdecker
Fa. Hanebutt Zörner Berlin GmbH
Aufzug
SMW Aufzugsysteme GmbH, Berlin
Trockenbau + Innentüren
BTB Systembau GmbH, Berlin
Estrich
Thiemer Werner Fußbodenservice GmbH, Berlin
Malerarbeiten
Wolfgang Lüttgens GmbH, Berlin
Heizung + Sanitär
Dörr GmbH Lübben
Elektronik
Manfred Küchenmeister Antennen- und Elektroanlagen, Berlin
Bilder: Gui Rebelo
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