Wohntrends 2023: So wohnen wir in der Zukunft

Die Krisen der Welt, die Folgen von Corona oder der sich verschärfende Klimawandel gehen auch an der Baubranche nicht spurlos vorbei. Im Gegenteil, viele Menschen müssen sich aus Kostengründen mit alternativen Lösungen auseinandersetzen. Bezahlbarer Wohnraum ist generationenübergreifend in vielen Regionen Mangelware.

Um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen, erobern neue Wohnkonzepte wie besonders kleine, energiesparende oder gesellige Wohnformen den Markt. Wir stellen die vielversprechendsten Entwicklungen vor und wagen einen Blick in die Zukunft des Wohnens.

  1. Energieeffizienz bleibt weiter im Fokus
  2. Trend zur Urbanisierung scheint gebrochen
  3. Wohnen in der Gemeinschaft gewinnt
  4. Smarte Wohnkonzepte werden immer beliebter
  5. Minimalistisch wohnen: Micro-Appartements

Ein Gastbeitrag von Christian Schaar.

Energieeffizienz bleibt weiter im Fokus

Die Abhängigkeit von teuren, fossilen Energieträgern und ein drohender Gasmangel sorgen dafür, dass der sparsame Umgang mit Energie zurzeit sehr im Fokus steht. Doch eine energiesparende Lebensweise wird auch nach dem Winter 2022 unverzichtbar sein. Denn der Klimawandel macht keine Pause und der Immobiliensektor verfügt über enorme Einsparpotenziale, die aktuell noch nicht ausreichend genutzt werden.

Im Jahr 2020 gingen laut einer Studie der Bundesregierung rund 16 Prozent des Co2-Ausstoßes auf den Gebäudesektor zurück. Die Bundesregierung plant deshalb, den vorhandenen Gebäudebestand mit energetischen Sanierungen klimafreundlicher zu machen. Zudem sollen klimaneutrale Neubauten, wie das Passiv- oder Niedrigenergiehaus den Weg zu umweltfreundlicherem Wohnen ebnen.

 

Energieeffizienz ist Pflicht bei Neubau und Sanierung, gesetzlich geregelt durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG).
Foto: Vecislavas Popa

Konzepte für klimaneutrales Wohnen

Bei der Errichtung von Neubauten gelten bereits heute hohe Anforderungen an die Klimaneutralität eines Gebäudes. Niedrigenergiehäuser mit einem jährlichen Primärenergiebedarf von 40 bis 75 Kilowattstunden pro Quadratmeter sind inzwischen Standard.

Darüber hinaus gibt es verschiedene klimafreundliche Gebäudekonzepte, die zum Teil nicht nur mit einem reduzierten Energiebedarf punkten, sondern zusätzlich selbst Energie herstellen. Das sogenannte Passivhaus nutzt die bereits vorhandene Wärme in einem Haus und kommt je nach Winter sogar ohne zusätzliches Heizsystem aus. Kennzeichnend für ein solches Passivhaus sind großflächige Südfenster sowie eine optimale Isolierung. Der Wärmebedarf kann durch die natürliche Wärmeabgabe des Menschen oder die Abwärme technischer Geräte gedeckt werden.

Bereits heute gibt es sogenannte Plusenergiehäuser, die mehr Energie herstellen als für den Eigenbedarf erforderlich ist. Diese zusätzliche Energie kann gegen eine Vergütung in das öffentliche Netz einfließen. Voraussetzung ist dabei, dass die Wärmedämmung, die eingesetzte Technik und die Nutzung der erneuerbaren Energien perfekt aufeinander abgestimmt sind.

Passivhaus vs. Niedrigenergiehaus − ein Vergleich

Klimafreundliche Bauweisen, wie beim Passivhaus oder Niedrigenergiehaus, werden immer wichtiger. Doch was sind überhaupt die Unterschiede zwischen einem Passiv- und einem Niedrigenergiehaus? Und welche Vor- oder Nachteile bringt jedes System mit sich? Mehr dazu lesen Sie in unserem Artikel Passivhaus vs. Niedrigenergiehaus − ein Vergleich »

Trend zur Urbanisierung scheint gebrochen

Arbeiten oder Studieren von Zuhause aus? Seit Corona eine Selbstverständlichkeit für viele Menschen.
Foto: Andrea Piacquadio

Wohnraum wird vor allem in Ballungsräumen ein immer knapperes Gut und ist für viele Menschen schon heute kaum zu bezahlen. Vor Corona zeichnete sich eine weitere Urbanisierung in vielen Regionen ab. Corona scheint hier bereits ein Umdenken angestoßen zu haben. Bisher zogen die Menschen vor allem in die Städte, um dort zu arbeiten oder von dem besseren Bildungsangebot zu profitieren. Seit Corona und der fortschreitenden Digitalisierung ermöglichen immer mehr Unternehmen oder Bildungseinrichtungen, die Arbeit oder ein Studium von zu Hause durchzuführen.

Gerade jüngeren Generationen kommt dies entgegen. Sie legen Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance und möchten auf die damit einhergehende höhere Flexibilität nicht mehr verzichten. Ein kürzerer Weg zur Arbeit ist für viele Menschen deswegen kein Grund mehr in die Stadt zu ziehen. Ob sich dieser Trend weiter fortsetzt, wird sich zeigen.

Wohnen in der Gemeinschaft gewinnt

Gesellige Wohnkonzept wie Mehrgenerationenwohnen, das Bauen mit Freunden oder Baugruppen und das Leben in der Wohngemeinschaft werden immer beliebter.
Foto: Maryia Plashchynskaya

Eine weitere Folge der Corona-Pandemie ist eine Aufwertung geselliger Lebensformen. Viele Menschen fühlten sich während Corona und vor allem während der landesweiten Lockdowns einsam. Kollaboratives Wohnen gewinnt seitdem sowohl bei den jüngeren als auch den älteren Generationen an Beliebtheit.

Wohnen in Gemeinschaft wirkt dabei nicht nur Einsamkeit entgegen. Durch die gemeinsame Nutzung von Küche, Wohnzimmer und Co. lassen sich Kosten einsparen. Zudem profitiert jeder Einzelne von der Unterstützung innerhalb der Gemeinschaft.

Leben im Mehrgenerationenhaus

Ob als Single, junge Familie oder Senior: Mehrgenerationenhäuser schaffen überall Orte für Gemeinsamkeit. Hier unterstützt man sich gegenseitig, nutzt gemeinsame Infrastruktur und lebt somit resilienter – sowohl urban als auch ländlich. Wir stellen Vor- und Nachteile eines Mehrgenerationenhauses gegenüber »

Smarte Wohnkonzepte werden immer beliebter

Steuerung per App: Smarthome-Anwendungen sind viel mehr als unterhaltsame "Gimmicks". Sie helfen, Energie zu sparen und bringen gerade älteren Menschen Erleichterungen im Alltag
Foto: Picjumbocom

Teure Energie und begrenzt zur Verfügung stehender Wohnraum sorgen dafür, dass das vorhandene Angebot noch effizienter genutzt werden muss. Komfortabel und effizient zugleich erweisen sich smarte Technologien innerhalb der eigenen vier Wände. Hierbei werden mehrere Geräte über das Internet miteinander verbunden, sodass die Steuerung von Heizung, Strom und Licht ortsunabhängig erfolgen kann.

Smarte Wohnkonzepte könnten in Zukunft auch Senioren zugutekommen. Die meisten Senioren wünschen sich möglichst lange in den vertrauten vier Wänden zu wohnen. Smarte Technologien könnten genutzt werden, um Gefahrensituationen rechtzeitig zu identifizieren und bei Bedarf Hilfe zu rufen. So könnte künstliche Intelligenz in Zukunft dazu beitragen, die Lebensqualität zu erhöhen und möglichst lange autonom zu leben.

Minimalistisch wohnen: Micro-Appartements

Minimalistisch leben auf wenig Raum? Für immer mehr Menschen nicht Alptraum, sondern Traum.
Foto: Nachelle Nocom

Die meisten Menschen träumten bisher von möglichst großen Wohnungen, um sich zu verwirklichen. Das knappe Angebot an freiem Wohnraum und die hohen Preise haben aber auch hier ein Umdenken eingeleitet. Heute geht es immer stärker darum, den vorhandenen Raum so gut wie möglich zu nutzen. Tiny Houses kommen dem Bedürfnis vieler Menschen, sich auf das Wesentliche zu reduzieren, entgegen. Aufgrund des knappen Baulandes sind sie aber weniger für die Stadt geeignet.

In anderen Ländern gibt es bereits eine hohe Nachfrage nach sogenannten Micro-Appartements. Hierbei handelt es sich um kleine Appartements, die dank intelligenter Möbel und Konzepte das vorhandene Platzangebot bestmöglich nutzen. Besonders innovativ ist die Idee, die Dreidimensionalität eines Raumes verfügbar zu machen. Möbel, die gerade nicht benötigt werden, verschwinden einfach unter der Decke oder im Fußboden und nehmen so keinen unnötigen Raum ein.

Wie nachhaltig sind Tiny Houses?

Das ownhome punktet durch den Einsatz ökologischer Baustoffe und seine energieautarke Bauweise. Die meisten Tiny Houses haben allerdings einen deutlich höheren Energiebedarf als beispielsweise Wohnen, auch an der Dämmung hapert es bei vielen Tiny Houses.

Wie fällt die Klimabilanz von Tiny Houses aus? In diesem kritischen Beitrag geben wir Antwort auf die Frage: Sind Tiny Houses wirklich nachhaltig?

Klima, Kosten, Komfort als ausschlaggebende Faktoren für das Wohnen der Zukunft

Innovative Ideen für das Wohnen der Zukunft gibt es viele. Flächendeckend durchsetzen wird sich am Ende jedoch nur das Konzept, dass den hohen Ansprüchen an Klimaneutralität, Kosteneffizienz und Komfort am ehesten entspricht. Welche Konzepte das sein werden, ist schwer vorherzusagen. Tendenziell zeigt sich in Deutschland aber ein Trend zu kleineren Wohnungen, vor allem um Kosten und Energie einzusparen.  

Text: Christian Schaar

Christian Schaar ist Geschäftsführer der S2 GmbH, einem  Planungsbüro für nachhaltige Architektur und baubiologische Analysen.

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