Nachhaltige Häuser – 8 Beispiele des DNP Architektur

Nachhaltige Häuser – 8 Beispiele des DNP Architektur
Foto: Häfele

Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis Architektur (DNP) zeichnet besonders nachhaltige Häuser aus. Wir stellen acht einzigartige Beispiele vor, die zeigen, wie Nachhaltigkeit beim Bauen aussehen kann. Dabei handelt es sich sowohl um Wohnhäuser als auch um öffentliche und gewerbliche Bauten.

  1. Nachhaltige Häuser – der DNP Architektur zeichnet Wohngebäude aus
  2. SKAIO – Hochhaus aus Holz
  3. WagnisART – genossenschaftlich bauen
  4. Wohnhochhaus – energetisch saniert und aufgestockt
  5. HOF8 – neues Leben für Bauernhof
  6. Öffentliche und gewerbliche Preisträger
  7. Nachhaltige Häuser – Höher, weiter, schneller?
  8. Bauherren und Architekten – die Übersicht

Ein Beitrag unserer Redaktion.

Nachhaltige Häuser – der DNP Architektur zeichnet Wohngebäude aus

Je nachhaltiger wir wohnen, umso besser für das Klima, für uns und die nächsten Generationen. Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis Architektur bietet Orientierung in dem weiten Feld der Möglichkeiten. Von ihm ausgezeichnete Beispiele sind heute schon mit den Grundrissen und Bausteinen der Zukunft ausgestattet.

Wer möchte das nicht: die Erde für die nächsten Generationen erhalten, mit einem guten Gewissen komfortabel wohnen und dabei möglichst wenig Energie verbrauchen, alles Aspekte nachhaltigen Bauens. Schaut man sich nach besonders nachhaltigen Häusern um, so gibt der Deutsche Nachhaltigkeitspreis Architektur (DNP Architektur) gute Anhaltspunkte. Während er die ersten Jahre noch als Sonderpreis “Nachhaltiges Bauen” mit der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) verliehen wurde, ist er inzwischen eine eigene Kategorie des umfangreichen DNP. Neben der DGNB garantieren auch der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten, die Bundesarchitektenkammer und die Stiftung Baukultur für die hohe Qualität des DNP Architektur.

Unter den Preisträgern der letzten sieben Jahre sind ein Hochhaus aus Holz, ein Genossenschaftsbau mit vielen sozialen Nutzungen und neuen Wohnformen sowie die energetische Sanierung und Aufstockung eines über 40 Jahre alten Hochhauses; schließlich ein alter Bauernhof, in dem es jetzt Platz für barrierefreie Wohnungen gibt.

SKAIO – Hochhaus aus Holz

Das SKAIO in Heilbronn ist Sieger des DNP Architektur 2020/21. Denn vom 2. bis zum 9. Geschoss besteht es überwiegend aus Holz. Alle Decken und Stützen sowie nicht tragende Außenwände sind aus dem nachwachsenden Baumaterial. Stahl und Stahlbeton sorgen nur wo nötig für die Stabilität und den Brandschutz. Innovativ sind die gut durchdachte Nutzer- und Nutzungsmischung. Neben Tiefgaragenplätzen sind auch viele Fahrradstellplätze sicher im Gebäude untergebracht.

Das SKAIO in Heilbronn ist Sieger des DNP Architektur 2020/21 und ein gutes Beispiel für nachhaltige Häuser.
Allen Bewohnern stehen zwei möblierte Dachterrassen mit gemeinschaftlichen Gemüsegärten zur Verfügung (Bild: Tobias D. Kern)

Gewerbeeinheiten beleben die Sockelzone. Die meisten Wohnungen haben ein bis zwei Zimmer mit rund 40 bis 90 m² Wohnfläche. 25 davon sind öffentlich gefördert. Vier Wohnungen sind speziell für betreute Wohngemeinschaften und Menschen mit Behinderung geplant. Eine große Wohngemeinschaft mit acht Zimmern im 6. Obergeschoss hat direkten Zutritt auf eine Dachterrasse. Für alle Bewohner gibt es zwei möblierte Dachterrassen mit gemeinschaftlichen Gemüsegärten.

Ein 45 m² großer Gemeinschaftraum mit Küche ist Treff und Aufenthaltsraum. Im Rahmen der Bundesgartenschau 2019 wurde das Holzhochhaus in einem zukunftsfähigen Quartier eröffnet. Hier geht es zu einem umfangreichen Artikel über den Sieger und die beiden Finalisten des DNP Architektur 2021.

Nachhaltige Häuser – 8 Beispiele des DNP Architektur
Das Hochhaus SKAIO, Gewinner des DNP Architektur 2020/21, war bei seiner Erbauung das höchste Holzhaus Deutschland
Die Musterwohnung für Single mit Holzdecke und Linoleumboden (Bild: Häfele)
Das kleinste Appartement ist 25 Quadratmeter groß, die größte Wohnung bietet bis zu 8 Zimmer für eine WG (Bild: Häfele)
Der 45m² große Gemeinschaftraum mit Küche ist Treff und Raum für Hausfeste (Bild: Stadtsiedlung Heilbronn)

WagnisART – genossenschaftlich bauen

WagnisART in München ist ein genossenschaftliches Wohnbauprojekt, das viele soziale Nutzungen und Raum für neue Wohnformen bietet. Durch Partizipation der zukünftigen Mieter entstanden lebendige, die Gemeinschaft fördernde Grundrisse und Lebensraum für 300 Menschen. Dachgärten und Brücken auf den unterschiedlichsten Ebenen sind den Bewohnern vorbehalten. Hochwertig, als Dorfplätze gestaltete Innenhöfe sind auch für Besucher offen. Sie leiten zu unterschiedlichsten Nutzungen: in den Erdgeschossen gibt es ein Café, einen Veranstaltungs- sowie einen Toberaum, Ateliers, Werkstätten, Büros und Praxis-, Gemeinschafts- und Freiräume für die Bewohner und das gesamte Quartier.

Die fünf Gebäude bieten nicht nur 80 herkömmliche 1-7-Zimmer Wohnungen, sondern auch neue Wohnformen wie 58 Clusterwohnungen. Die Clusterwohnungen besitzen einen großen Wohn- und Kochbereich für mehrere Apartments, zu denen jeweils ein Bad und eine Kochnische gehören. Sie ermöglichen gemeinschaftliches Wohnen und sind damit soziokulturelle besonders nachhaltig. Die gemeinschaftlichen Nutzungsangebote und die nachhaltige Bauweise überzeugten die Jury, die WagnisART mit dem ersten DGNB Preis „Nachhaltiges Bauen“ 2018/19 prämierte. Sie bemängelte nur die Außenmaterialien der Gebäude hinsichtlich Material- und haptischer Qualität. Hier berichten wir auch über den hohen Energiestandard und das innovative Mobilitätskonzept der nachhaltigen Häuser.

WagnisART in München ist ein genossenschaftliches Wohnbauprojekt, das viele soziale Nutzungen und Raum für neue Wohnformen bietet.
In fünf Häusern der Baugenossenschaft WagnisART gibt es unterschiedlichste Räume und vielfältige soziale Angebote für 300 Bewohner (Bild: wettbewerbe aktuell)

Wohnhochhaus – energetisch saniert und aufgestockt

Das in den 70er Jahren erbaute Wohnhochhaus am Pforzheimer Hauptbahnhof, umfassend energetisch saniert und erweitert, erhielt den ersten DGNB Preis „Nachhaltiges Bauen“ 2015/16. Ein neues, hohes Dachgeschoss bildet einen ästhetischeren Abschluss, über die gesamte Fassade breite Loggien ersetzen die alten, kleinen Balkone. Herausragend ist das neue regenerative Energiekonzept: Unsichtbar in Absorbern in der Fassade und auf dem Dach wird nun Wasser erwärmt. Eine Kleinwindkraftanlage sowie Photovoltaik auf dem Dach erzeugen erneuerbaren Strom für die beiden Wärmepumpen. Wasserspeicher und ein Eisspeicher sind in das Heizsystem eingebunden. Bei einer deutlichen Verbesserung des Wohnkomforts wurden die Energiekosten für die Mieter um 90 % reduziert, während ihre Mieten nur moderat stiegen. Durch recyclingfähige Baustoffe und den Verzicht auf Verbundkonstruktionen konnte die eingesetzte graue Energie reduziert werden.

Dieses nachhaltige Wohnhochhaus wurde energetisch saniert und aufgestockt
Energetisch einmalig ist die Sanierung des Hochhauses mit Kleinwindkraftanlage und großem, unterirdischem Eisspeicher. (Bild: Dietmar Strauß, Bildmacher, Architekturfotografie)

HOF8 – neues Leben für Bauernhof

Nachhaltig sind nicht nur große städtische Projekte, sondern auch kleinere Sanierungen auf dem Land. Im Taubertal wurde ein abbruchreifer Bauernhof ökologisch saniert und zum Energie erzeugenden Ensemble ausgebaut. Die ehemalige landwirtschaftliche Hofanlage im historischen Ortskern von Schäftersheim beherbergt nun zwei barrierefreie Wohnungen mit insgesamt etwa 250 Quadratmetern Wohnfläche, eine Hebammenpraxis und ein Planungsbüro im Bauernhaus aus den 1850er Jahren. Dieses ist zu einer Art hölzerner Kristall geschärft. In die Dächer ist Photovoltaik aufwendig integriert, so dass sie als die eigentliche Dachfläche erscheint und nicht wie sonst häufig als störender Aufsatz.

Ein weiteres gute Beispiel für nachhaltige Häuser: das Hof8
Mit Sonne und Wärme aus dem Grundwasser produziert der sanierte Hof8 80 Prozent mehr Energie als er verbraucht (Bilder: Klärle GmbH)
Das Hof8 vor der Sanierung
Jahrelang stand das Ensemble leer und sollte schon abgebrochen werden. Seine Weiternutzung ist ausgesprochen nachhaltig

Erneuerbare Energie erhält das Ensemble zudem durch Kleinwindkraftanlagen und Grundwasser, das über einen wieder aktivierten Brunnen entnommen wird. Wieder verwendete Bauteile und -stoffe optimierten die Lebenszykluskosten: Muschelkalksteine und Holz bieten einen angenehm natürlichen Charakter und viel Sinnlichkeit. Lesesteine aus den Feldern, Backsteine und Ziegel aus dem Dorf sind weitere prägende Materialien. Die großzügige Außentreppe zwischen Parkplätzen und Hof besteht aus Steinen der alten Bauernhaustreppe. Auch die Steine des abgebrochenen Schweinestalls wurden wieder verwendet. Dieser Mehraufwand an Arbeitszeit optimiert den Gewinn an „grauer Energie“ und schafft einen unverwechselbaren und wertvollen Ort. Im Inneren erzeugen aufgearbeitete Holztüren von 1890, eine Küche im Gewölbekeller, Bruchsteinmauern und Fachwerk Atmosphäre. Die neuen Materialien sind aus der Region. Der Brunnen ist nun einladender Treffpunkt im Hof. HOF8 hat heute wieder etwa 50 Nutzer und Bewohner, die das 700-Seelendorf stärken. Deshalb erhielt er den Sonderpreis „Nachhaltiges Bauen“ 2014/15.

In der niedrigen Remise wird nun bis unter den First gewohnt, der Hof ist mit recycelten Steinen neu gefasst (Bild: Klärle GmbH)
Kristall mit Holzlamellen: Im Bauernhaus befindet sich heute ein Büro. Die Südseite seines Dachs ist mit Photovoltaik eingedeckt (Bild: Klärle GmbH)
Büroarbeitsplätze bis unters Dach, das alte und neue Hölzer tragen (Bild: Klärle GmbH(
Der alte Brunnen in der Mitte des Hofs wurde wieder aktiviert (Bild: Klärle GmbH)

Nachhaltige Häuser: Öffentliche und gewerbliche Preisträger

Der DNP Architektur zeichnet auch öffentliche und gewerbliche Bauten aus. Der Neubau der Alnatura Arbeitswelt in Darmstadt war 2019/20 Sieger. Das natürlich belüftete Lowtech-Gebäude für 500 Mitarbeiter ist das größte Bürogebäude mit Stampflehmfassade und integrierter geothermischer Wandheizung in Europa. Einen Bericht über die innovative Fassade finden Sie hier.

Im Bereich nachhaltige Häuser gibt es auch gute Beispiele bei Unternehmen: Der Neubau der Alnatura Arbeitswelt in Darmstadt war 2019/20 Sieger des DNP Architektur.
Sieger des DNP Architektur 2019/20 ist der Alnatura Campus mit seiner spektakulären Stampflehmfassade inmitten einer renaturierten Panzerkaserne (Bild: Roland Halbe)

Das neue Rathaus Freiburg mit Verwaltungszentrum und Kindertagestätte für 840 Mitarbeiter wurde 2018/19 Sieger. Das bei seiner Eröffnung 2017 erste öffentliche Netto-Plusenergiegebäude der Welt erzeugt über das Jahr gemittelt mehr Energie als es verbraucht. Es wertet den Stadtteil Stühlinger mit Durchblicken und öffentlichen Wegen auf. Ein „Grüner Campus“ verbindet seine Gebäudetrakte sowie die Kita miteinander. Herzstück des sechsgeschossigen Neubaus ist das Bürgerservicezentrum im Erdgeschoss mit Konferenzräumen und einem Mitarbeiterrestaurant. Seine Lärchenholzfassade aus lokalem Waldbestand hat bewegliche Lamellen, die mit Photovoltaik belegt sind und der Energiegewinnung und Verschattung zugleich dienen.

Das neue Rathaus Freiburg mit Verwaltungszentrum und Kindertagestätte für 840 Mitarbeiter wurde 2018/19 Sieger des DNP Architektur.
Sieger 2018/19 ist das Rathaus in Freiburg, bei seiner Eröffnung das erste öffentliche Netto-Plusenergiegebäude der Welt (Bild: Ingenhoven architects / HGEsch)

Das Schmuttertal-Gymnasium in Diedorf, ebenfalls ein Plusenergiegebäude, wurde 2016/17 Sieger. Seine vier Häuser fügen sich harmonisch in die Landschaft am Rand des Naturparks Augsburg ein. Das Tragwerk aus nachwachsendem Holz bildet eine helle, naturnahe Lernlandschaft. Um die Nutzergesundheit und den Komfort zu optimieren, wurden gesunde und zertifizierte Baustoffe eingesetzt. Hier finden Sie einen umfassenden Bericht mit baubiologischem Fokus.

Das Schmuttertal-Gymnasium in Diedorf, ebenfalls ein Plusenergiegebäude, wurde 2016/17 Sieger des DNP Architektur.
Sieger 2016/17 sind die vier Holzhäuser des Schmuttertal-Gymnasiums, eine helle, naturnahe Lernlandschaft (Bild: Stefan Mueller-Naumann)

Nachhaltige Häuser – Höher, weiter, schneller?

Es fällt auf, dass unter den vier erstplatzierten Wohnhäusern zwei Hochhäuser sind. Die Leistungsfähigkeit von Holz an die Grenzen zu bringen und ein Hochhaus nach 40 Jahren Nutzung zu modernisieren sind sicher nachhaltige Projekte. Doch muss es noch höher, weiter, schneller sein? Sicher ist es schön, aus seinem Wohnzimmerfenster in die Weite zu blicken. Der konstruktive Aufwand, der ein Hochhaus bedeutet, wächst allerdings überproportional mit seiner Höhe – und damit die Kosten. Oft ist es ein wenig nachhaltiger Investment-Urbanismus, der mit Hochhäusern Zeichen setzt, von der Stuttgarter Innenstadt bis nach Dubai. Einfacher umzusetzen ist Nachhaltigkeit mit kompakten Gebäuden wie WagnisART oder Sanierungen wie Hof8. Da bleibt es zu hoffen, dass der DNP Architektur die Bodenhaftung behält und nicht abhebt.

Bauherren und Architekten – die Übersicht

SKAIO
Bauherr: Stadtsiedlung Heilbronn GmbH
Architekt: Kaden + Lager

WagnisART
Bauherr: Wohnbaugenossenschaft wagnis eG
Architekten: bogevischs buero und SHAG Schindler Hable

Wohnhochhaus Pforzheim
Bauherr: Pforzheimer Bau und Grund
Architekt: Freivogel Mayer Architekten

Hof8
Bauherr: Klärle – Gesellschaft für Landmanagement und Umwelt mbH
Architekt: Architekturbüro Klärle

Alnatura Arbeitswelt
Bauherr: Alnatura Produktions- und Handels GmbH
Architekt: haascookzemmrich STUDIO2050

Rathaus Freiburg
Bauherr: Stadt Freiburg im Breisgau
Architekt: ingenhoven architects

Schmuttertal-Gymnasium
Bauherr: Landratsamt Augsburg
Architekt: Florian Nagler und Hermann Kaufmann

Text: Achim Pilz