Der DNP Architektur 2021: die Finalisten

Der DNP Architektur wird auch dieses Jahr vergeben. Drei Finalisten stehen schon fest.
Bild: DGNB

Für den DNP Architektur 2021 stehen die Finalisten nun fest: SKAIO in Heilbronn, UNIQUE³ in Saarbrücken und Walden 48 in Berlin.

In diesem Artikel:

  1. Die Finalisten des DNP Architektur 2021
  2. Der Auswahlprozess
  3. SKAIO, Heilbronn
  4. UNIQUE³, Saarbrücken
  5. Walden 48, Berlin
  6. Bauherren und Architekten in der Übersicht
  7. Über die DGNB

Ein Gastbeitrag der DGNB.

“Der DNP Architektur prämiert in Kooperation mit der DGNB herausragende und beispielhafte Leistungen im Bausektor, die Beiträge zur Transformation zu nachhaltigem Leben und Wirtschaften leisten und darüber hinaus große Innovationskraft sowie eine hohe gestalterische Qualität aufweisen.”

 

Die Finalisten des DNP Architektur 2021

Gebäude aus Berlin, Heilbronn und Saarbrücken im Finale des DNP Architektur 2021.

Zwei außergewöhnliche Wohnungsbauten aus Holz und ein umgenutzter denkmalgeschützter Gebäudekomplex sind die Finalisten des Deutschen Nachhaltigkeitspreises Architektur. Sie stehen beispielhaft für die Leistungsfähigkeit des urbanen Holzbaus und den nachhaltigen Umgang mit vorhandener Bausubstanz. Die renommierte Auszeichnung wird in diesem Jahr zum achten Mal gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. sowie der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. vergeben.

 

DGNB Präsident Amandus Samsøe Sattler
Bild: DGNB

„Alle drei Finalisten für den diesjährigen Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur lösen ihre jeweilige Bauaufgabe auf außergewöhnliche, beispielhafte Weise“, sagt DGNB Präsident Amandus Samsøe Sattler. „Sie zeigen in besonderer Weise, wie sich eine gute architektonische Qualität mit innovativen Lösungen und einem hohen Nachhaltigkeitsanspruch kombinieren lassen.“

Der Auswahlprozess

Für eine fundierte und unabhängige Bewertung werden die Sieger und Finalisten beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur in einem zweistufigen Juryprozess ausgewählt, an dem sich namhafte Experten aus den Bereichen Architektur und Bauen, aber auch Experten aus Kommunen, Forschung, Zivilgesellschaft und Politik beteiligen. Nachdem eine DGNB Jury unter dem Vorsitz von Amandus Samsøe Sattler über die nominierten Projekte entschied, wurden die Finalisten und der Sieger in einer zweiten Auswahlrunde durch die Jury des Deutschen Nachhaltigkeitspreises bestimmt. Im Expertengremium unter dem Vorsitz von Prof. Günther Bachmann, Generalsekretär des Rates für Nachhaltige Entwicklung a.D., befanden sich unter anderem Susanne Warzeck, Präsidentin Bund Deutscher Architekten (BDA), Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, sowie DGNB Präsidiumsmitglied Prof. Alexander Rudolphi.

Die Preisverleihung findet am 4. Dezember 2020 im Rahmen des Deutschen Nachhaltigkeitstages in Düsseldorf statt. Die Auszeichnung wird in diesem Jahr durch Caparol, den Bund Deutscher Architekten, die Bundesarchitektenkammer sowie die Bundesstiftung Baukultur unterstützt.

Weitere Informationen im Detail gibt es unter www.nachhaltigkeitspreis.de/architektur und www.dgnb.de.

 

SKAIO, Heilbronn

Das SKAIO in Heilbronn ist mit zehn Geschossen und einer Höhe von 34 Metern das erste und bis heute das höchste Holzhochhaus in Deutschland. Es entstand im Rahmen der Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn, die eine ambitionierte Brachflächen-Revitalisierung mit einem Stadtentwicklungsprojekt sowie unterschiedlich innovativen Bauvorhaben verband. Das SKAIO steht also nicht für sich allein, sondern ist Teil eines umfassenden Konzeptes zukunftsfähiger Stadtentwicklung: sinnvoll im Quartier, kompakt, flächensparend und deshalb bezahlbar, mit einer gut durchdachten Nutzungs- und Nutzermischung, intelligenten Wohnungsgrundrissen und dem Ziel, die Grenzen des Machbaren im Holzbau auszuloten. 60 Mietwohnungen, davon 25 öffentlich gefördert, werden um vier Wohngemeinschaften für bedürftige Menschen und integrierte Gewerbeeinheiten ergänzt.

 

dnp architektur 2021 finalist skaio
Bild: Höfele

Durch die „Vergemeinschaftung“ von Nebenfunktionen gewinnen die zum Teil sehr kleinen Wohnungen ein Maximum an Wohnqualität und haben sozialverträgliche Mieten. Ein gutes Vorbild im Hinblick auf Flächensuffizienz. Ein herausstechendes Merkmal dieses Projektes ist es, dass man sich hier nicht mit dem Bewährten zufrieden gibt, sondern ausprobiert, was als sinnvoll erkannt wurde. So steht das SKAIO als Modellprojekt beispielhaft für die Leistungsfähigkeit urbanen Holzbaus. In die Weiterentwicklung des Landesrechts in Baden-Württemberg zur Verwendung des Baustoffes Holz im Hochhaus sind die Erkenntnisse aus dem Projekt unmittelbar eingeflossen. Das Experiment SKAIO hat den Blick für das Machbare geschärft. Welches Objekt kann das von sich behaupten?

Dabei bleibt das Projekt unideologisch: Weil sie sich im Lebenszyklus als sinnvoll erwiesen, wurde die Fassadenverkleidung mit vorgehängten, hinterlüfteten Aluminiumelementen verkleidet. Konsequent wurden Fragen der Rückbaubarkeit konstruktiv bearbeitet und das Cradle to Cradle-Prinzip verfolgt. Im Rahmen der DGNB Zertifizierung wurde darüber hinaus eine Lebenszykluskostenanalyse durchgeführt.

Hier wollte man genau wissen, ob die ehrgeizigen Ziele wirklich eingelöst werden. Auch deswegen kann das SKAIO prototypisch für Innovation im Bauwesen gesehen werden.

UNIQUE³, Saarbrücken

Das UNIQUE3 ist ein umgenutzter, denkmalgeschützter Gebäudekomplex der ehemaligen SiemensNiederlassung in Saarbrücken aus dem Jahr 1965. Das Wohnquartier beantwortet auf beispielhafte Weise die Frage, wie der wertvolle Raum solch eines Baudenkmalareals weiter genutzt werden kann. Schließlich galt das Ensemble aus einem sechsgeschossigen Bürohaus, einem Casino und Werkstätten nach seiner Aufgabe 2010 zunächst als energetisch nicht sanierbar und stand lange leer. Gegen ein Wohnquartier sprachen zuerst die Raumtiefen der ehemaligen Großraumbüros und die Schwierigkeit eines denkmalgerechten Umgangs mit dem äußeren Erscheinungsbild, die vor allem hinsichtlich der durchgängigen festverglasten Fensterbänder des Bürohauses bestand.

Hinzu kamen die von Gebäuden der Nachkriegsmoderne her vertrauten bautechnischen Probleme wie niedrige Geschosshöhen (durch enorme Technik über den Abhangdecken für Lüftung, Klima etc.) sowie thermische Bauteilschwierigkeiten. Die Umnutzung gelang beim ehemaligen Bürohaus durch den Einsatz einer zurückgesetzten Klimahülle, einem Haus-im-Haus-Prinzip, mit dem die EnEV- und KfW-55-Anforderungen erfüllt werden konnten. Wobei zugleich die neu geschaffenen, großzügigen Loggien, die für Wohnzwecke zu groß geratenen Raumtiefen reduzieren.

Dabei hat man etwa die Hälfte der Glasfelder aus den Fensterbändern entnommen – ein Schritt, der im Rahmen der Bewertung der Einreichung durchaus ambivalent gesehen wurde. Diese Maßnahmen, die in Abstimmung mit der Denkmalpflege erfolgten, gehen durchaus selbstbewusst mit dem Bestand um und setzen dadurch ein neues, eigenes Zeichen. Zugleich bleibt die Ästhetik der Moderne als eine historische, visuelle Zeitschicht weiterhin deutlich ablesbar. In dem ehemaligen Bürohaus entstanden 41 großzügige Wohnlofts mit Raumhöhen von circa 3,70m und ansprechenden konstruktiven Details, wie zum Beispiel den freigelegten Stahlbetonrippendecken.

dnp architektur 2021 finalist unique3
Bild: Iris Maria Maurer

Bauen mit Holz

Zudem wurde positiv bewertet, dass die Erweiterungen der Nachbargebäude konstruktiv in Holzbauweise realisiert wurden. Das ehemalige Casino wurde entkernt und eingeschossig in Holztafelbauweise aufgestockt, wobei auch die neuen Bauteile in Anlehnung an den Bestandsbau eine Fassade mit weißen Aluminiumkassetten erhielten. Durch neue Deckenöffnungen wurde außerdem ein Atrium geschaffen, über das sechs Wohnungen mit Gartenanteil im Erdgeschoss und 14 Apartments in den Obergeschossen erschlossen werden. Die ehemaligen Siemens-Werkstätten wurden im Rahmen einer zweigeschossigen Aufstockung in Brettschichtholzbauweise in Townhouses mit nach Süden ausgerichteten Gärten und Terrassen aufgeteilt. So entstanden sieben Lofts im Erdgeschoss sowie 20 weitere Wohneinheiten im ersten und zweiten Obergeschoss.

Durch die Revitalisierung einer Gewerbebrache ohne zusätzliche Flächeninanspruchnahme wurde hochwertiger, zentrumsnaher Wohnraum geschaffen, der Wärme-, Schall-, Brand- und Denkmalschutz miteinander kombiniert und versöhnt. Durch eine weitgehende Entsiegelung und eine extensive Dachbegrünung wurden zudem lokale klimatische Verbesserungen erreicht.

 

Walden 48, Berlin

Das Wohnhaus Walden 48 ist ein sehr gelungenes Beispiel innerstädtischer Nachverdichtung. Die Vorbildwirkung des Projektes liegt in der hohen Qualität architektonischer Gestaltung. Als Gebäude mit starkem Anteil an sichtbaren Holzoberflächen und -fassaden ist es beispielhaft für den urbanen Holzbau. Gleichzeitig setzt es einen Meilenstein im Diskurs um den Wohnungsbau in Holzbauweise, der gerade in Berlin einsetzt.

Das Wohnhaus besetzt ein Baufeld am Rande eines Friedhofs und erstreckt sich als langgezogener Baukörper an einer Ausfallstraße mit Straßenbahntrasse. Über einer zweigeschossigen Sockelzone, die von der historischen Friedhofsmauer zurückspringt, scheint der darüber liegende Wohnriegel zu schweben. Die verschieferte Lochfassade mit locker angeordneten Fensterformaten überzeugt als selbstbewusster, städtischer Baukörper. Zum Friedhof hin öffnet sich das Gebäude über Loggien, die den Schottenbau repräsentieren und einen Beitrag zur Aufenthaltsqualität leisten. Die Gartenfassade sowie das Staffelgeschoss sind mit einer naturbelassenen vertikalen Holzschalung aus Lärche versehen.

Bild: Jan Bitter

Bauen in einer Baugemeinschaft

Das intensiv mit einer Baugemeinschaft entwickelte Gebäude spiegelt die diversen Wünsche der Beteiligten wider. Im Kellergeschoss ist ein Fahrradparkhaus angeordnet, ergänzt durch drei ECarsharing-Plätzen im Freiraum. Dies ermöglicht den Verzicht auf individuelle PKW. Im Erdgeschoss und auf dem Dach sind Gemeinschafts- und Gewerbeflächen angeordnet, die ein Siebtel der Flächen ausmachen. Das Erdgeschoss und 1. Obergeschoss verbinden zudem Maisonettewohnungen. Die Obergeschosse werden mit drei straßenseitigen Erschließungskernen angebunden. Der Schottenbau wird mit individuellen Grundrissvarianten der diversen Nutzer bespielt.

Ab der Kellerdecke ist das Gebäude weitestgehend in Massivholzbauweise errichtet. Lediglich die Treppenhaus- und Brandwände sind in Stahlbeton ausgeführt. Alle Schotten, die Aufzugskerne sowie die Treppenläufe wurden in Massivholz, die Decken in Holz-Beton-Verbundbauweise hergestellt. Die Außenwände wurden hochdämmend in Holzrahmenbauweise ausgeführt. Die straßenseitige Außenwand reagiert auf die hohen Schallschutzanforderungen. Alle Massivholzteile wurden als sichtbare Holzkonstruktionen auf Abbrand bemessen, auf teure Sprinkleranlagen wurde auch in den Treppenhäusern verzichtet. Energetisch ist das KfW-55-Gebäude mit Erdwärmepumpe und ergänzender Gastherme und Wohnraumlüftung eher konventionell ausgestattet.

Technisch setzt das Projekt in Sachen Brandschutz einen Meilenstein. Nach der in den vergangenen Jahren im Holz-Geschossbau üblichen Kapselung, also Bekleidung des Holzbaus mit Brandschutzbekleidungen aus Gips, folgen nun sichtbare Holzkonstruktionen. So ist es möglich, die positiven Eigenschaften des Holzes erlebbar zu machen, das Bauen mit Holz zu vereinfachen sowie Kosten zu reduzieren. Die Baugemeinschaft zeigt über das sehr ambitionierte Projekt, wie sich bürgerliches Engagement vorbildlich in die Stadt einschreiben kann.

DNP Architektur 2021: Bauherren und Architekten in der Übersicht

SKAIO, Heilbronn
Bauherr: Stadtsiedlung Heilbronn GmbH
Architekt: Kaden + Lager

UNIQUE³, Saarbrücken
Bauherr: Unique SB Entwicklung GmbH & Co. KG
Architekt: Hauser + Luft Architekten Part GmbB

Walden 48, Berlin
Bauherr: Baugemeinschaft Walden 48 GbR
Architekt: Scharabi Architekten in Arbeitsgemeinschaft mit Anne Raupach

 

Über die DGNB

2007 gegründet, ist die DGNB heute mit rund 1.200 Mitgliedsorganisationen Europas größtes Netzwerk für nachhaltiges Bauen. Ziel des Vereins ist es, Nachhaltigkeit in der Bau- und Immobilienwirtschaft zu fördern und im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit zu verankern. Mit dem DGNB Zertifizierungssystem hat die unabhängige Non-Profit-Organisation ein Planungs- und Optimierungstool zur Bewertung nachhaltiger Gebäude und Quartiere entwickelt. Dieses hilft dabei, die reale Nachhaltigkeit in Bauprojekten zu erhöhen. Dabei fußt das DGNB System auf einem ganzheitlichen Nachhaltigkeitsverständnis, das die Umwelt, den Menschen und die Wirtschaftlichkeit gleichermaßen einbezieht. Über die Fort- und Weiterbildungsplattform DGNB Akademie wurden zudem bereits mehr als 4.500 Personen in 40 Ländern zu Experten für nachhaltiges Bauen qualifiziert.

Dieses Jahr wird zudem das erste Mal der DNP Design verliehen. Dieser Preis honoriert neben funktionaler Ästhetik unter anderem auch eine effiziente Verwendung von Ressourcen, Umweltverträglichkeit sowie faire Lieferketten.