Nachhaltige Zimmerpflanzen erkennen und kaufen
Nachhaltige Zimmerpflanzen sind bislang auf dem Markt noch eine Seltenheit. Häufig sind unsere grünen Mitbewohner mit Pestiziden belastet oder werden einmal um den Globus geflogen bevor sie bei uns landen. Wir verraten Ihnen, worauf Sie beim Kauf nachhaltiger Zimmerpflanzen achten müssen und wo es faire und nachhaltige Grünpflanzen gibt.
Herkunft und Fairtrade
Vor allem exotische Pflanzen haben es Indoor-Gärtnern angetan. Monstera (siehe links), Calathea und Philodendron machen sich schließlich besonders schön im heimischen Wohnzimmer. Aber die tropischen Pflanzen haben oft einen weiten Transportweg hinter sich. Die Exoten werden nämlich meist in warmen Gefilden gezüchtet, wo ideale Bedingungen für ihr Wachstum herrschen. Erst nach der Anzucht kommen sie dann nach Europa.
Laut BUND stammen die meisten Samen und Jungpflanzen aus Ägypten, Äthiopien, Kenia oder Costa Rica. Das Problem: Nicht nur der Transport ist schädlich fürs Klima. Auch der Anbau in Lateinamerika oder Afrika ist alles andere als nachhaltig und fair. Die Arbeiter der Blumen- und Pflanzenindustrie in den Herkunftsländern bekommen häufig niedrige Löhne und kaum Schutzausrüstung, obwohl sie mit zahlreichen Pestiziden arbeiten.
Für den Verbraucher ist es kaum möglich herauszufinden, wo die neue Zimmerpflanze herkommt. Zwar liegt jeder Pflanze ein Pflanzenpass bei. Darauf ist aber nicht das Ursprungsland verzeichnet. Vielmehr gibt der Pflanzenpass nur das Land an, in dem die Pflanze zuletzt gewachsen ist. Meistens findet sich hier Holland oder Spanien als Herkunftsland. Denn über diese Länder gelangen die meisten Pflanzen nach Europa.
Ob der Ursprung der Pflanze aber tatsächlich in der EU liegt, darüber gibt das Etikett keine Auskunft. Und auch wenn die Pflanzen gänzlich aus der EU stammen, ist ihr ökologischer Fußabdruck oft nicht gerade klein. Denn um tropische Pflanzen hier zu kultivieren sind riesige Gewächshäuser notwendig. Schließlich müssen die feuchtwarmen Bedingungen dann im kalten Europa erzeugt werden. Ein hoher Strom- und Wasserverbrauch sind die Folge.
Pestizide in Grünpflanzen
Beim Pflanzenanbau außerhalb Europas sind die Richtlinien für den Einsatz von Pestiziden oft anders geregelt als hier. Die strengen Richtlinien der EU gelten hier nicht. Und so werden gegen Läuse und Raupen Insektizide gespritzt, gegen Pilze kommen Fungizide zum Einsatz. Auch chemische Wirkstoffe, die die Pflanzen besonders schön machen, werden gerne verwendet.
Diese Pestizide gelangen aber nicht nur im Anbaugebiet in das Wasser und in die Luft und schädigen hier das Ökosystem. Mit dem Import gelangen diese Stoffe, die hier teilweise verboten sind, dann schließlich auch nach Europa und so zu uns nach Hause.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat in einer Studie im Jahr 2014 herausgefunden, dass Pflanzen aus Supermärkten, Gartencentern und Baumärkten zu mehr als 97 Prozent Rückstände von Pestiziden aufweisen. 14 Prozent waren dabei Pestizide, die in der EU nicht zugelassen sind.
Zimmerpflanzenerde: Bitte ohne Torf!
In den meisten Substraten ist Torf enthalten. Aber was ist eigentlich Torf? Torf wird aus Mooren gewonnen. Beim Abbau wird diese Ökosystem meist vollkommen zerstört. Viele Tiere und Pflanzen verlieren so ihren Lebensraum. Und weil Torfböden nur einen Millimeter pro Jahr nachwachsen, ist es nahezu unmöglich, die riesigen Flächen wiederherzustellen.
Aber auch der Abbau selbst ist schlecht für die Natur. Denn das gespeicherte CO2 wird beim Abbau freigesetzt. Deshalb sollten Pflanzenliebhaber immer zu torffreier Erde greifen. Am nachhaltigsten ist übrigens Kompost aus der Kompostieranlage. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) stellt hier einen Einkaufsführer zu torffreier Erde bereit »
Plastikmüll und Pflanzenabfälle
Bei der Produktion von Zimmerpflanzen fällt häufig jede Menge Müll an. Schließlich kommen die meisten Pflanzen im Plastiktopf in die Geschäfte. Und auch die Träger, die sogenannten „Pflanztrays“, in denen die Pflanzen transportiert werden, sind alles andere als nachhaltig. Bei ihnen handelt es sich in 95 Prozent der Fälle um Einwegprodukte. Laut Deutscher Umwelthilfe landen in Deutschland jährlich 150 Millionen dieser Einwegverpackungen zum Pflanzentransport im Müll. Während in anderen Branchen Plastik nach und nach verboten wird, und auf Mehrweg-Systeme umgestellt wird, sind in der Grünen Branche kaum Mehrwegsysteme im Einsatz.
Neben der Verpackung landen aber auch viele Pflanzen im Müll. Ein Phänomen, das von Lebensmitteln im Supermarkt bekannt ist. Alles was kleine Makel aufweist, wird weggeworfen. Im Pflanzengroßmarkt ist das ähnlich. Hat eine Pflanze kleine Makel oder steht zu lange im Regal, wandert sie in den Müll, schließlich möchte der Konsument nur schöne, imposante Pflanzen in seinem Zuhause haben. Das Problem: Nur weil eine Pflanze schön aussieht, heißt das nicht, dass sie auch lange so bleiben wird. Denn eine makellose Pflanze wurde in der Regel schnell hochgezüchtet und mit Pestiziden in ihren Idealzustand versetzt. Sobald sie bei einem Pflanzenliebhaber daheim einzieht, ist es mit Pestiziden vorbei. Die daran gewöhnte Pflanze geht ein und wandert schnell in den Müll.
So erkennen Sie nachhaltige Zimmerpflanzen
Wer nachhaltige Zimmerpflanzen kaufen will, hat in Deutschland leider bisher keine große Auswahl. Denn die Nachfrage nach nachhaltigen Zimmerpflanzen ist immer noch sehr gering. Dennoch steigt sie an. Gerade die jüngere Generation legt hier vermehrt Wert auf nachhaltige und ökologische Produktion.
Wer nachhaltig Zimmerpflanzen kaufen möchte, hat deshalb mittlerweile auch gute Chancen, sich einen nachhaltigen Indoor-Dschungel zu erschaffen. Hersteller, die sich der Nachhaltigkeit verschrieben haben, bieten auf ihrer Website oft umfassenden Einblick in die Produktionskette. Aber auch in großen Geschäften gibt es einige nachhaltige Pflanzen.
Siegel nachhaltiger Pflanzenwirtschaft
Bei Zimmerpflanzen gibt es wie in anderen Bereichen auch verschiedene Siegel, die den Verbrauchern gewisse Rahmenbedingungen der Produktion garantieren. Hier eine Auswahl an wichtigen Siegeln, auf die Sie beim Pflanzenkauf achten können. Viele der Siegel sind schon aus der Lebensmittelbranche bekannt. Aber Vorsicht: Manche Zusätze wie „bienenfreundlich“ sind keine zertifizierten Siegel und geben keine tatsächliche Auskunft über Produktion und Herkunft der Pflanze.
- Für Bio-Pflanzen gibt es wie bei Lebensmitteln verschiedene Siegel zum Beispiel: Bioland, demeter, Naturland oder das EU-Biosiegel.
- Auch das aus anderen Branchen bekannte Fairtrade-Siegel kommt mittlerweile bei Zimmerpflanzen, häufiger aber bei Schnittblumen, zum Einsatz. Es garantiert, dass auf den Fairtrade-zertifizierten Blumenfarmen strenge soziale und ökologische Standards eingehalten werden.
- MPS (Milieu Programma Sierteelt): Dieses Siegel aus den Niederlanden (Ökologisches Programm für den Gartenbau) berücksichtigt Umweltaspekte und soziale Kriterien entlang der gesamten Lieferkette.
- GlobalG.A.P.: Zertifizierungen für Blumen und Zierpflanzen. Die teilnehmenden Farmen setzen sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen ein. Außerdem können sie ihre Produkte mit dem GGN-Verbraucherlabel ausstatten. Der Verbraucher kann dann über eine Identifikationsnummer die Herkunft der Blume oder Pflanze zurückverfolgen.
Shops für nachhaltige Pflanzen
Die oben genannten Siegel sind eine gute Orientierung, wenn Sie im Gartencenter auf der Suche nach nachhaltig produzierten Zimmerpflanzen sind. Auf Nummer sicher gehen Sie aber, wenn sie Shops unterstützen, die sich gänzlich der nachhaltigen und ökologischen Pflanzenzucht verschrieben haben.
Hier finden Sie nachhaltige Zimmerpflanzen:
- Eine Übersicht über Verkaufsstellen von Zierpflanzen in Bioqualität: Bio Zierpflanzen »
- Bei Pasiora dreht sich alles um Sukkulenten. Diese werden im Stuttgarter Gewächshaus selbst gezüchtet. Zur Bewässerung wir hauptsächlich selbst aufgefangenes Regenwasser verwendet. Verpackt werden die Pflanzen in recyceltes oder recyclebares Material.
- Der Online-Shop Bosque ist nach eigenen Angaben ein klimaneutraler Pflanzenshop. Er verzichtet beispielsweise auf Verpackungsmaterial.
Nachhaltige Zimmerpflanzen: Ableger und Tauschen
Eine weitere und sicherlich die umweltschonendste Möglichkeit, um an nachhaltige Zimmerpflanzen zu kommen, ist das Tauschen oder Kaufen von Ablegern und Stecklingen. Gerade bei tropischen Pflanzen ist das am Ende die nachhaltigste Möglichkeit, sein Zuhause zu begrünen.
Stecklinge oder Ableger zum Tauschen oder Kaufen finden sich meist über Online-Plattformen wie eBay-Kleinanzeigen oder Nachbarschaftsportale. Aber auch Tauschbörsen vor Ort oder in Facebook-Gruppen gibt es immer häufiger. Als aller erstes können Sie aber auch immer bei Freunden und Bekannten nachfragen, ob sie Ableger ihrer Pflanzen haben.
Damit Sie selbst auch etwas zum Tauschen haben und die nachhaltige Zimmerpflanzenwelt fördern, können Sie auch selbst aus Stecklinge neue Pflanzen züchten. Das ist ganz einfach, macht Spaß und spart Geld.
Bei der Monstera deliciosa beispielsweise (siehe Bild) schneiden Sie einfach ein Blattpaar mit Luftwurzel unterhalb eines Blattknotens von der Pflanze ab. Lassen Sie dieses in einem Gefäß mit Wasser für rund 6 Wochen bewurzeln lassen. Den bewurzelten Ableger können Sie dann einfach einpflanzen.
Wer dann noch auf torffreie Erde achtet und Töpfe am besten aus langlebigen Materialien kauft ist auf einem guten Weg zum nachhaltigen Urban Jungle.
Bilder: Unsplash, Pixabay, Blumenbüro
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