Urban Gardening mit essbaren Wildpflanzen: Ewilpa
Wie wäre es, wenn man sich aus einem öffentlichen Park mit essbaren Wildpflanzen selbst versorgen könnte? Diese Vision verfolgt Dr. Markus Strauß mit dem Ewilpa-Konzept. Mit dieser Art des Urban Gardenings wäre es möglich, eine gesunde Ernährung natürlich und nachhaltig zu ergänzen. In diesem Beitrag lesen Sie alles über das Konzept, die Grundlagen und Ziele sowie die Umsetzung der bereits bestehenden Ewilpas.
In diesem Artikel:
- Was ist ein Ewilpa?
- Ziele und Umsetzung
- Die ersten Ewilpas in Deutschland
- Rezeptideen
- Über Dr. Markus Strauß
Ein Gastbeitrag der Stiftung Ewilpa.
Was ist ein Ewilpa?
Ein Ewilpa ist ein Essbarer Wildpflanzenpark. Es handelt es sich hier um das von Dr. Markus Strauß entwickelte Konzept der öffentlichen Selbstversorgung aus der Natur mit ausschließlich essbaren Wildpflanzen. Dazu hat er 2015 die Stiftung Ewilpa gegründet. Zwei dieser Parks gibt es schon, der dritte wird als erster innerstädtischer Park in diesem Frühling eröffnet. Zehn weitere Parks sind in der konkreten Projektplanung.
Da sich die Gestaltung und Artenauswahl an den natürlichen Gegebenheiten orientiert, ist der Pflegeaufwand im Vergleich zu herkömmlichen Parks oder landwirtschaftlichen Nutzflächen gering. Essbare Wildpflanzenparks bieten kostenfreie Sammelgelegenheiten für krautig wachsende Wildpflanzen, Wildgemüse, essbare Blüten und Blätter, Obst, Wildobst und Beeren, Nüsse sowie Waldbaumfrüchte.
In Anlehnung an den mittelalterlichen „Allmende-Gedanken“ soll der Zugang für jedermann frei und unentgeltlich möglich sein. Damit dienen sie nicht nur der Versorgung mit ehrlichen und hochwertigen Lebensmitteln, sondern auch dem sozialen Ausgleich. Sie sind zudem ökologisch wertvoller Lebensraum für viele einheimische Pflanzen- und Tierarten.
Die von Dr. Markus Strauß initiierte Stiftung EssbareWildpflanzenParks unterstützt die verschiedenen Initiativen vor Ort mit fachkundigem Rat und wildem Wissen sowie mit projektbezogenen Spenden. Im sogenannten Ewilpa-Film werden die vielfältigen Zukunftschancen eindrucksvoll dargestellt.
Warum wild?
Essbare Wildpflanzen bieten das ganze Jahr über eine gesunde und schmackhafte Bereicherung des Speiseplans. Als Wildpflanzen gedeihen sie ohne menschliches Zutun – sie werden uns von der Natur geschenkt:
- ohne Züchtung, Gentechnik, Dünger, Agrarchemie
- keine langen Transportwege
- weder Verpackung noch Müll
- garantiert frisch
- Nutzung regionaler und saisonaler Ressourcen
Im Vergleich mit Kultursorten enthalten Wildpflanzen ein Vielfaches an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen. Zudem halten sie wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe wie ätherische Öle, Bitterstoffe und Antioxidantien für uns bereit. Wildes Gemüse, Kräuter, Blüten, Salate, Beeren, Früchte und Nüsse sind eine kulinarische Bereicherung und die ideale Grundlage für ein gesundes Leben.
Ein praktisches Beispiel
Das schmackhafte und gesunde Wildgemüse Giersch wächst in der Natur an lichten Stellen im Laubwald, am Waldrand, unter Sträuchern und Hecken und zum Leidwesen vieler Gärtner auch in Gärten. In einem Ewilpa gedeiht er unter Obstbäumen und Sträuchern wie Holunder, Johannisbeere, Aronia, Rose (Hagebutte) oder Himbeeren. Indem man Giersch 2-4 Mal pro Jahr mit Sichel oder Sense abmäht, erhält man bis in den späten Herbst hinein frühlingshaft frisches Gemüse. Von den Essbaren Wildpflanzenparks schließlich auf den Teller! Giersch schmeckt beispielsweise als “Spinat”, als Zutat im Salat oder (zusammen mit Brennnesseln) im Grünen Smoothie!
Zukunftsweisend und inklusiv
Seit Anbeginn der Menschheit vor über 2 Millionen Jahren bildeten essbare Wildpflanzen unsere Lebensgrundlage. Erst mit der Einführung der Landwirtschaft vor einigen tausend – und vor allem im Zuge der industriellen Revolution vor etwas über hundert Jahren – ging das archaische Erfahrungswissen fast gänzlich verloren. Erst heute wird uns in zunehmender Weise dieser Verlust an Lebensqualität bewusst. Die Stiftung EssbareWildpflanzenParks zeigt hier zukunftsweisende Lösungen auf; In möglichst siedlungsnah gelegen Parks kann sich die Bevölkerung selbst versorgen. Darüber hinaus versteht sich ein Ewilpa auch als Bildungsstätte und sozialer Treffpunkt. Hier kann das sichere Erkennen der Wildpflanzen und deren Zubereitung von fachkundigen Beratern erlernt werden.
Ewilpa: Ziele und Umsetzung
Ewilpa Ziele
Bildung (= Stichwort „Grünes Klassenzimmer“): Wiederbelebung von altem Wissen um Pflanzen und ökologische Zusammenhänge; Zubereitung von Speisen, Selbstversorgung; Garten und Landschaftsgestaltung mit essbaren Wildpflanzen
Nachhaltige Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen, ehrlichen Lebensmitteln aus der Natur (Wildgemüse, Kräuter, Wildsalate, Beeren, Obst, Nüsse)
Sozialer Ausgleich durch Wiederbelebung des mittelalterlichen „Allmende Gedankens“
Förderung der Integration durch interkulturelle Begegnungen sowie durch Nutzung der auch bei uns wachsenden essbaren Wildpflanzen aus fremden Kulturen wie zum Beispiel:
- Osteuropa/Russland: Gemeiner Schneeball, Bocksdorn, Sanddorn, Aronia
- Südamerika: Amaranth, Quinoa Melde
- aus den Mediterranen Ländern: Kräuter aus der Familie der Lippenblütler
Sozialer Treffpunkt in der Gemeinde, im Wohnviertel oder im Stadtteil (gemeinsames Sammeln unter Anleitung, Vorträge, Kochkurse, gemeinsame Mahlzeiten
Ökologische Ausgleichsfläche: Ein Essbarer Wildpflanzenpark ist sehr artenreich, bietet vielen Wildtieren einen Lebensraum, die natürliche Bodenfruchtbarkeit und der Wasserhaushalt regenerieren sich
Erholungsgebiet/ Naherholung
Die Einrichtung eines Essbaren Wildpflanzenparks ist ein wertvoller Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung
Zielgruppe
- Kinder & Jugendliche
- Naturliebhaber & Sammler
- Hobbyköche & an Kulinarik Interessierte
- An gesunder Ernährung und Gesundheitsvorsorge Interessierte
- Garten und Streuobstwiesen Besitzer
- Senioren (geben „altes“ Wissen weiter)
Wissenstransfer an Multiplikatoren in folgenden Berufsfeldern
- Lehrer & Erzieher
- Gastronomie, Touristik & Wellness
- Garten und Landschaftsbau, Landwirtschaft
- Heilberufe aller Art
Realisierungsvariationen
Gestaltung eines vielgestaltigen Essbaren Wildpflanzenparks mit unterschiedlichen ökologischen Bereichen (Aue, Feuchtwiese, trockeneres Ackerland, Berghang)
Realisierung eines Essbaren Wildpflanzenparks in einem Hochwasserschutzgebiet als ökologische Ausgleichsmaßnahme möglichst mit Integration der bereits vorhandenen Vegetation und bestehender Strukturen
Möglichkeit einer kompletten Neugestaltung, zum Beispiel nach Abriss alter Industriegebäude
Erschließung des Essbaren Wildpflanzenparks mit naturnah gestalteten Wegen und Sitzgelegenheiten
Installierung eines Infosystems, beispielsweise mit Schautafeln in Verbindung mit QR Codes
Erstellung eines Seminarhauses mit Schulküche, Gruppenraum/Klassenzimmer und sanitären Anlagen
Erschaffung eines Veranstaltungs- und/oder Bildungsprogrammes unter Mitwirkung der Fachberater für Selbstversorgung mit essbaren Wildpflanzen (HfWU) und örtlicher Institutionen (Kindergärten, Schulen, Hochschule, Heilpraktiker, Ärzte, Gastronomen
Wissenschaftliche Begleitung des Projektes durch Hochschulen (Ökologie, Landwirtschaft, Didaktik)
Mediale Begleitung des Projektes als Modellprojekt von überregionaler Bedeutung (aktive, überregionale und nationale PR bei Print und TV Medien)
Voraussetzungen für einen essbaren Wildpflanzenpark
- Flächen in Größenordnung von 30 Ar bis einige Hektar in Siedlungsnähe
- Gute Erreichbarkeit: Radweg, S-Bahn, Bus, Straße
- Begrenzung mit Wildfruchthecke, Zaun (Schutz vor Hunden)
- Ökohaus mit Küche, Seminarraum, WC
- Wegebau: Naturnahe Kieswege, in Hanglage eventuell Treppen aus Naturstein
- Pflegeaufwand: Jährlich 1 bis 2 Mal Mahd der Wiesen und Streuobstwiesen, später erforderlicher Schnitt einzelner Gehölze sowie jährliche Boden Bearbeitung der Acker Brachfläche
Finanzierung
- Vorrangig Nutzung von Gemeinde oder Stadt eigenem Gelände
- Spenden von Firmen, Privatleuten
- Stiftung Essbare WildpflanzenParks
- Fördergelder von Land, Bund, EU
- Ehrenamtliche Mitarbeit von Bürgern, Fachberatern für Selbstversorgung mit Essbaren Wildpflanzen (HfWU) sowie anderen Fachkundigen
Die ersten Ewilpas in Deutschland
Der erste Ewilpa hat am 16. Juni 2018 in Kemnath-Waldeck in der Oberpfalz geöffnet. Dieser erste realisierte und eröffnete Park ermöglicht eine Wildpflanzenvielfalt der besonderen Art mit dem trockenen, felsigen Südhang unterhalb der Burg, mit unterschiedlichen Waldtypen, mit Feldhecken, mit einer Streuobstwiese, mit einer Ackerbrache und mit einer Feuchtwiese. Sieben Flächen befinden sich dabei auf dem Schlossberg und sechs Flächen in der benachbarten Feldflur westlich von Waldeck. Ein fünf Kilometer langer Wanderweg führt durch die Parklandschaft. Insgesamt erläutern 13 Schautafeln die Teilflächen und weisen auf die wichtigsten essbaren Wildpflanzen hin.
Der zweite Ewilpa wurde 2020 in Bad Pyrmont in Betrieb genommen. Weitere Parks befinden sich in der konkreten Planungs- sowie Projektphase; Der dritte Ewilpa wird im Frühling 2021 in Mönchengladbach eröffnet.
Ewilpa in Mönchengladbach
Im Möchengladbacher Stadtteil Eicken entsteht der erste innerstädtische und in sich geschlossene Ewilpa. Initiatorin Meike Koppmann, selbstständige Kräuterpädagogin, pachtet hier für einen symbolischen Euro seit Februar 2020 dauerhaft ein 5.500 Quadratmeter großes Grundstück von der städtischen Entwicklungsgesellschaft Mönchengladbach EWMG.
Bei ihren Aktivitäten für den Aufbau und Betrieb des Ewilpas zählt sie auf die Unterstützung ihres dicht gewebten Netzwerks. Von den zahlreichen Kooperationspartnern seien hier Transition Town Mönchengladbach e.V., die Volkshochschule der Stadt und der benachbarte Kleingartenverein Alsbroich e.V. erwähnt. Die Stadt Mönchengladbach fördert den Aufbau des Ewilpa finanziell sowie logistisch.
Nach der bereits erfolgten Untersuchung des Bodens auf eventuelle Altlasten wurde das Gelände im Februar 2020 geräumt und die verdichtete Erde gefräst. Danach begannen die ersten Pflanzungen und Einsaaten, die Gestaltung der Wege (Hackschnitzelbelag, Wiesenweg, Barfußweg), der Aufbau von Weidenzäunen, der Einzug der Wildbienen einer Imkerin sowie der Bau von Hochbeeten.
Kräuterpädagogin Meike Koppmann realisiert realisiert den Aufbau des Parks mit ehrenamtlichen Unterstützern, die jeden Samstag zu den s.g. Helfertagen mit anpacken. Die Pflanzung der meisten Bäume und Sträucher erfolgte im Herbst 2020.
Rezeptideen
Wildpflanzen sind ein starker Partner zu ökologischen Lebensmitteln, die wir auf dem Wochenmarkt oder im Bioladen erhalten. Sie ergänzen eine naturbelassene und vegetarische Ernährung (mit Smoothies und Pestos, Salaten und Kräuterdips) und erweitern das Spektrum für bekannte Gerichte (wie Spinat, Aufläufe, Kuchen, Pudding, Marmelade, Aufstriche).
Produkte aus dem Bioladen | Ernte aus dem Ewilpa | Kombinierter Genuss | ||
Hirse & Gemüsebrühe | + | Brennnessel-Spinat | = | Mittagessen |
Quinoa & Erdnussmus | + | Wiesenbärenklau (Wiesen-Fenchel) | = | Abendessen |
Buchweizen & Reismilch | + | Obst von der Streuobstwiese | = | Frühstücksbrei |
Olivenöl & Mandeln, Walnüsse oder Haselnüsse | + | Knoblauchsrauke, Bärlauch oder Giersch | = | Pesto |
Datteln | + | wilde Beeren (Brombeere, Aronia) | = | Smoothie |
Durch die Ernte eines Ewilpas kann man Mahlzeit natürlich gesund aufwerten. Sowohl inhaltlich als auch geschmacklich, denn Wildpflanzen sind in allem intensiver.
Rezept für deftigen Meldenkuchen
Hefeteig : Aus 300g Dinkelvollkornmehl, einem ½ Würfel Frischhefe, etwas warmem Wasser, ½ TL Rohrohrzucker (zum Aufgehen der Hefe), 4 EL Olivenöl und 1 TL Salz einen Hefeteig zubereiten. Wildgemüse-Füllung : Meldenblätter, Blüten und Triebspitzen waschen, abtropfen lassen (alternativ sind auch Brennessel- oder Gierschblätter verwendbar). 1 Zwiebel und 1 Knoblauchzehe klein gewürfelt, in etwas Olivenöl dünsten. Melde hinzugeben, mit etwas Wasser ablöschen, abdecken und im Dampf zusammenfallen lassen, vom Herd nehmen.
- 2 Eier, 200 ml Sahne, Salz und Pfeffer in einer Schüssel verquirlen.
- 200g Schafskäse auf einem Teller zerbröckeln
- Backofen auf 175 Grad vorheizen.
Hefeteig nach dem zweiten Gehen flach ausrollen und in die gefettete Form legen, Ränder andrücken. Eine erste Schicht Wildgemüse einfüllen, diese mit dem Schafskäse bestreuen und mit einer weiteren Schicht Wildgemüse belegen. Gleichmäßig mit der Eier-Sahne-Flüssigkeit übergießen. Etwa 35 Minuten backen, warm genießen.
Über Dr. Markus Strauß
Dr. Markus Strauß lebt als freiberuflicher Autor, Berater und Dozent im Allgäu. In Kooperation mit der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) bietet er an deren Weiterbildungsakademie seit 2013 die Deutschlandweit erste und einzige Weiterbildung auf Hochschulniveau im Bereich essbare Wildpflanzen an. Er studierte Geografie, Geologie sowie Biologe in Heidelberg. Forschungsprojekte führten ihn nach Südamerika, zum Himalaya (Nepal) und nach Indonesien. Seit seinem langjährigen autarken und naturnahen Leben beschäftigt er sich mit der Thematik der Selbstversorgung mit essbaren Wildpflanzen.
Sein Werk als Autor umfasst elf Bücher, einen Ernteplaner sowie einen Tischaufsteller als immerwährender Kalender. Für zahlreiche Fachpublikationen schreibt er regelmäßig Beiträge und Essays. Vorträge, Kurzseminare und Kongresse führen ihn durch den deutschsprachigen Raum. Auch im Fernsehen (regelmäßig SWR, dazu ZDF, BR, WDR, ARTE, HR usw.) ist er als Experte sehr gefragt.
Bei allen Tätigkeiten bleibt seine Vision stets im Mittelpunkt: Die (Re-)Integration der essbaren Wildpflanzen in das Alltagsleben und die Alltagskultur sowie die Erschaffung von essbaren Wildpflanzenparks. Die Stiftung EssbareWildpflanzenParks hat Markus Strauß hierfür im August 2015 initiiert. Das Ziel ist die Schaffung von 4.000 Ewilpas, sodass die gesamte Bevölkerung Zugang zu qualitativ hochwertigen, essbaren Wildpflanzen erhält und die Natur wieder aufatmen und erblühen kann.
Dr. Markus Strauß
Aichbaindt 5
87487 Wiggensbach/Allgäu
kontakt@ewilpa.net
www.youtube.com/c/DrMarkusStrauss
www.dr-strauss.net
www.ewilpa.net
Text: Stiftung Ewilpa®
Bilder, wenn nicht anders gekennzeichnet: Unsplash, Pixabay
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter und verpassen Sie keine Neuigkeit oder Aktion.
Jetzt anmeldenWie gefällt Ihnen dieser Beitrag?
Jetzt unseren Newsletter abonnieren – und eine Gratisausgabe des CRADLE-Magazins erhalten!
Newsletter abonnieren