Das Quartier Mühlkanal in Salach
Mit dem Quartier Mühlkanal in Salach soll ein durchmischtes und identitätsstiftendes Quartier für rund 800 Bewohner entstehen. Im Fokus liegen gemeinschaftliche Verantwortung für soziale Aufgaben, ein besonderes bürgerschaftliches Engagement und die Entwicklung von Gemeinschaftsflächen als Kommunikationspunkte.
In diesem Artikel:
- Vorstellung: Quartier Mühlkanal in Salach
- Das Vorhaben
- Gemeinsame Quartiersentwicklung
- Beteiligung und Planung (Kooperationen erwünscht, Partner gesucht!)
Ein Gastbeitrag der IBA’27.
Vorstellung: Quartier Mühlkanal in Salach
In Salach wird das Areal der ehemaligen Textilfabrik Schachenmayr zwischen der Bahntrasse Stuttgart-Ulm und der Fils neu geordnet, zusammen mit der ehemaligen Kleingartenanlage »Krautländer« auf der anderen Seite der Bahnlinie. Auf der Industriebrache soll ein sozialgerecht durchmischtes und identitätsstiftendes Quartier für rund 800 Bewohner entstehen. Neben seriellen und modularen ökologischen Neubauten werden die vorhandenen denkmalgeschützten Gebäude saniert und neu genutzt.
Zusätzlich ist ein Mehrgenerationenhaus mit Bürgerpark als Bindeglied zwischen Areal und Ortsmitte geplant. Weitere Schwerpunkte sind die Förderung einer »Caring Community« mit gemeinschaftlicher Verantwortung für soziale Aufgaben, eines besonderen bürgerschaftlichen Engagements und die Entwicklung von Gemeinschaftsflächen als Kommunikationspunkte. Die mit Unterstützung der IBA’27 organisierte Planungswerkstatt für den Städtebau hat das Büro helsinkizurich (Zürich, Helsinki) zusammen mit Cadrage Landschaftsarchitekten (Zürich) für sich entschieden.
Projektträgerin: Gemeinde Salach mit Krause Gruppe, Deutsche Reihenhaus, MEZ
Das Vorhaben
Auf der historischen Industriebrache Schachenmayr-Areal in Salach soll das urban geprägte »Quartier Mühlkanal« entstehen, in dem Wohnen und Arbeiten eng verzahnt sind. Sozialgerecht durchmischt und identitätsstiftend angelegt, werden neue flexible Wohnformen geschaffen, die Platz für bis zu 600 Bewohnerinnen und Bewohner bieten. Die denkmalgeschützten Industriegebäude sollen nachhaltig saniert und umgenutzt werden. Geplant ist zudem ein Mehrgenerationenhaus auf dem Allmendegebiet Krautländer, mit dem nicht nur ein soziales und kulturelles Zentrum, sondern auch Bindeglied zwischen neuem Quartier und der Ortsmitte entstehen soll. Die Gemeinde und die beteiligte Bürgerschaft möchte in dem Quartier zudem die Voraussetzungen für eine “caring community” (sorgende Gemeinschaft) schaffen.
Als eine der ersten Kommunen aus der Region Stuttgart hat sich Salach bereits 2018 mit dem Quartier Mühlkanal für die Teilnahme an der IBA’27 beworben. Für die IBA’27 war die Zusammenarbeit eine Art Prototyp: “Salach hat viel Mut bewiesen und gemeinsam mit der IBA Neuland beschritten”, so IBA-Intendant Andreas Hofer.
Der nächste Schritt
Jetzt wurde mit dem Entscheid der Planungswerkstatt der nächste Schritt vollzogen; Das Konzept des international tätigen Architekturbüros helsinkizurich in Zusammenarbeit mit Cadrage Landschaftsarchitekten ging als klarer Sieger hervor. Aus Sicht des aus Experten, Vertretern der IBA’27 und der Kommune besetzten Beraterteams hat helsinkizurich die komplexe Aufgabenstellung “hervorragend und überzeugend” gelöst. Der Entwurf übertrage viele Ziele der IBA’27 in konkrete Formen.
“Wir sind sehr zuversichtlich, dass der Schwung in Salach über die nächsten Jahre trägt. Im Dialog zwischen Planern, Rathaus, Bevölkerung und Investoren könnte aus dem Quartier ein Vorzeigeprojekt werden, das identitätsstiftend für Salach ist und mit der die IBA beispielhaft für Kommunen im eher ländlichen Raum sein kann.”
IBA-Intendant Andreas Hofer
Weiter geht es nun mit der Konkretisierungs- und Überarbeitungsphase für die Quartiersentwicklung. Den Auftakt dafür bildete die Eröffnung der Ausstellung zur Planungswerkstatt “Quartier Mühlkanal” im Februar 2020. Andreas Hofer stellte dort die eingereichten Arbeiten vor und erläuterte die Entscheidung des Beraterteams. Gleichzeitig war der Abend der Impuls für die dritte Bürgerwerkstatt. die im Mai stattfand. Die Entwürfe der Planungswerkstatt wurden vom 10. bis 17. Februar 2020 im Foyer des Rathauses in Salach ausgestellt.
Gemeinsame Quartiersentwicklung
Mit dem aufregenden städtebaulichen Entwurf für das Quartier Mühlkanal macht sich die kleine Gemeinde Salach im Filstal auf den Weg in die Zukunft. Doch wie ist es dazu gekommen?
Als sich Ende 2018 die Diskussion um die bauliche Entwicklung des Schachenmayr-Areals in Salach intensivierte, war zunächst nur eines klar; Ein einfaches “business as usual” konnte es bei den Planungen für diesen Ort nicht geben. Zu wichtig für die Identität der 8000-Einwohner-Gemeinde schien den Verantwortlichen der Umgang mit den historischen Bestandsgebäuden der ehemaligen Wollfabrik. Die vorgelegten Pläne der Grundstücksbesitzer waren für die Neubebauung zu fragmentiert und lieblos.
Die Stadt gehört den Menschen, die in ihr wohnen
Ein erster Schritt war damals bereits getan; In einem Beteiligungsverfahren zur Neuentwicklung des benachbarten Krautländer-Areals hatten sich die Bürgerinnen und Bürger deutlich und klar für mehr Gemeinschaft, Nähe und Solidarität im Zentrum ihrer Stadt ausgesprochen. Das Leitbild einer “Caring Community” war so entstanden. Eine Gemeinschaft, in der die Menschen dicht zusammen leben und Verantwortung füreinander übernehmen, ein Wohnen, bei dem das Öffentliche eine ebenso große Rolle spielt, wie das Eigene. Kurz, ein lebendiges Stück Stadt. Und nun sollte das ungleich größere Schachenmayr-Areal hinter den Ideen und Wünschen des neu erwachten Gemeinsinns zurückbleiben? Auf einem Gelände, das noch dazu den Menschen ein Stück Fluss zurückgeben konnte?
Mit diesem Auftrag der Bürgerschaft traten die Verantwortlichen der Gemeinde an die Internationale Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBAʼ27) heran. Doch wie konnte Salach das Heft im städtebaulichen Prozess wieder in die Hand nehmen? Wie die Themen setzen für eines der wichtigsten Baugebiete der Filstalgemeinde? Schnell wurde klar; die Schnittmengen mit den Anliegen der Internationalen Bauausstellung sind groß. So groß, dass sich das Stadt- und Regionalentwicklungsformat den Salachern gerne als Vermittler, Impulsgeber und Partner anbot.
Beteiligung und Planung für das Quartier Mühlkanal
Im November 2018 verabredeten sich die Interessensgruppen zu einem ersten Workshop. Die Spitzen der Salacher Gemeindeverwaltung nahmen daran ebenso teil wie Teile des Gemeinderats, die Grundstückseigentümerinnen und potenziellen Investoren, externe Berater sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der IBAʼ27. Die Tagesordnung: Wie kann die Geschichte der Stadt von diesem Ort aus in die Zukunft geschrieben werden? Wie gelingt es, das Schachenmayr-Areal zu einem auch für junge Menschen attraktiven, lebendigen und für unterschiedliche Nutzungen geeigneten Quartier zu entwickeln? Lassen sich die vielfältigen Interessen der Akteure am Tisch zu einem gemeinsamen Leitbild verdichten? Welche Chancen gibt es, welche Zielkonflikte?
Der Workshop machte deutlich, dass das Interesse an einem gemeinwohlorientierten, identitätsstiftenden Städtebau ungleich verteilt ist. Aber eben auch, dass keine Seite sich der besseren Lösung grundsätzlich verweigern würde. Die Vertreter der IBAʼ27 schlugen eine Planungswerkstatt vor. In einem eng von allen Verantwortlichen begleiteten, offen dialogischen Verfahren sollten drei ausgewählte Büros städtebauliche Entwürfe erarbeiten.
Dieses Format bot die Möglichkeit, sich in einem gemeinsamen Diskussionsprozess städtebaulichen Zielen anzunähern. Wichtig war zum einen die Einbeziehung von Expertinnen für Lärmschutz, Denkmalpflege, Landschaftsarchitektur und Städtebau. Durch ihre Anregungen und Überprüfungen wurden schon während des Planungsprozesses die Entwürfe justiert. Zum anderen sollte ein intensiver Dialog mit den Bürgern geführt werden. Diese sollten vor, zwischen und nach der Planungswerkstatt den Planungsteams weitere Hinweise mit auf den Weg geben können.
Zwischenbericht und öffentliche Aussprache
“Die Planungswerkstatt sollte vom ersten Moment an kooperativ sein”, sagt Nina Riewe, Projektleiterin bei der IBAʼ27. “Wir wollten größtmögliche Transparenz, auch zwischen Verwaltung und Bürgern, eine demokratische Auseinandersetzung für ein zentrales Stück Stadt”. Nach sechs Wochen Arbeit reisten die Büros aus Tübingen, Köln und Zürich Ende September 2019 zur öffentlichen Zwischenpräsentation nach Salach.
Und siehe da: Zwischen Planungsprofis, Beurteilungsgremium, Beratern, Verwaltungsspitze und Bürgern entspann sich ein wertvoller, von gegenseitigem Respekt getragener Dialog. Einen ganzen Tag lang wurden die vorgelegten Skizzen diskutiert und erörtert, kamen die lokalen Verhältnisse zu Wort, begegneten die Profis den Fragen und Befürchtungen der gar nicht laienhaft vortragenden Zivilgesellschaft mit Argumenten. Diese Hinweise und Vorschläge im Hinterkopf hatten die Planungsbüros weitere sechs Wochen Zeit, um ihre Entwürfe zu konkretisieren.
Die besten Argumente überzeugen
Diese präsentierten die Büros im großen Saal der kommunalen Stauferlandhalle. Professionell moderiert diskutierten Beurteilungsgremium, Experten und Gemeindevertreterinnen die Konzepte entlang von Leitfragen. Landschaftsräumliche Qualitäten, Verkehrserschließung, Lärm-, Hochwasser- und Denkmalschutz wurden erörtert. Aber auch Baukörper und die dadurch entstehenden Frei- und Sozialräume kamen zur Sprache. Da war es wieder, das Leitbild der “Caring Community”.
“Im Verlauf der Diskussion zeichnete sich der Entwurf von helsinkizurich und Cadrage Landschaftsarchitekten immer deutlicher als die beste Arbeit ab”, sagt IBAʼ27-Intendant Andreas Hofer. Die Entscheidung für das Konzept der Büros aus Zürich fiel in Übereinstimmung der im Saal Anwesenden. Und auch der Gemeinderat stimmte mit großer Mehrheit für den Entwurf der Partnerbüros.
“Indem [der Entwurf] Bestand, Neubau und Grünräume selbstverständlich zueinander anordnet, erzählt er aus der Geschichte heraus eine neue Geschichte und zelebriert auf intelligente Art Einfachheit.”
IBAʼ27-Intendant Andreas Hofer
Beteiligung ist weiterhin ein Kernanliegen
Der Prozess zur städtebaulichen Entwicklung des Schachenmayr-Areals geht weiter. Nun freilich entlang des von helsinkizurich entworfenen Bildes. Investorinnen und Eigentümer wollen überzeugt, offene Fragen erörtert und geklärt werden; Verlagert das autofreie neue Quartier den Verkehr in die umliegenden Viertel? Oder gelingt ein Mobilitätskonzept, das die Menschen aufs eigene Auto verzichten lässt? Wie sieht es aus? Und wenn alle Entwürfe den Fluss als öffentlichen Raum wiederentdecken, ist dann der ursprünglich auf dem Krautländer-Areal geplante Bürgerpark an der Fils nicht besser aufgehoben? Dieser Meinung sind jedenfalls viele Bürger. Wie könnte dann ein Ausgleich zwischen den Flächenbesitzern aussehen? Die transparente Beteiligung der Salacher bei der Gestaltung ihres Quartiers bleibt ein Kernanliegen der Verwaltung. Anfang Februar 2020 wurde die Ausstellung aller Entwürfe eröffnet, der Siegerentwurf ausführlich vorgestellt. Im Mai lud die Gemeinde Interessierte zur dritten Bürgerwerkstatt ein.
Aufruf zum Mitmachen!
Das „Quartier Mühlkanal“ sucht für die beiden denkmalgeschützten Fabrikgebäude auf dem Schachenmayr-Areal noch engagierte Menschen / Stiftungen / Genossenschaften, die sich an der gemeinwohlorientierten Entwicklung der beiden Gebäude beteiligen wollen!
Sie haben Interesse oder möchten sich informieren?
Wenden Sie sich an Bürgermeister Julian Stipp:
Per Telefon: 07162 4008-11
Per Mail: j.stipp@salach.de
Text: IBA’27
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