Mehr Tageslicht in der Architektur: Strategien und Lösungen
Tageslicht ist Wohlbefinden. Es stimuliert, steuert und entspannt uns. Deshalb müssen wir dem Tageslicht auch in unseren Räumen eine Chance geben. Dieser Beitrag zeigt, welche architektonischen Lösungen es gibt, um mehr natürliches Licht in Gebäude zu bringen. Von großen, geschickt platzierten Fensterflächen über Lichtlenkung bis hin zu innovativen Tageslichtsystemen – eine durchdachte Planung sorgt nicht nur für mehr Helligkeit, sondern auch für besseres Wohlbefinden in Wohnräumen.
In diesem Beitrag:
Dies ist ein (gekürzter) Beitrag aus der aktuellen Print-Ausgabe No. 5 von CRADLE.
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Warum Tageslicht so wichtig für unser Wohlbefinden ist

Die Sehnsucht nach Tageslicht steckt in unserer DNA. Wir haben uns über Jahrtausende in einer Umgebung entwickelt, die vom natürlichen Rhythmus des Tageslichts geprägt war. Erst seit relativ kurzer Zeit, mit der Erfindung des elektrischen Lichts, haben wir uns von diesem Rhythmus gelöst. Das hat natürlich Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden.
Tageslicht ist nicht nur fürs Sehen da, sondern beeinflusst auch unseren Hormonhaushalt, unsere Stimmung und unseren Schlaf-Wach-Rhythmus. Studien zeigen: In natürlich beleuchteten Räumen fühlen sich Menschen wohler, schlafen besser und können sich besser konzentrieren. Bei einer Umfrage in mehreren Büros an der Nordwestküste der USA gaben 90 Prozent der Befragten an, dass Tageslicht am Arbeitsplatz für sie „sehr wichtig“ sei.
Besonders wertvoll ist die morgendliche Lichtdusche: Wenn das blaue Licht des Morgenhimmels auf unsere Netzhaut trifft, synchronisiert es unsere innere Uhr und macht uns wach. Auch sehr helles Kunstlicht kann diesen Effekt nicht ersetzen. Die zunehmende Lichtverschmutzung und das Leben in geschlossenen Räumen führen dazu, dass viele Menschen unter Schlafstörungen, Konzentrationsproblemen und Stimmungsschwankungen leiden. Gesundes Wohnen bedeutet daher auch, ausreichend Tageslicht zur Verfügung zu haben. Das ist nicht nur gut für den Körper, sondern auch für die Psyche. Deshalb sollten Planer und Bauherren dem Licht unbedingt eine Chance geben.
Biophilic Design
ist die Idee, unser Zuhause oder unseren Arbeitsplatz nach dem Vorbild der Natur zu gestalten, um mehr Wohlbefinden, Gesundheit und Produktivität zu erreichen. Dahinter steht die Theorie, dass sich Menschen „von Natur aus“ zur Natur hingezogen fühlen. Tageslicht und Blicke ins Freie gehören neben weiteren Aspekten zu diesem Konzept. In unserem Beitrag erfahren Sie mehr über das spannende Konzept des Biophilic Design »
Tageslichtlenkung gegen dunkle Räume

Die Architektur hat einen großen Einfluss darauf, wie wir das Tageslicht für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden nutzen können. Gebäude sollten so gestaltet sein, dass sie möglichst viel natürliches Licht einfangen und gleichzeitig vor Überhitzung und Blendung schützen. Große Fensterflächen, lichtdurchlässige Materialien und eine geschickte Raumgestaltung sind wichtig dafür, dass wir uns auch in Innenräumen mit der Natur verbunden fühlen und ihre wohltuende Wirkung spüren.
Die Lichtlenkung sollte bereits in der Planungsphase eines Gebäudes berücksichtigt werden. Große Fensterflächen, vor allem nach Süden und Westen, sorgen für viel Tageslicht. Aber auch der Einbau von Fenstern in Dachschrägen oder an anderen ungewöhnlichen Stellen kann dazu beitragen, dass das Licht tiefer in den Raum eindringt.
Tageslichtspots sind spezielle Installationen, die das Sonnenlicht durch kleine reflektierende Röhren in den Raum lenken. Sie eignen sich besonders für Räume ohne direkte Fensterfront, zum Beispiel in Badezimmern oder Fluren. Durch ihre kompakte Bauweise sind sie flexibel einsetzbar und bieten eine kostengünstige Möglichkeit, mehr Tageslicht ins Haus zu bringen. Eine weitere interessante Methode ist es, das Licht mithilfe von Spiegeln und lichtreflektierenden Materialien tiefer in den Raum zu lenken. An strategisch günstigen Stellen können große Spiegel das einfallende Licht verstärken und gleichmäßig im Keller oder unzugänglichen Bereichen verteilen.
Mehr Licht im Reihenhaus: Les Pieds Verts
Drei Freunde − ein Haus: Im ländlichen Erdeven in Frankreich hat eine Gruppe von befreundeten Architekten ein Kollektivprojekt mit Vorbildcharakter umgesetzt. Das Reihenhaus verbindet alle Wohneinheiten mit bioklimatisierten Gewächshäusern − und lässt jede Menge natürliches Licht herein. In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über das tageslichthelle Reihenhaus »
Architektonische Lösungen für mehr Tageslicht in Innenräumen
Dachfenster im Schrägdach

Dachfenster im Schrägdach sind insbesondere bei nachträglich ausgebauten Dachgeschossen der Klassiker, um von mehr Tageslicht zu profitieren: Aus einer muffigen Rumpelkammer wird ein gemütlicher Lieblingsplatz. Die Ausbauvarianten sind vielfältig. Sowohl für Räume mit durchgehender Dachschräge als auch mit Kniestock gibt es Varianten, welche die Fensterfläche bis zum Boden verlängern.
Besonders viel Tageslicht im Dachgeschoss verspricht die Lichtbandlösung. Wer einen balkonartigen Austritt ins Freie wünscht, kann diesen mit einem sogenannten Dachbalkon realisieren. In Dachräumen mit Kniestock kann ein Dachfenster in der Schräge mit einem senkrecht stehenden Zusatzelement kombiniert werden. Dabei gibt es Varianten mit fest verglaster oder öffenbarer Ausführung als unteres Element.
Flachdachlösungen

Viele Flachdachlösungen sind unter anderem als Flachfenster oder mit konvex gebogenem Glas, in quadratischen oder rechteckigen Zuschnitten in verschiedenen Größen, mit Verdunkelungs- und Lüftungslösungen erhältlich. Sogar vormontierte Insektenschutzlösungen sind erhältlich.
Bauherren haben die Wahl: Sollen die Fenster zum Himmel hin fest verglast oder zu öffnen sein? Letzteres ist eine tolle Smart-Home-Option: Per App-Anbindung lassen sich die Fenster motorisch klappen. Regensensoren sorgen dafür, dass es auch dann keine nassen Füße gibt, wenn ein Fenster vergessen wurde.
Lichtschächte und Lichttunnel

Die Lichtleistung eines Tageslichtspots entspricht etwa der einer 60-Watt-Glühlampe. Durch eine Glasscheibe im Schrägdach wird das Tageslicht über einen reflektierenden Lichttunnel direkt in den Innenraum geleitet. So können die Bewohner tagsüber auf künstliche Lichtquellen verzichten und Energiekosten sparen. Auch abends muss niemand im Dunkeln sitzen: Zu späterer Stunde übernimmt eine energieeffiziente LED-Leuchte, die in den als Zubehör erhältlichen Spot integriert ist, die Raumbeleuchtung. Clever: Speziell für Badezimmer lässt sich der Lichttunnel sogar mit einer Lüftungslösung kombinieren.
Lichtspiegel

Kellerräume waren schon immer ein Problem, wenn es um die Versorgung mit Tageslicht ging. Zwar sind dort Lichtschächte vorhanden, aber viel Tageslicht dringt meist nicht ein. Schächte mit Lichtspiegeln sind hier die ideale Lösung, denn sie verwandeln dunkle, ungenutzte Kellerräume in angenehme, tageslichtdurchflutete Wohnräume. Ein rundum verspiegeltes Modul lenkt das natürliche Sonnenlicht über den Lichtschacht in den Keller. Gleichzeitig ermöglicht die Geometrie der Spiegel die Wahrnehmung der Außenwelt durch das Kellerfenster. Je nach Situation ist sogar ein freier Blick in den Himmel möglich.
Glass Floor

Für die Belichtung von zum Beispiel Souterrainwohnungen sind Glass Floors eine besonders elegante Lösung. Doch nicht jeder lässt sich gern buchstäblich auf dem Kopf herumtanzen. Dafür gibt es pfiffige Speziallösungen, bei denen der begehbare Glasboden aus Verbundglas mit Flüssigkristallen besteht. Auf einen elektrischen Wink hin wird das Glas von transparent auf blickdicht geschaltet.
Für die schwierigen Fälle: Tageslichtsimulation
Trotz aller Innovationen gibt es in vielen Gebäuden Raumsituationen, in denen keine Lichtlenkung möglich ist. Dann ist „Pseudo-Tageslicht“ besser als gar kein Tageslicht.

Das System von CoeLux sieht aus wie ein normales Fenster, simuliert aber natürliches Sonnenlicht. Deshalb kann es auch an Decken oder in Bereichen installiert werden, in denen keine echten Fenster möglich sind. Es ist aber auch nicht einfach nur eine Leuchte, denn es bildet die Sonneneinstrahlung und die Lichtfarbe im Tagesverlauf nach.
Die Beleuchtung allein reicht jedoch nicht aus, um das menschliche Gehirn zu täuschen und das Gefühl von Tageslicht zu erzeugen: Dazu ist die Wahrnehmung eines Abstands zwischen Himmel und Sonne notwendig, der durch ein optisches System erreicht wird. Anwender können drei verschiedenen Lichttypen wählen: Nordeuropa, Mittelmeer und Tropen. Diese Lichttypen unterscheiden sich unter anderem im Winkel der Sonneneinstrahlung.
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